Das "Gen-Food" - Dilemma

Ernährung

Gefühlter Widerstand gegen Gentechnik überwiegt

Derzeit gibt es kaum eine Länderministerpressekonferenz, wo Pressekollegen nicht die politische Meinung zum Klonfleisch einholen. Das Produkt ist aber auch in den USA nicht auf dem Markt. Die Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung verlangt manchem Verbraucher ab, anzuerkennen, dass „ohne Gentechnik“ trotzdem „mit Hilfe von Gentechnik“ bedeuten kann.
Außerdem weitet sich der Anbau von Pflanzen, die gentechnisch verändert wurden, auf mittlerweile 130 Millionen Hektar aus.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die von der Universität Köln direkt vor der Grünen Woche vorgestellte Marktstudie an Bedeutung.

Das zentrale Ergebnis
Die Verbraucher sind in ihrer Meinung bisher nicht von der Grünen Gentechnik überzeugt, vielmehr besteht bei ihnen Verunsicherung und Skepsis, ausgelöst durch ein erhebliches Angstpotenzial, so die Studie. Zwar ist die Mehrheit von 56 Prozent der befragten Verbraucher gegen die Nutzung der Gentechnik, doch folgt lediglich eine Minderheit der Ablehnung ihrer persönlichen Überzeugung. 31 Prozent der Gentechnikgegner folgen eher ihrem Gefühl.
Die Studie konnte zeigen, dass bei Verbrauchern eine Assoziationsspirale abläuft, wird ihnen die Wortkombination „gentechnisch verändert“ vorgelegt. Darin nimmt die Gentechnik eine Stellvertreterfunktion ein, unabhängig vom tatsächlichen Wissen, eine allgemeine Zivilisationskritik zu äußern. „Die Grüne Gentechnik fungiert hierbei als Stellvertreter für eine Kritik am modernen Menschen.“ Ursache ist vor allem der Mangel an persönlicher Erfahrung, weil es im Handel keine gentechnisch veränderten Produkte zu kaufen gibt.

Vorteile und Nachteile
55 Prozent der Verbraucher sehen in der Verfügbarkeit von gentechnisch veränderten Produkten keine Vorteile, keinen Mehrwert. Mögliche Vorteile umweltschonender Produktionsverfahren oder Milderung der Hungerproblematik werden zwar erkannt, spielen in der wichtigsten Nennung allerdings kaum eine Bedeutung.
Spontan benennen 42 Prozent der Befragten das gesundheitliche Risiko als Nachteil gentechnischer Verfahren. Ökologische Nachteile sehen nur sieben Prozent der Befragten und qualitativer Verlust der Lebensmittel und ein Informationsdefizit werden von jeweils 17 Prozent bemängelt.

Misstrauisch-Ängstlich
Dr. Christoph Willers kommt in seiner Dissertation im Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Beschaffung und Produktpolitik zu dem Ergebnis, dass dem wahrgenommenen Risiko eine große Bedeutung in der Haltung zur Gentechnik zukommt. Aktuell werde allerdings vermehrt eine Risiko- denn eine Chancenkommunikation durchgeführt. Das Risikoverhalten ist aber für den Handel eine wichtige Kenngröße zur Einführung neuer Produkte.
Die Ablehner sind mit 16 Prozent in der Minderheit. Die Studie hat mit einer Cluster-Analyse vier weitere Verbrauchergruppen herausgearbeitet: Die Desinteressierten (18 Prozent), die Befürworter mit 16 %, die Aufgeschlossen-Ängstlichen mit 20 % und mit 30 Prozent die Misstrauisch-Ängstlichen. Diese größte Ablehnergruppe wird „von Verunsicherung und mangelnden Vorstellungen persönlich relevanter Vorteile durch gentechnisch veränderte Produkte gelenkt“. Der Widerstand ist nicht Wissensbasiert.
Obwohl es eine Vielzahl an freizugänglichen Informationsangeboten zur Gentechnik gibt, bleibt deren aktive Nutzung bei der Mehrheit der Verbraucher die Ausnahme. Hinzu kommt, so die Studie, „dass dem Wissenserwerb eine Lernleistung vorausgehen muss“, die viele nicht aufbringen wollen oder auch nicht können.
Würde die Lücke der Phantomprodukte im Regal geschlossen, dann hätten die Verbraucher auch eine Chance, ihre Einstellung zur Gentechnik auf eine reale Basis zu stellen: „Der existierende Widerstandsmarkt könnte sich durch ein Produktangebot vermutlich regulieren, welches aufgrund der postulierten Widerstände aber aktuell vermieden wird.“ Die Dissertation zeigt ein zielgruppengerechtes Kommunikationsangebot, um solche Widerstände zu überwinden.

Unterstützung
Die Studie wurde mit Hilfe des Marktforschungsinstitut IFAK durchgeführt und fand Unterstützung durch den Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunden (BLL) und dem Stiftungsfonds von Unilever.

roRo

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