Die Aufgaben des Herrn Schmidt

Ernährung

Aufgaben für die Lebensmittelsicherheit

Auch wenn der Namensteil beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mittlerweile entfernt wurde, ist der gesundheitliche Verbraucherschutz dennoch im Hoheitsgebiet von Ressortchef Christian Schmidt. Abteilungsleiter Bernhard Kühnle gab auf dem 6. Food Safety Kongress in Berlin einen Ausblick auf die anstehenden Aufgaben für das Haus in der Berliner Wilhelmstraße.

Codex Alimentarius statt TTIP

Da ist zunächst einmal das transatlantische Abkommen mit den USA, das nicht nur auf Chlorhähnchen und grüne Gentechnik verkürzt werden dürfe. Strittige Punkte, wie beispielsweise die unterschiedlichen Belastungsgrenzen für Mycotoxine [1], die erst im letzten Jahr beim Futtermais in Niedersachsen auch eine mediale Rolle spielten, würden kaum eine Kompromissformel finden – sollten aber international auf den Codex Alimentarius [2] „ausgelagert“ werden. Das hätte dann auch eine weltweite Bedeutung.

Auf EU-Ebene steht die Harmonisierung der Kontroll-Verordnung an (Com (2013) 265), die möglicherweise noch in diesem Monat zur ersten Lesung in das Europaparlament kommt. Sollte es erst nach der Europawahl dazu kommen, wäre nicht vor 2015 mit einer Einigung zu rechnen – zu dem hatte der Bundesrat zu dieser Verordnung kritisch Stellung genommen [3]

Neu aufgelegt hat die EU eine High Level Group zur Umsetzung eines Planes gegen Übergewicht bei Kindern. Bislang stehen nur acht Eckpunkte: Ernährung zum Start in das Leben, Lebenswelt, leichte Auswahl an gesunden Lebensmitteln, Beschränkung von Werbeeinsätzen bei Lebensmitteln für Kinder, Bewegung und sportliche Betätigung, Informationen für die ganze Familie, Monitoring des Plans und Forschung. Deutschland wolle sich dafür stark machen, die Leitlinien freiwillig umzusetzen, betonte Kühnle. Vor diesem Hintergrund soll Ende 2014 ein Zwischenbericht über die Initiative „In Form“ erfolgen, die eine Kooperation von Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium ist.

Das große Thema auf Bundesebene ist die Umsetzung der Lebensmittelinformationsverordnung. Offene Punkte sind noch immer die Herkunftsangaben für Fleisch als Zutat bei verarbeiteten Speisen oder die Lebensmittelkontrollen. „Dezentrale Aufgabenwahrnehmung begünstigt uneinheitlichen Gesetzesvollzug“, gibt Kühnle die Richtung vor. Verändert werden soll die Kontrolldichte und die Kontrolleffizienz. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe habe sich gerade für die Entwicklung von „Benchmarks“ ausgesprochen, um verschiedene Kontrollen vergleichbar zu machen. Nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch für Kontrollen von großen grenzüberschreitenden Strukturen oder Exportfirmen. Hier hätten sich einige Bundesländer auf die Wünsche von Drittstaaten spezialisiert, andere hingegen nicht.

Industrie sieht Regulierung mit Sorgen

Die Ernährungsindustrie sieht die Aufgabenliste mit Sorgenfalten auf der Stirn, weil die EU „zu viel, zu detailliert und zu schlecht“ reguliert, argumentiert Prof. Dr. Matthias Horst, der vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde in eine Anwaltskanzlei gewechselt ist. Für den Binnenmarkt sind die Regulierungen aber dennoch „alternativlos“. Der Grund für die schlechten Verordnungen liege in der Anlassbezogenheit, so dass kein für Unternehmen einheitlicher Rechtsrahmen entstehen konnte. Zudem bilden Verordnungen einen Kompromiss von 28 Einzelstaaten ab und sind entsprechend unscharf formuliert.

Generell reiche das Lebensmittelrecht mit den klassischen Aufgaben „Gesundheitsschutz“, „Täuschungsschutz“ und „Information“ aus. Seit einiger Zeit drängten aber auch Angebots- und Nachfragelenkung in die Gesetzgebung, wie es vor dem Hintergrund des EU-Planes gegen Übergewicht bei Kindern zu befürchten ist. Die Tabakproduktrichtlinie dient Prof. Horst als Blaupause für ein schlechtes Vorbild: Es gehe dabei gezielt um das „Vermiesen des Konsums“, weil: „Jeder weiß, dass Rauchen gesundheitsschädigend ist!“ Die Richtlinie verstoße gegen Eigentumsgarantien, Meinungsfreiheit und unternehmerische Freiheit, so Prof. Horst und bezweifelt, dass es ein übergeordnetes gesundheitliches Interesse gebe. Der zweite Schrift, das bereits in Australien eingeführte „plain packaging“ ließe nicht lange auf sich warten.

Schon der Plan gegen Übergewicht bei Kindern lasse vermuten, dass es zu vergleichbaren Einschränkungen komme: „Die Ampel ist nicht tot!“ liest Prof. Horst aus dem Eckpunkt „Leichtere Auswahl von Lebensmitteln“ heraus.

Angesichts der Agenda im BMEL hegt Prof. Horst auch Zweifel, ob die Aufgaben termingerecht erledigt werden können. Die Unternehmen brauchen nicht nur eine Zeit für die Anpassung an die neuen Richtlinien der Lebensmittelinformationsverordnung – einige Details sind noch nicht einmal abgestimmt. So fehlt in der Fertigpackungsverordnung noch immer eine Einigung über Volumenangaben wie bei Senf oder Ergiebigkeitsangaben bei Trockensuppen. Offen ist noch immer, wie die Herkunft bei Fleisch als Zutat bezeichnet werden soll: freiwillig, Unterschieden zwischen EU- und Nicht-EU-Land oder mit exakter Länderkennung? Vorschläge zu weiteren Zutaten wie Milch sollen vom Bund erst Ende 2014 vorliegen.

Lebensmittelrecht: Da Thema bleibt immer aktuell und wird niemals fertig, lautet das Fazit von Prof. Horst.

Lesestoff:

[1] Aflatoxinwerte EU und USA

[2] Lebensmittelsicherheit ist weltumspannend

[3] Bundesrat zu Kontrollen

Roland Krieg

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