Die Angst vor dem „Nein zum Klonen“
Ernährung
Wofür ist das Klonen von Tieren gut?
Ein Superrennpferd, ein Spitzenvererber für die Milchproduktion oder ein Schwein, dessen Fleisch alle bisherigen Qualitäten übertrifft? Sollte es so etwas nicht immer geben? Dann wäre klonen, der somatische Zellkerntransfer wie es biotechnologisch korrekt heißt, der richtige Weg. Der komplette Satz Gene wird kopiert. Dadurch entsteht ein genetisches Spiegelbild des Rennpferds oder des Superbullen.
Um das letzte Tier seiner Art zu erhalten, bleibt nichts anderes übrig. Aber für den landwirtschaftlichen Alltag? Dabei ist doch jeder Pflanzensteckling ein Klon. Sogar der Kartoffelkeim, der sich über Selbstklonierung weiter verbreitet.
Ethische Bedenken
Bei Tieren sieht das anders aus. Die vier wichtigsten Gründe, warum europäische Verbraucher Klonen von Nutztieren ablehnen sind das Wohlergehen der Tiere, die mangelnde biologische Diversität, fehlende Akzeptanz dieser modernen Technik und Bedenken gegen die Lebensmittelsicherheit. Pere Puigdoménech Rosell von der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der neuen Technologien fasste die Bedenken am Montag in einer gemeinsamen Sitzung des EU-Agrar- und Umweltausschusses in Brüssel zusammen. Werden die Tiere patentiert, treten auch Fragen nach dem Eigentum auf.
Die unendliche Geschichte
Das Thema Klonen steht nicht zum ersten Mal auf der Brüsseler Agenda. 2011 musste das Thema aus der Novel Food-Verordnung herausgenommen werden, weil sonst keine Einigung zu erreichen war. Das Thema Klonen ist noch heute heikel, wie Berichterstattern Giulia Moi aus dem Agrarausschuss (EFD, Italien), zu Beginn sagte. Renate Sommer (CDU) sagte als Berichterstatterin für den Umweltausschuss, dass Novel Food und Klonen wohl nicht zusammen passen. Das alte und wohl auch das neue Europaparlament wollen weder Klontiere, noch deren Lebensmittel oder nur reproduktives Material von geklonten Tieren in der EU. Die Parlamentarier beziehen sich auf die Ablehnung der Bürger. Die Landwirtschaft, so Sommer, brauche für ihren Wettbewerb keine Klontechnik.
Daher sollen Novel Food und Klonen auch weiterhin getrennt behandelt werden, schlug Juris Stalmeistars für den lettischen Rat vor.
Es muss jedoch differenziert werden. Einmal geht um das das Klonen von Tieren, auf der anderen Seite um die Verwendung von Lebensmitteln von geklonten Tieren, unterschied EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis.
Klonen
Seit Auftauchen des Klonens auf der politischen Agenda hat sich in der Bewertung nichts geändert. Klonen bringt den Muttertieren und der ersten Generation Missbildungen und hohe gesundheitliche Nachteile, wiederholte Donald Broom, emeritierter Professor in Cambridge. Ein stabiles Genom ist auf die Dauer weder neuen Krankheiten noch den Veränderungen des Klimawandels angepasst. Seit mehr als 16 Jahren habe kein Wissenschaftler eine Methode gefunden, die negativen Auswirkungen des Klonens zu beseitigen. Am Ende werde kein Verbraucher Produkte von Tieren mit solchen Vorfahren kaufen.
Daher will die praktische Landwirtschaft auch mit dieser Technik, trotz hoher Versprechen, nichts zu tun haben. Xavier David vom Doppelverband der europäischen Bauern und Genossenschaften Copa-Cogeca ist da eindeutig. Es werden keine genetischen Zuchtfortschritte erzielt.
Nur der Direktor des Europäischen Forums für Nutztierzüchter (EFFAB) Jan Vennemann behält die eingangs genannten Versprechen im Visier. Die Reproduktion eines Tieres kann die Zuchtintervalle verkürzen und damit den Zuchtfortschritt der konventionellen Weiterzüchtung erhöhen. Die EFFAB akzeptiere das Verbot, das aber nur temporär sein kann, bis alle negativen Auswirkungen beseitigt wären. Europa könne sich vom Zuchtfortschritt der Welt nicht ausklammern.
Produkte
Bedenken gegen den Verzehr von Produkten geklonter Tiere sind wissenschaftlich gar nicht ausgeprägt. Das hatte auch schon die EFSA geschrieben und wurde von Tobin Robinson wiederholt. Er leitet bei der EFSA das Referat Wissenschaftsstrategie und Koordination (SCISTRAT). In der Zusammensetzung von Fleisch oder Milch haben sich Produkte von Klonnachfahren in Nährstoffzusammensetzung, bei vorkommenden Vitaminen und Aminosäuremustern in keinster Weise von herkömmlichen Produkten unterschieden. Daher könne es keine gesundheitlichen Risiken geben – auch wenn Langzeittoxizitätsstudien nicht vorlägen. Geklonte Tiere wirkten auch nicht umweltschädigend auf ihre Umgebung ein.
Die Schwierigkeit läge überwiegend an der Kennzeichnung, wie sie Camille Perrin vom Europäischen Verbraucherverband BEUC einfordert. Ohne eine Vergleichsdatenbank seinen Produkte nicht zu unterscheiden. Doch fänden sich technische Lösungen, wenn sie eingefordert würden, gab sich Dr. Peter Liese (CDU) zuversichtlich.
Wem nützt es?
Diese Frage blieb im Wesentlichen unbeantwortet. Forschungsfreiheit und Anschluss an die internationale Forschung wollen Kommission und EFFAB als Argument für das Klonen gelten lassen. Ansonsten findet sich kein Grund, das Klonen nicht abzulehnen. Einmal ein klares „Nein“ der eigenständigen EU im Dienst seiner Bürger und der eigenen wissenschaftlichen Zweifel. Bis die Angst vor dem eigenen Schatten die EU lähmte. Tonio Borg musste als EU-Gesundheitskommissar ambitionierte Vorschläge zur Regelung des Klonens in der Kommissionsrunde wieder zurücknehmen, beschrieb Peter Liese. Die Furcht vor einem Konflikt mit den USA beherrschte die anderen Kommissionen. Das argwöhnt auch die europäische Grünen-Fraktion.
Lesestoff:
Klonen: Diskussion beim Deutschen Ethikrat
Fleisch und Milch von geklonten Tieren?
Klonen und Novel Food gehen getrennte Wege
Klarheit über das Klonen nur von kurzer Dauer
Roland Krieg