Alles klar bei Wein und Sekt?
Ernährung
Bei Wein und Sekt die Eiweißtrübung vermeiden
Was beim Federweißer oder beim Apfelsaft vom Verbraucher als Qualitätsmerkmal dazu gehört, hat in Wein und Sekt nichts zu suchen: Trübstoffe. Trübungen vor allem durch Eiweißstoffe haben in den letzten 20 Jahren zugenommen, was die Winzer auf den Klimawandel zurückführen. In trockenen Jahren nimmt der Proteingehalt zu und führt zu Trübungen, die durch Bentonit wieder herausgefiltert werden. Prof. Dr. Helmut Dietrich und Dr. Frank Will vom Institut für Weinanalytik der Hochschule Geisenheim und Prof. Dr. Heinz Decker und Dr. Petra Fronk vom Institut für Molekulare Biophysik der Universität Mainz forschen für die deutschen Sektkellereien an der Vermeidung von Trübungen.
Lexikon der Trübungen
Alles was dem Wein Reinheit und Glanz nimmt, bezeichnen die Winzer als Trübung. Mit bloßem Auge sind im Getränk schwebende Teilchen zu erkennen, die Wein und Sekt optisch, vom Geruch und Geschmack her verändern können. Die Ursachen von Trübungen sind vielfältig und können auf die Bodenverhältnisse, auf die Verarbeitung der Trauben oder der Kellertechnologie zurückgeführt werden. Die Trübungen sind entweder kristalliner oder staubförmiger Art.
Eiweißtrübung:
Meist kann nur das Fachlabor die Eiweißtrübung
identifizieren. Weißliche staubartige Ausscheidungen werden oft mit einer Nachtrübung
verwechselt. Hierbei geht es um Eiweiße, die auf Wärme reagieren und zerfallen.
Thermolabiles Eiweiß wird in der Regel durch Bentonit vor der Flaschenfüllung
herausgefiltert.
Eisentrübung:
Im Wein vorhandenes Eisen verbindet sich mit den
vorhandenen Tanninen und färbt ihn grau bis schwärzlich. Früher entstand diese
Form der Trübung durch den Kontakt von Eisen mit dem Most. Heute wird in der
Kellerei Edelstahl eingesetzt, der diese Trübung kaum noch zulässt. Diese Form
wird auch als „Schwarzer Bruch“ bezeichnet.
Verbindet sich das Eisen mit dem Phosphor, das aus dem
Boden über die Trauben in den Wein gelangt, dann färbt sich die Ausfällung
weißlich und wird als „Weißer Bruch“ bezeichnet. Diese Farbveränderung kann im
Dunkeln sichtbar werden und im Hellen wieder verschwinden.
Weinstein:
Diese Trübung schädigt den Wein nicht. Es ist ein plättchenförmiger
Niederschlag vom Kaliumsalz der Weinsäure. Dieser natürliche Vorgang kommt vor allem
bei jungen und kalt gelagerten Weinen vor. Bei älteren Weinen wird der
Weinstein durch Dekantieren entfernt.
Calcium Tartat:
Kommt der Wein nach einer Entsäuerung zu früh in die
Flasche fällt die Weinsäure mit Calcium aus. Eine Unterscheidung zu Weinstein
erfolgt meist erst durch ein Fachlabor.
Säureabbau:
Diese biologisch-chemische Veränderung ist teils
erwünscht, teils unerwünscht. Spezielle Bakterienstämme bauen die im Most und
Wein vorhandene Äpfelsäure unter Bildung von Milch- und Kohlensäure ab. Das
entstehende Kohlendioxid wird oft mit einer Nachtrübung verwechselt. Dieser
Abbau ist bei Rotweinen erwünscht, die einen zu hohen Säuregehalt aufweisen und
in Form dieser „malalaktischen Gärung“ auf ein normales Säureniveau gebracht
werden. Auf diese Weise werden Barriqueweine hergestellt, die im Eichenfass (Barrique)
reifen.
Unerwünscht ist der Säureabbau bei frischen und
bukettreichen Weinen, weil die Fruchtigkeit verloren geht und sich dadurch das
Aroma verändert.
Mit Bentonit gegen Eiweißtrübungen
Die Weinexperten haben sich die Eiweißtrübungen vorgenommen. Die werden mit Bentonit herausgefiltert. Das ist ein Dreischicht-Silikat, das nach seiner ersten Fundstätte bei Fort Benton in den USA benannt wurde. Mindestens die Hälfte dieser Tonerde besteht aus Montmorrillonit, das außergewöhnlich quellfähig ist und Eiweißtrübungen an seine Oberfläche binden kann.
Trockenstress und Fäulnis erhöhen in Most und Wein den Proteingehalt und erfordern einen steigenden Einsatz von Bentonit zur Schönung von Wein und Sekt. Andere technische und rechtliche Maßnahmen stehen nicht zur Verfügung. Die Wirksamkeit des Tonminerals geht aber bei steigenden pH-Werten zurück, der durch einen niedrigeren Säuregehalt auf Grund wärmerer Sommer entsteht.
Der erhöhte Einsatz von Bentonit mindert aber die Qualität, weil sich auch wertgebende Inhaltsstoffe an das Mineral binden. In Weißweinen führt das Mineral Aromastoffe heraus, bei Rot- und Roséweinen Farbstoffe
Australische Forschungen haben gezeigt, dass Bentonit weltweit zu Weinverlusten von mehr als einer Milliarde Dollar führt. Die Summe ist auch deshalb so hoch, weil es kaum verlässliche Tests gibt, die den Bedarf an Schönungsmitteln exakt bestimmen. In der Praxis wird daher oft „überschönt“. Oder es wird gar nicht geschönt, aber eine Nachtrübung in Kauf genommen.
In diesem Jahr endet das vom Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI) koordinierte Projekt und will automatisierte Tests zur Ermittlung der Eiweißstabilität und des Bentonitbedarfes zur Verfügung stellen. „Nebenbei“ werden durch die Verwendung verschiedener Testweine auch Fragen nach kellerwirtschaftlichen Maßnahmen und der Sortenwahl beantwortet.
Lesestoff:
Roland Krieg