"Die Ausweise bitte!"

Ernährung

Keine Hysterie im Verbraucherjahr 2006

Auf den ersten Blick mag die Aussage von Heidrun Franke von der Brandenburger Verbraucherzentrale etwas irritieren: Es gab trotz der zahlreichen Gammelfleischmeldungen keine Verbraucherhysterie. Heute morgen gab sie in der Brandenburghalle der Presse Auskunft über die Aktivitäten der Verbraucherschützer: Die Tücke liegt mittlerweile im Detail.

Verbraucher über Herkunftsangaben befremdet
Der Regierungswechsel hat den Verbraucherzentralen keine Einbußen gebracht, wenn auch das „V“ für Verbraucherschutz im Namen des Ministeriums nach hinten wanderte. „Wir haben alles, was wir haben wollten, genehmigt bekommen, wenn auch die Zusammenarbeit schwieriger geworden ist.“ Es seien aber Veränderungen in der Förderpolitik zu erkennen und es gäbe keinen direkten Draht mehr in das Ministerium.
Vergleichbar intransparent entwickeln sich auch die Herkunftsangaben auf der Lebensmittelverpackung, über die Vorstandsvorsitzende Prof. Edda Müller bereits im letzten Jahr klagte: Viel Vertrautes ist eigentlich bereits fremd geworden. Genauso wie Schwarzschwälder Schinken nicht aus dem Schwarzwald stammen muss, so müssen bei dem Thüringer Siegel „Geprüfte Qualität“ nur 50,1 Prozent der Rohstoffe bei verarbeiteten Lebensmittel auch tatsächlich aus dem Bundesland kommen. Nur bei unverarbeiteter Ware sind 100 Prozent gefordert. Das sind Beispiele, bei denen die Rezeptur wichtiger als die Herkunft ist, wobei Verbraucher doch immer mehr die Herkunft informiert werden wollen, um regionale Produkte nachzufragen. „Wenn Verbraucher Probleme mit der Herkunftsangabe haben, „landen sie letztlich bei uns, den Verbraucherzentralen“, stellt Heidrun Franke fest. Das gelte leider auch für den Biobereich.
Um für die Einschätzung, wie wichtig den Kunden die Herkunftsangabe wirklich ist, belastbare Daten zu haben, gibt es jetzt eine Umfrage ("Die Ausweise bitte!") der Verbraucherzentralen, an der sich jeder online unter www.verbraucherzentralen.de beteiligen kann: Mit den Antworten aus drei kleinen Fragen, welche Informationen für den Einkauf wichtig sind, möchten die Verbraucherzentralen sich bei Politik und Wirtschaft gezielt einsetzen.

Verbraucher sind sensibilisiert
Das letzte Jahr hat mit den Skandalen den Verbrauchern einiges abverlangt. Dennoch wissen sie offensichtlich gut einzuordnen, dass die „Hauptmenge der Lebensmittel in einem genusstauglichen und genusfähigen Zustand ist“. Gut sei, so Franke weiter, dass Unzulänglichkeiten schnell aufgedeckt werden und Informationen schnell weiter gereicht werden. Verbraucher kommen auf sachlicher Ebene auf die Verbraucherschützer zu. Es werden doppelte und widersprüchliche Etikettierungen bemängelt, abgelaufene Mindesthaltbarkeitsdaten und falsche Etikettierungen für Biowaren. „Solche Verbraucher wünschen wir uns“, freut sich Franke. Hier funktioniert die Rückkopplung der Verbraucheraufklärung.

Selbst etwas tun
Heidrun Franke appelliert auch an die Eigenverantwortung der Verbraucher: Ernährungsbedingte Krankheiten resultieren nicht aus Lebensmittelskandalen, sondern aus falscher Ernährung. Und aus mangelnder Hygiene zu Hause: Gammelfleisch ruht oft im heimischen Kühlschrank.
Mittlerweile hat die Industrie begonnen die Kühlkette zu verfeinern. Für einzelne Produkte aus den Bereichen Gemüse, Fisch und Fleisch wurde die Kühlkette auf den Temperaturbereich von 2 – 4 °C optimiert. Der Kühlschrank zu Hause ist aber noch auf die traditionellen sieben Grad eingestellt, so dass die Ware vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum bereits verfällt. Die Verbraucherschützer wollen für 2007 eine Sortimentsabschätzung machen, welche Ware davon betroffen ist.
Die heimische Lagertemperatur auch eine Frage der Energiekosten.

Kinder und Senioren
Joschi kommt nach Brandenburg. Der von bunten Lebensmitteln umrundete lustige Frosch auf dem Platzdeckchen zeigt, dass für 2007 die gesunde Kinderernährung in Brandenburg weiterhin ganz oben an steht. Nach dem erfolgreichen Auftakt der Aktion „Gesunde Woche“ im letzten Jahr werden die Aktivitäten erweitert. Zum Beispiel sollen die Lehrer an den 600 Grundschulen des Landes selbst in die Lage versetzt werden, die Brotboxen wieder aufzufüllen. Damit sie damit nicht allein gelassen sind, wird eine Internetseite aufgebaut, die ihnen Informationen bereit stellt.
Immer wichtiger werden die Senioren als Verbrauchergruppe. Nicht nur am Berliner Ostbahnhof gibt es mittlerweile einen Supermarkt, der mit großen Etiketten und anderer Regalgestaltung ganz auf die Bedürfnisse dieser Altersgruppe eingeht, auch die Verbraucherzentrale in Brandenburg widmet sich diesem Thema. Die Aktion „fit im Alter“ überprüft 10 bekannte Ernährungs-Weisheiten auf ihre Richtigkeit. Die Verbraucherzentralen der einzelnen Länder bieten zusätzlich noch unentgeltliche Kurse an, bei dem ein Einkaufstraining für die Praxis geübt wird. Darüber hinaus erhalten die Teilnehmer ein persönliches Ernährungsprofil und bekommen Antworten zu den Themen Nahrungsergänzungsmittel und Getränke.

Kontakte:
Unter www.verbraucherzentralen.de finden Sie mehr Informationen und die regionalen Adressen. Die Brandenburger können mit www.vzb.de gleich auf die märkische Filiale klicken und mehr Informationen zu dem Programm „fit im Alter“ gibt es unter www.bmelv.de

roRo

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