Afrika: Preise sinken nicht
Ernährung
Welternährungskonferenz in Madrid
>Obwohl die Preise für Lebensmittel in den vergangenen Monaten gesunken sind, bleiben sie volatil – und machen den Armen und Hungernden weiterhin zu schaffen. Vor der zweitägigen Konferenz über die Welternährung in Madrid sah die Weltbank schon schwarz: Direktorin Ngozi Okonjo-Iweala stellte fest, dass die Preise in Afrika immer noch unverhältnismäßig hoch sind. In Mombasa beispielsweise sind die Preise für Mais im letzten Quartal lediglich um ein Prozent gesunken, während internationalen der Preis um fast ein Drittel nachgab. Die Menschen, die rund die Hälfte ihres Einkommens für Nahrung ausgeben müssen, erfahren derzeit keine Entlastung.„Geld in der Pipeline“
Das Global Food Crisis Response Program der UN hat in den letzten Monaten rund 13 Millionen Menschen direkt erreicht. Damit wurden Düngemittel, Saatgut und Initiativen zur Arbeitsbeschaffung finanziert. Okonjo-Iweala zeigt sich zuversichtlich, dass in den nächsten sechs Monaten weiteren 13 Millionen Menschen geholfen werden kann, weil rund 700 Mio. US-Dollar von zugesagten 1,2 Mrd. US-Dollar aus der Staatengemeinschaft anstehen. Ziel ist vor allem, den Kleinbauern eine höhere Produktion in der Landwirtschaft zu ermöglichen.
Die Bundesregierung will den Bauern bei der Vermarktung ihrer Produkte helfen. „Wir wollen and den Verhandlungsstrukturen ansetzen und insbesondere den kleinen Bauern helfen, besser und mehr zu erzeugen und ihre Produkte, etwa durch gemeinsame Vermarktungsstrategien, selbst zu verkaufen“, betonte Staatsekretär Gert Lindemann aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Wichtig ist dabei ein baldiger Abschluss der Doha-Runde bei der WTO.
Über die Vorgehensweise gibt es aber Divergenzen: Während das Welternährungsforum der Grünen Woche sich bei den Bauern vor allem um eine Technologisierung bemüht, warnt Marita Wiggerthale, Handelsreferentin von Oxfam: Die Konferenz muss eine Verschärfung der Welternährungsproblematik aufgrund von Wirtschaftskrise, Klimawandel, Energie- und Wasserknappheit verhindern. Dazu sind dringend mehr Investitionen vor allem in die bäuerliche Landwirtschaft der Entwicklungsländer nötig.“
Die Menschenrechtsorganisation FIAN wollte auf der Konferenz einen grundlegenden Kurswechsel in der Entwicklungshilfe einfordern, denn: „Lippenbekenntnisse zum Recht auf Nahrung reichen nicht aus. Ohne eine grundlegende Revision der alten Rezepte wird die Zahl der Hungernden in Kürze eine Milliarde übersteigen“, warnt Flavio Valente, Generalsekretär von FIAN.
Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institut der Columbia Universität definiert den Unterschied zwischen Hunger und Nahrungsmittelsicherheit: Wenn dort wo heute nur 100 Tonnen Getreide geerntet werden können, mit Hilfe von Düngemitteln 200 bis 300 Tonnen Getreide geerntet werden können, dann mache das den entscheidenden Unterschied aus.
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Den Bauern helfen
In der gestrigen Abschlusserklärung der Welternährungskonferenz heißt es im Punkt sechs, dass vor allem die Länder selbst die Verantwortung tragen, Rahmenbedingungen zu schaffen, den Hunger und die Armut zu überwinden. Neben der Produktionssteigerung sollen weitere soziale Schutzprogramme aufgebaut werden, damit die Kleinbauern vorhandene Ressourcen nutzen können. Als zentraler Punkt wird neuntens angesehen, dass die gesamt agrarische Wertschöpfungskette und die damit verbundenen Dienstleistungen den ländlichen Raum entwickelt. Beratungen und sie kontrollierende Kontaktgruppen sollen in den Regionen verankert werden.
FIAN zeigte sich gestern skeptisch und befürchtet, „dass die UNO in einer solchen Partnerschaft durch die Weltbank, den IWF und die Privatwirtschaft an den Rand gedrängt würden.“ Die Beratungsgruppen könnten den Einstieg großer Unternehmen der Ernährungsindustrie bedeuten: „Lobbygruppen der Saatgut-, Einzelhandels- und Großhandelskonzerne verfolgen eigene Profitinteressen und sind aus Sicht des Rechts auf Nahrung schlechte Ratgeber“, heißt es bei FIAN.
In der Erklärung der Zivilgesellschaften zur Madrider Konferenz heißt es: „Bäuerliche Landwirtschaft und Tierzucht sowie handwerkliche Fischerei können ausreichend Nahrung für regionale und nationale Märkte produzieren, erhielten die Kleinproduzenten Zugang zu Land und aquatischen Ressourcen.“ Die Bauern würden höhere Hektarerträge erzielen und mit der eigenen Produktion die Ernährungsversorgung sicher stellen.
Agrarexpertin Marita Wiggerthale forderte: „Der Anteil des Agro-Business an der Welternährungskrise muss schonungslos analysiert werden.“ Gentechnik, Düngemittel und Pestizide würden das Hungerproblem nicht lösen.
Lesestoff:
Die Abschlusserklärung von Madrid finden Sie hier: www.ransa2009.org
Die Erklärung der Zivilgesellschaft finden Sie hier: http://www.viacampesina.org/main_en/index.php?option=com_content&task=view&id=672&Itemid=38
Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft hat Anfang Januar ihren Masterplan Landwirtschaft dargelegt, der vor allem auf der knapper werdenden Zeit für Reaktionen basiert.
Roland Krieg