Algenwurst aus Niedersachsen

Ernährung

Sylter Algen in Lüneburger Wurstprodukte

Remi Böttcher ist ein Allrounder. Er arbeitet viel und immer mit Handwerksmeistern zusammen, so dass er über lange Jahre in vielen Bereichen praktische Berufserfahrungen gesammelt hat. Wenn er dann auch noch mit Trappern in Kanada auf dem Steg sitzt, um die Seele baumeln zu lassen, dann bleiben Einfälle nicht aus. Im Marketingdeutsch übersetzt heißt das: Innovation, Authentizität, Erfindergeist, Durchhaltevermögen und Marktgespür – und ein wenig vom niedersächsischen David gegen die Handelsmächtigen; aus Munster in der Lüneburger Heide.

Sylter Algenfarm
An einem kanadischen Abend setzte sich der Begriff „Alge“ fest, als Remi Böttcher auf dem Steg in Kanada saß und mit dem Trapper plauderte. Bei ihm allerdings sind solche spontanen Assoziationen der Beginn einer Produktentwicklung. Als er drei Monate später wieder in Deutschland war, hörte er von der Sylter Algenfarm von Professor Lüning im Alfred-Wegner-Institut. Von da an war sein Ziel, zunächst für Bekannte eine gesunde und vegetarische Wurst herzustellen. Ende der 1990er Jahre begann er mit Spirulina-Pulver zu experimentieren, was aber noch sehr teuer gewesen ist. Die Algenfarm auf Sylt bot ihm den Naturrohstoff günstiger an. Und Algen sind gesund. Sie enthalten Jod, Selen, Kalzium und Magnesium, was bei den meisten Lebensmitteln heute im Defizit ist. Über acht Jahre lang hat er experimentiert und gegen die Behörden gekämpft, bis er vor rund zwei Jahren die Zulassungen für seine Algenwürste erhielt.

Ausdauer als Erfolgsfaktor
Die Neuzulassung von Lebensmitteln ist ein langwieriges Geschäft und kostet Herstellern Millionen. Remi Böttcher hat es mit Ausdauer und Engagement geschafft. Wenn die Experimente ins Stocken gerieten, dann tankte er in der kanadischen Wildnis wieder neue Kraft. Er hat mit einem Anteil von 80 Prozent Algen in der Wurst begonnen. Da war den Behörden noch der Jodanteil zu hoch und Böttcher hat so lange an der richtigen Zusammensetzung gearbeitet, bis die Behörden letztlich um die Genehmigung nicht mehr herum kamen.
Geholfen haben ihm dabei die Forschungsergebnisse aus Sylt, die über die Algen angefertigt wurden. In drei Monaten wachsen die Algen bis zu einer Größe von bis zu 30 Zentimetern heran und gelten als Jungalgen, die mit ihrem Jodgehalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Die Behörden waren aber nicht die einzigen Hindernisse. Zunächst wollte Remi Böttcher nur eine vegetarische Bratwurst herstellen, die nicht nach vegetarischen Produkten aussieht. Mittlerweile sind Frikadellen, Currywurst, Aufschnitt und Wiener Würstchen hinzugekommen. Die Bratwurst geräuchert. Mal blieb aber der Rauch nicht hängen, mal platzten die Würste auf. Doch nach mehr als acht Jahren Entwicklung ist eine ansehnliche Produktpalette herausgekommen. Mittlerweile auch Algenkekse und Algenbrot.

Unverfälscht und Original
In der Zeit von Gammelfleische bot Böttcher seine Produkte auch dem Lebensmittelhandel an. Die waren interessiert, das Produkt aber zu teuer. Sie schlugen vor, auf Überseealgen auszuweichen oder andere Inhaltsstoffe billiger zu machen. Aber verbiegen lässt sich Böttcher nicht.
Die Sylter Algenfarm wird derzeit privat weiter betrieben und ist an eine Austernzucht angegliedert. Die Austern filtern das einströmende Meerwasser so sauber, dass die Algen praktisch unter kontrollierten Bedingungen wachsen. Im Gegensatz zu Algen aus Übersee eine Qualitätssicherung. Darauf wollte Böttcher nicht verzichten und verkauft seine Würste lieber selbst. Online und bei kleinen Fleischereien bis nach Bremen, die ihren Kunden attraktive Alternativen anbieten wollen.
Das erste Mal auf der Grünen Woche hat er nicht nur die Besucher begeistern können, sondern sogar schon den ersten Fleischer, der die Algenwürste in sein Sortiment aufnehmen will. Warum Fleischer vegetarische Produkte aufnehmen, weiß Böttcher: Frauen essen eher vegetarisch, Männer eher Fleisch. Wenn sie einkaufen gehen, finden sie jetzt bei manchem Metzger Produkte für sich und ihrem Partner.

Remis Algen Spezialitäten finden sie in der Halle 5.2a Stand 114

Roland Krieg (Text und Fotos)

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