Bierhefe mehrfach verwenden

Ernährung

Brauhefe bleibt beim Gären jung

Hobbybrauer diskutieren es in ihren Foren: Bierhefe erneut verwenden. Und sie machen es richtig, wenn auch vorsichtig. Die Profis verwenden ihre Bierhefe zwischen sechs- und 20-Mal. Und das dürfen sie problemlos, meldet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Eine mittelständische Brauerei kann bis zu 170 Tonnen Malz einsparen, ohne das die Qualität des Bieres darunter leidet.

Die Rolle der Hefe

In der Mälzerei wird Getreide, meist Braugerste, gereinigt und in Wasser eingelegt. Durch die Keimung entstehen korneigene Enzyme, die über Geschmack und Farbe entscheiden. Malz wird für helles Bier bei 80 und für dunkles Bier bei 100 Grad Celsius getrocknet. Geschrotetes Malz wird mit Wasser und Hopfen versetzt und die Maische von der Würze getrennt. Im Gärtank entscheiden die zugesetzten Hefen über das Produkt.

Die Brauereien unterscheiden dabei zwischen obergärigen Brauhefen, die bei Zimmertemperatur von 15 bis 20°C Hefeweizen oder Gose entstehen lassen, und untergärigen Brauhefen, die es mit vier bis 9°C wesentlich kühler mögen. Das weit verbreite Pilsner ist ein solches untergäriges Bier, das auf der Hefe Saccharomyces pastorianus basiert. Die sorgt dafür, dass die Zucker aus dem Malz in der Würze während der Gärung zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid abgebaut werden. Dabei entsteht Jungbier, das in den Lagertank wandert. Die „Überschusshefe“ wird neuer Würze für eine neue Gärung hinzugegeben.

Jungbrunnen für Hefen

Dr. Franziska Bühligen von UFZ hat bei Brauereien nach dem Verbleib der Überschusshefe gefragt und diese mit Hilfe von Mikroskopie, Durchflusszytometrie und Genexpressions-analysen eingehend untersucht.

Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: „Zwei der Brauereien verwenden die Hefe sechsmal und eine bis zu 20 Mal. Unsere Genexpressionsanalysen zeigten jedoch keinen Unterschied bei der Alterung der Zellen“, berichtet Dr. Franziska Bühligen. Mit Hilfe von Alterungs-, Flokkulations- und Stressgenen konnte das Forscherteam so erstmals wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Wiederverwendbarkeit der Hefen treffen. „Die Sude müssen beim ‚Drauflassen‘ ausreichend belüftet werden und das anschließende Verfahren muss gut eingestellt sein. Dadurch können sich die Zellen ausreichend vermehren und die Hefekultur verjüngt sich fortlaufend. Somit kann sie für 20 oder mehr Brauprozesse eingesetzt werden.“ Bühligen empfiehlt, lediglich die oberste und unterste Schicht der sedimentierten Hefen bei der Wiederverwendung wegzulassen, dann könnten Brauereien viel Aufwand, Zeit und Kosten einsparen, ohne das Qualitätsunterschiede entstehen würden.

Brauereien sind vorsichtig mit der Wiederverwendung der Hefe. Sie fürchten nicht nur eine Kontamination durch die Überführung, sondern auch einen Flokkulationsverlust. So nennen Brauer das Flockungsvermögen, feinste Fremdbestandteile aus dem Wasser zu größeren Bündeln zusammenzubacken, um sie leichter herauszufiltern.

Kosten sparen

Brauereien sind deshalb so vorsichtig, weil ein verlorener Brauvorgang richtig ins Geld geht. Misslingt ein Brauvorgang, weil die Hefe abstirbt, geht nicht nur ein Woche Zeit verloren, sondern auch rund 3.000 Hektoliter Bier. Das sind etwa 600.000 Flaschen.

Weniger Gerste reicht

Die Wiederverwendung ist eine Frage der Braukunst. Jetzt ist sie auch wissenschaftlich untermauert. Der Vorgang hat sogar Auswirkungen bis auf die Felder der Bauern. Wollen die Brauer neue Hefe verwenden, müssen sie diese aus dem Labormaßstab auf eine Menge von 20 Hektoliter anziehen. Mit dem Volumen wird ein Gärtank von 3.000 Hektoliter befüllt. Dazu brauchen die Brauer 340 Kilogramm Malz und die entsprechende Menge an Braugerste.

Braugerste wird in Deutschland immer weniger angebaut und muss importiert werden. Die Braugerste wird nicht nur von lohnenderen Energiepflanzen verdrängt, der jährliche Rückgang des Braugerstenanbaus resultiert aus einem hohen Anbaurisiko. Aufgeplatzte Körner, Fusariumbefall und Proteinwerte von mehr als 12 Prozent machen aus der Brau- ein Biogassubstrat oder eine Futtergerste. Wegen des maximalen Proteingehaltes dürfen Leguminosen nicht als Vorfrucht angebaut werden. Weil die Leguminosen derzeit als Greening-Komponente eingeführt sind, zeigt sich die Zukunft des Braugerstenanbaus in Deutschland alles andere als freundlich.

Übrigens: Je nach Witterung können die Bauern rund 5.000 Kilogramm Gerste von einem Hektar ernten. Aus 100 Kilogramm werden etwa 80 Kilo Malz. 85 Gramm davon reichen für einen halben Liter Bier.

Roland Krieg; Fotos: André Künzelmann (UFZ)

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