Abfüllung sensibler Getränke
Ernährung
Fresenius-Tagung zur Getränkeabfüllung
Clevere Technik sichert in der Getränkeindustrie nicht nur hohe Hygienestandards, sondern kann auch dabei helfen, eine Menge Geld zu sparen. Neuentwicklungen und innovative Ansätze gibt es derzeit in vielen Bereichen. Einige der interessantesten Branchenthemen wurden auf der 11. Fachtagung „Abfüllung sensibler Getränke“ der Akademie Fresenius am 5. und 6. November 2013 in Berlin vorgestellt.
Sterilisation der Flaschen
Unter der Tagungsleitung von Prof. Dr. Bernd Lindemann, Hochschule Geisenheim, und Michael M. Braitinger, SCB, präsentierte die Akademie Fresenius zahlreiche Neuigkeiten rund um Technik und Produktentwicklung in der Getränkeindustrie. Zu diesen gehörte auch die Pulsed Light-Technik für aseptische Entkeimung von Schraubverschlüssen der Firma Claranor, deren Geschäftsführer Christophe Riedel zusammen mit Berthold Burgmeier, Leiter Technik der Molkerei Gropper, ein gemeinsames Pilotprojekt vorstellte. Bei der Pulsed Light Technologie handelt es sich um ein Verfahren zur trockenen Sterilisation mithilfe von Hochleistungs-Lichtimpulsen. Die Entladung eines Kondensators in einen erzeugten Lichtbogen in einer Xenon-Lampe generiert dabei einen Blitz von hoher Leistung (1 MWatt), der die vollständige Abtötung von Keimen gewährleistet. Das Verfahren kann zur kontinuierlichen Entkeimung von Verpackungen, zum Beispiel zur Kappen-Sterilisation, eingesetzt werden. Ein solches Projekt zur Aseptik bei Kappen ist bei der Molkerei Gropper angelaufen, die Claranor bei der Konzeption der vollsterilisierbaren Anlage unterstützte. Den Dreh- und Angelpunkt der Anlage bildet eine geschützte Sterilisationskammer, die wie eine Patrone gestaltet ist. Innerhalb der Kammer rollen die zu sterilisierenden Verschlusskappen frei in einer Schiene aus Quartzröhren, die unter Vakuum stehen. Ein Sensor detektiert Druckwechsel (den so genannten „Quartzbruch“) und produziert bei Auftreten einen Alarm. Zwei Reflektoren, die den erzeugten Pulsed Light-Lichtblitz verteilen, sorgen für innere und äußere Sterilisation der Kappen. Dafür ist es notwendig, dass die durchlaufenden Kappen in kontinuierlichen Fluss ankommen, um vollständig behandelt werden zu können. Jede Kappe wird in der Pulsed Light-Anlage zwei Mal von insgesamt vier Lampen geblitzt. Im Vergleich zur Sterilisation mit Wasserstoffperoxid findet beim Einsatz von Pulsed Light keine mechanische Bewegung innerhalb der Entkeimung statt, während der Produktion ist kein Chemikalienverbrauch notwendig und auch eine aufwändige Aufbereitung von Hilfsmedien wie z.B. Sterilluft entfällt. Weitere Vorteile des neuen Verfahrens liegen in der kurzen Kontaktzeit sowie den günstigen Anschaffungs- und Betriebskosten, die bei gleicher Leistung um rund die Hälfte niedriger als bei Wasserstoffperoxid-Anlagen ausfallen. Abseits trockener Sterilisation sprach sich Dr. Diana Wolf, KHS, im Hinblick auf „nasse“ Verfahren auf der Fachtagung für die Verwendung von Chlordioxid aus, das sich in Tests im Vergleich zu Peressigsäure und ECA als am wirkungsvollsten zur Inaktivierung zahlreicher Keime herausgestellt hat. Chlordioxid sei vielseitig verwendbar, äußerst wirtschaftlich - es wird allgemein nur wenig Flüssigkeit benötigt, um den gewünschten Sterilisationseffekt zu erzielen - und für die Entkeimung von Packmitteln für karbonisierte Produkte geeignet, stellte Wolf die Vorteile der Substanz heraus. Sie empfahl, Chlordioxid in der gesamten Anlage zu verwenden, da durch die richtige Implementation in die Maschinenkonzepte eine mikrobiologisch sichere Abfüllung durch seine Verwendung gewährleistet werden könne.
