Bio-Ayran aus dem Lobetal
Ernährung
Neue Ökoprodukte aus Brandenburg
Im letzten Jahr wurde die Lobetaler Molkerei von Naturland als 2.000.ter Betrieb zertifiziert. Da blickte das Konzept bereits auf eine 100jährige Geschichte zurück.
Soziale Landwirtschaft
Thomas Keller, Geschäftsführer der Hoffnungsthaler Werkstätten gGmbH, beschreibt am Lobetaler Molkereistand auf der BioFach, dass der Betrieb schon von Friedrich von Bodelschwingh als Arbeitskolonien gegründet wurde, weil die Saisonarbeitskräfte und Schnitter in der Landwirtschaft im Winter eine Beschäftigung brauchten. In den 1930er Jahren wurden die Arbeitslosen für den Nationalsozialismus requiriert und Fallsüchtige, wie die Epileptiker damals hießen, fanden auf dem Betrieb Arbeit. Das war der Beginn der sozialen Landwirtschaft, die mittlerweile nicht nur im Bereich der Behinderten eine neue Lobby gefunden hat.
Derzeit arbeiten 14 Menschen mit Behinderungen in der Molkerei, die ihr Handwerk in einer Lehrmolkerei erlernt haben. In zwei Jahren sollen es 24 Arbeitskräfte sein und noch einmal 36 neue Plätze in den Bereichen Zulieferung und Logistik.
Heute umfassen die vier landwirtschaftlichen Betriebe rund 600 Hektar Fläche und die erst im Februar eröffnete Bio-Molkerei verarbeitet schon 1,6 Millionen Liter Milch. Ziel in zwei Jahren: vier Millionen, was Thomas Keller durchaus für realistisch hält, denn viele Bauern haben in den letzten Jahren bereits auf Ökomilchproduktion umgestellt. Und auch noch mehr kommen demnächst hinzu, denn seit den Milchlieferstreiks, sehen Milchbauern kaum noch eine Zukunft für die konventionelle Milchproduktion. Dann werde es eine Herausforderung sein, den Biomilchpreis zu halten, denn eine Aufnahmebeschränkung der Molkereien hält Keller in einem europäischen Markt für unrealistisch. Wenn die Milch produziert ist, ist sie eben am Markt und findet ihre Molkerei.
Bio-Ayram und Bio-Dickmilch
Gleich mit 12 Produkten sind die Lobetaler am Markt erschienen: Zwei Naturjoghurts, fünf Fruchtjoghurts, Saure Sahne, Schlagsahne, Weichkäse mit Weißschimmel sowie zwei seltenen Bioprodukten, wie Ayran und Dickmilch.
Dickmilch kennen viele noch aus Großmutters Zeiten, als sie auch Stockmilch hieß. Die stichfeste Milch schmeckt leicht säuerlich und wird in Südhessen gerne mit Zimt und Zucker gegessen. Die Norddeutschen bröseln gerne Schwarzbrot hinein und geben Zucker hinzu.
Beim Fruchtjoghurt punktet die Molkerei mit einem besonderen Plus. Gesetzlich vorgeschrieben sind nur sechs Prozent Fruchtanteil – die Lobetaler haben den Fruchtanteil verdoppelt. „Auf zusätzliche Aromen können wir ganz verzichten“, sagt Molkereileiter Michael Kuper-
Für Thomas Keller beinhalten die Fruchtstückchen noch einen
ganz besonderen Impuls. Die Beeren und das Obst sollen möglichst alle aus der Region stammen. Gerade hier haben die Brandenburger Bauern noch Lieferdefizite. Die Generierung eines neuen Absatzmarktes biete der Region eine neue Wertschöpfung. Aktuell sei man schon in Gesprächen mit einem Erdbeerhof, so Keller zu Herd-und-Hof.de.
Erhältlich sind die Produkte im Naturkostfachhandel Ostdeutschlands.
Innovation auch bei der Verpackung
Joghurtverpackungen sind sehr anspruchsvoll. Sie sollen recyclingfähig sein, belastbar und leicht. Die Lobetaler Joghurtbecher bestehen zu 56 Prozent aus Kreide. Damit konnte der Kunststoffanteil um die Hälfte gesenkt werden. Obwohl die Becher genauso stabil sind, wie die konventionellen, sind sie um bis zu 30 Prozent leichter. Weil die Aufdrucke direkt auf dem Becher angebracht werden, können die Lobetaler auf Etiketten verzichten. Auch der Deckel besteht aus einer Kreidemischung und damit kommt der Becher ganz ohne schwer abbaubares Aluminium aus.
Lesestoff:
Während die konventionellen Molkereien kaum Neues hervorbringen, realisieren die Brandenburger Biomolkereien derzeit eine Innovation nach der anderen.
Im letzten Jahr gab es in in Kassel eine Tagung zum Thema soziale Landwirtschaft
Roland Krieg (Text und Foto)
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