Bisphenol A: Der Krach geht weiter

Ernährung

Umweltschützer wollen Polycarbonat-Verbot

Das Polycarbonat Bisphenol A steht weiter in Kritik. Das Umweltbundesamt hat erneut darauf hingewiesen, dass der chemische Weichmacher in Babyfläschchen und Trinkbechern bei Säuglingen zu einer gestörten Entwicklung der Sexualorgane, des Nervensystems oder Verhaltens führen kann. Die von der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA festgelegte tolerierbaren Aufnahmemenge von 50 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag sei zu hoch. Nach Angaben des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sei Bisphenol A in 90 Prozent der Bevölkerung nachweisbar. Andreas Gies vom Umweltbundesamt hatte zuvor erklärt, dass 0,05 mg/kg/Tag zu viel seien und Primaten bereits bei einer niedrigeren Dosis geschädigt werden.

Für und wider
Gies und Prof. Gilbert Schönfelder von der Universität Würzburg haben bereits im August in einem offenen Brief an die EFSA den Grenzwert kritisiert und ein Verbot von Bisphenol A im Rahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes gefordert – so wie Kanada es umsetzt. Ungeborene Kinder seien bei Bisphenol A nicht durch die Mütter geschützt, weil sie selbst nicht ausreichend in der Lage seien, den Stoff abzubauen. Während der Schwangerschaft würden Mütter hingegen den Stoff sogar einlagern und an das Kind weitergeben. Das habe Prof. Schönfelder in einer Studie von 2001 bereits gezeigt.
Prof. Dr. Jan Hengstler von der Beratungskommission der Gesellschaft für Toxikologie am Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund hingegen teilt die aktuellen Auffassungen der EFSA. Es gebe keine Studien, die der Datenlage für den Wert von 0,05 mg/kg Körpergewicht und Tag widersprechen. Bisphenol A werde in inaktive wasserlösliche Verbindungen verstoffwechselt und mit dem Urin ausgeschieden. Bei Föten und Neugeborenen ist aber diese Stoffwechseltätigkeit geringer. Das heiße jedoch nicht, so Dr. Hengstler, dass die geringe Stoffwechseltätigkeit „grundsätzlich gesundheitsschädlich ist“. Die Kapazität zur Verstoffwechselung sei vorhanden und es ist lediglich eine Frage der Dosis, was gesundheitsgefährlich ist. Dr. Hengstler verweist auf gleichlautende Einschätzungen bei der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA, der amerikanischen Behörde für Lebensmittelsicherheit FDA, der japanischen Behörde METIs und beim Bundesinstitut für Risikobewertung BfR in Deutschland. Für die Gesellschaft für Technologie ist nicht entscheidend wie hoch Bisphenol A im Blut nachgewiesen werden kann, sondern wie hoch die Aufnahme im Organismus ist. Da gebe es noch Forschungsbedarf.

VLE

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