Antioxidantien: Freund oder Feind?

Ernährung

Antioxidantien auch mit negativer Wirkung

Freie Radikale sind Molekülbruchstücke, die zwar nur wenige Sekundenbruchteile existieren, aber hochreaktiv sind. Sie „klauen“ anderen Molekülen Elektronen und oxidieren sie dadurch. Die Gegenspieler wie Vitamin C und E oder Beta-Karotin werden daher als Antioxidantien bezeichnet, weil sie diese Reaktion und Zerstörung verhindern können. Vitamin E beispielsweise ist in der Zellmembran als „Stoppstein“ eingebaut, der angelaufene Kettenreaktionen verhindern sollen.
Freie Radikale entstehen beim täglichen Stoffwechsel, werden jedoch durch Umweltgifte und Rauchen gefördert. Bis zu 10.000 Bruchstücke können täglich in einer einzigen Zelle entstehen.

Liebling der Werbung
Es ist also nicht verwunderlich, dass Antioxidantien in der Werbung einen hohen Stellenwert genießen. Beta-Karotin aus Karotten und Lycopen aus Tomaten „schützen vor Krebs und Alterung“.
Hans Meffert vom Dermatologischen Institut in Berlin hat sich die Rolle der Antioxidantien einmal genauer angeschaut – beziehungsweise die Rolle der freien Radikale. Diese sind nicht ausschließlich destruktiv, denn die Atmungskette des Energiestoffwechsels und die Abwehr von Krankheitserregern durch weiße Blutkörperchen sind auf freie Radikale angewiesen, schreibt er im „GMS German Medical Science“. Deshalb sei zu erwarten, dass „durch die Zufuhr von Antioxidantien auch wesentlich unerwünschte Wirkungen in der Haut und im Organismus ausgelöst werden können“. Wann also ist ein Antioxidans kein Antioxidans mehr?

Pro und Kontra der Natur
Studien in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Menschen mit überdurchschnittlichem Verzehr von Obst und Gemüse ein geringeres Lungenrisiko aufweisen. Bei Rauchern hingegen, denen Beta-Karotin zusätzlich verabreicht wurde, stieg vor zehn Jahren bereits das Lungenkrebsrisiko an. Heute gehen die Mediziner davon aus, dass Beta-Karotin tatsächlich antikarzinogen wirkt, das Molekül aber instabil wird, wenn es auf eine durch Rauchen entstandenen Umgebung trifft, die reich an freien Radikalen ist.
Nachfolgende Studien haben gezeigt, dass eine zusätzliche Supplementierung mit Beta-Karotin „keine Veränderung der Inzidenz (Neuauftretungsrate) von Nicht-Melanom-Hautkrebs hervorrief.“ Hingegen hat der Zusatz dazu geführt, dass UV-bedingte Krebsentstehung deutlich verstärkt wurde. Beta-Karotin hatte damit keine Lichtschützende Wirkung gezeigt. Doch gerade im Alltag und im Beruf sind die Menschen größerer Mengen an optischer Strahlung ausgesetzt. „Seit langem ist bekannt, dass in menschlicher Haut durch UV-Bestrahlung große Mengen an freien Radikalen entstehen können“, weist Meffert auf die Gefahr hin.

Nahrung statt Supplemente
Der Mediziner hat eine deutliche Empfehlung: Es sollen keine Nahrungsergänzungsmittel zur Krebsprävention verwendet werden, „weil das Risiko-Nutzen-Verhältnis nicht zuverlässig vorhergesagt werden kann.“ Es könnten unerwartete und unerwünschte gegensätzliche Wirkungen auftreten. Wenn jemand seine Zufuhr an Antioxidantien steigern will, solle er das über die Ernährung tun. Unterstützung bekommt Meffert durch eine Empfehlung des National Cancer Institute der USA: „Labor- und Tierforschung haben gezeigt, dass Antioxidantien helfen, den durch freie Radikale hervorgerufenen Schaden in Zusammenhang mit Krebs zu verhindern. Jedoch stimmen aktuelle klinische Studien in der Bevölkerung damit nicht überein. Antioxidantien werden von einer gesunden Ernährung geliefert, die eine Vielzahl von Früchten und Gemüse einschließt.“

Lesestoff:
Meffert, H.: antioxidants – freinds or foe? GMS Ger Med Sci. 2008; 6:Doc09
Online verfügbar unter: www.egms.de/en/gms/2008-6/000054.shtml

roRo

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