Der vierstufige Validierungsansatz von Coca-Cola
Matthias Hickstein, Coca-Cola Erfrischungsgetränke, präsentierte in Berlin einen vierstufigen Ansatz der Coca-Cola Company zur Validierung neuer Abfüllanlagen, der an einen Stage-Gate-Prozess angelehnt ist. Voraussetzung für die Validierung ist neben der Anpassung der HACCP-Gefahrenanalyse, der Berücksichtigung gültiger Anforderungen und der Definition von Erfolgskriterien die Bildung eines Projektteams, das aus Vertretern unterschiedlicher Bereiche wie unter anderem dem Engineering, der Produktion, der Arbeits- und Lebensmittelsicherheit sowie der Qualitätssicherung besteht. Jeder der vier Validierungsschritte müsse formell durch das Team abgeschlossen werden, bevor das Projekt fortgeführt werde (GATE-Funktion), erklärte Hickstein. Die vier Schritte umfassen in dieser Reihenfolge die Design-, Installations-, Operationale und Performance-Validierung. Die Schritte bauen dabei direkt aufeinander auf, wobei die Installations-, Operationale und Performance-Validierung immer im Grundsatz auf der Design-Validierung (DV) basieren. Bei dieser wird der Weg zur Auswahl neuen Equipments bzw. der angestrebten Technologie betrachtet, das heißt, die Entscheidungsfindungsprozesse werden dargestellt und dokumentiert. Zu diesem Zweck erfolgt eine Risikoanalyse, bei der alle relevanten Aspekte der Qualität, der Lebensmittel- und Arbeitssicherheit sowie des Umwelt- und Energiemanagements einbezogen werden. Der nächste Schritt, die Installationsvalidierung (IV), betrachtet die tatsächliche Ausführung gegenüber der in der DV erstellten Spezifikation. Die gelieferte Hardware bzw. Technologie wird mit der DV-Spezifikation und der Auftragsbeschreibung abgeglichen und relevante Parameter der tatsächlichen Installation (z.B. Abmessungen, Dimensionen, Kompatibilität eingesetzter Materialien etc.) dokumentiert. In der sich anschließenden Operationalen Validierung (OV) gilt es, die Funktions- und Prozessfähigkeit der Aggregate im Kontext der jeweiligen Prozessschritte zu beweisen. Der Bewertungsfokus liegt dabei auf den unmittelbaren produkt- und packungscharakteristischen Eigenschaften und den Ergebnissen der peripheren Prozesse (Reinigung & Sanitation). Schlussendlich bildet die Performance-Validierung die Grundlage für die endgültige Zulassung der Prozessänderung bzw. der Installation. Hierfür werden alle Ergebnisse und Informationen anhand der Erfolgskriterien der OV beurteilt. Darüber hinaus werden Routineprüfungen während der Produktion durchgeführt und ein Abschlussbericht erstellt. Der vierstufige Ansatz bewähre sich bislang besonders hinsichtlich der crossfunktionalen Zusammenarbeit im Projektteam, der Nutzung einer zentralen Datenbank zur Kommunikation und Dokumentation, dem „Customizing“ der Prüfpläne aufgrund vorhandener Protokolle und bei der Einbindung von zentralen Ressourcen während der OV, zog Hickstein Bilanz. Weitere Vorteile seien bei der Beurteilung von Prozessschritten über die Anforderungen der Coca-Cola Company hinaus und bei der Nutzung der ermittelten Daten für technische Abnahmen zu erkennen.
PET-Recycling: Aufbereitung zu Flakes oder Granulat
PET-Behälter sind derzeit die Spitzenreiter unter den Primärverpackungen - keine andere Verpackungsart für Getränke wird weltweit häufiger benutzt. Ein neuer Trend unter den PET-Flaschen sind Behälter aus recyceltem Material, dem so genannten RPET. Im Sinne von Ressourcenschonung, CO2-Reduktion und Nachhaltigkeit setzen immer mehr Hersteller auf Aufbereitung. Die Firma Vöslauer Mineralwasser will bis zum Jahr 2015 ihren Anteil an PET-Recyclaten von derzeit 50 Prozent auf 66 Prozent steigern. Unternehmensvertreter Herbert Schlossnikl unterstrich auf der Fachtagung die enormen Chancen, die RPET im Hinblick auf umweltschonende Produktion bietet. Ebenso stellte er die sinkende Abhängigkeit von Neumaterialien heraus, die durch den Einsatz recycelter Materialien entsteht. Schlossnikl betonte, dass die bestmögliche Nutzung der Vorteile unterschiedlicher Recyclingformen über einen kombinierten Einsatz dieser ermöglicht wird. Zu Beginn des Recyclings steht in der Regel ein Waschprozess. Danach ist sowohl die Aufbereitung in PET-Flakes als auch in PET-Granulat möglich. Der patentierte URRC (United Ressource Recovery Corporation)-Prozess setzt auf eine intensive chemisch-physikalische Reinigung ohne Aufschmelzung, bei der zerkleinerte PET-Flaschen in Form von Flakes trocken und nass gereinigt, chemisch behandelt und erneut gründlich gereinigt werden, bevor ihre oberste Schicht mithilfe einer Heißlauge in einem Drehrohrofen abgetragen wird. Die Flakes werden letztendlich bei der Herstellung neuer PET-Flaschen beigefügt. Der Anteil an recyceltem PET beträgt bis zu 100 Prozent. Im Gegenzug wird PET-Granulat im Starlinger Granulierungsprozess gewonnen, bei dem das PET-Material getrocknet, aufgeschmolzen, feinstfiltriert, granuliert und zum Schluss tiefengereinigt wird.
Lesestoff:
Die kompletten Tagungsunterlagen können Sie unter www.akademie-fresenius.de erwerben
Monika Stratmann (Fresenius)