Bilder von Nahrungsmitteln erzeugen Hunger
Ernährung
Äußere Reize steuern hormonelle Regulation des Essverhaltens
Erstmalig weisen Max-Planck-Forscher wissenschaftlich nach, was der Laie schon immer wusste: Alleine der Anblick leckerer Speisen macht Appetit. Die aktuelle Studie an gesunden jungen Männern belegt, dass sich die Menge am neurosekretorischen Eiweißhormon Ghrelin im Blut durch die optische Stimulation mit Bildern von Nahrungsmitteln erhöht. Als Hauptregulator steuert Ghrelin sowohl unser Essverhalten als auch körperliche Prozesse zur Nahrungsverwertung. Die Untersuchungsergebnisse dokumentieren, dass neben den physiologischen Mechanismen zur Erhaltung des Energiestatus auch Umweltfaktoren spezifischen Einfluss auf die Nahrungsaufnahme nehmen. Die allgegenwärtige Präsenz von appetitanregenden Lebensmitteln in den Medien könnte zur Gewichtszunahme in der westlichen Bevölkerung beitragen.
Schauen sie weg!
Warnung: „Vermeiden Sie das Betrachten von
appetitlichen Speisen, sie werden sonst hungrig!“ So oder ähnlich könnte
zukünftig die Empfehlung eines Diätberaters lauten. Seit Langem geht man davon
aus, dass neben den physiologischen Regelkreisen zum Erhalt eines ausreichenden
Energiestatus für den Körper auch äußere Reize, wie der Geruch oder Anblick von
Speisen, unser Hungergefühl und das einsetzende Essverhalten beeinflussen. Die Gefahr,
dass es dadurch zur Nahrungsaufnahme kommt, obwohl der Energiestatus des
Körpers dies gar nicht benötigt, ist in unserer durch Werbung geprägten
Gesellschaft besonders hoch.
Die Arbeitsgruppe um Axel Steiger am
Max-Planck-Institut für Psychiatrie ging den molekularen Prozessen zur
Steuerung der Nahrungsaufnahme in einer Studie mit gesunden Männern auf den
Grund. Untersucht wurde die spezifische physiologische Reaktion der Probanden
auf das Betrachten von Bildern, die entweder gut schmeckende Speisen
darstellten oder nicht essbare Objekte zeigten. Gemessen wurden die
Konzentrationen verschiedener Hormone im Blut, die an der Regulation der
Nahrungsaufnahme beteiligt sind, wie Ghrelin, Leptin und Insulin. Tatsächlich
konnten die Forscher einen Anstieg der Ghrelin-Konzentration spezifisch auf die
optischen Reize mit Speisen messen.
„Unsere Studienergebnisse zeigen erstmalig, dass die
Ausschüttung von Ghrelin ins Blut zur Regulation der Nahrungsaufnahme auch
durch äußere Faktoren gesteuert wird. Unser Gehirn verarbeitet also diese
optischen Reize, und ohne willentliche Kontrolle werden die körperlichen
Prozesse gestartet, die unser Appetitempfinden steuern. Ein Mechanismus, der
uns dazu verleiten könnte, bereits zwei Stunden nach dem Frühstück ein Stück Kuchen
zu verzehren“, sagt Petra Schüssler, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut.
Sie empfiehlt daher Menschen mit Gewichtsproblemen, den Anblick von Bildern
appetitlicher Lebensmittel möglichst zu vermeiden.
Lesestoff:
Schüssler P, Kluge M, Yassouridis A, Dresler M, Uhr M, Steiger A. Ghrelin levels increase after pictures showing food Obesity (Silver Spring). 12. Januar 2012, doi: 10.1038/oby.2011.385. [Epub ahead of print]
Barbara Abrell, Max-Planck-Gesellschaft / roRo; Foto: MPI für Psychatrie