Die Kerne der Phönizier

Ernährung

Tunesien überrascht mit exotischem Granatapfel

Leuchtend rot lenkt er die Blicke auf sich und die kleinen Taschen voller „Sorbet“ verheißen leckere Erfrischung. Dennoch sind sich Kunden über die Verwendung des Granatapfels nicht sicher, was und wie sie ihn essen sollen.
Der wilde Granatapfel stammt aus dem Gebiet des heutigen Iran, Armenien und Indien. Im Mittelmeerraum ist er seit Jahrtausenden zu Hause und bekannt. Nach 1492 trug das Königreich Granada den Granatapfel sogar im Wappen. Spanien produziert auch die meisten Granatäpfel für Europa.

Die Trockenbeere Punica granatum

Der Granatapfel ist eine Trockenbeere der Weiderichgewächse Lythraceae. Der Botaniker Armin Jagel vom Bochumer Botanischen Verein weist in seinem Porträt zum Granatapfelbaum darauf hin, dass die apfelgroßen Früchte unterständige Beeren sind, weil die Frucht unter der Ansatzstelle der Blütenblätter ansetzt. Da die fleischige Fruchtwand früh austrocknet ist der Granatapfel also eine „Trockenbeere“.
Die Samen stecken in den roten fleischigen Beutelchen, die beim Halbieren der Frucht in den deutlich getrennten Fruchtkammern sichtbar werden. Mit einer Gabel können sie herausgeholt oder auf einem Teller herausgeklopft werden.
Die hohe Zahl an Kernen gab der Furcht den Namensteil „granatus“ (viele Kerne). Die Römer haben bereits im alten Karthago Granatapfelkerne gefunden und benannten die Frucht nach dem Handelsvolk der Phönizier (lat. Punier): „Punica“.
Punica Granatum wurde von den Spaniern später auch nach Lateinamerika gebracht.

Die mediterrane Frucht

Das der Granatapfel im Mittelmeerraum so verbreitet ist, liegt nicht nur an den sekundären Pflanzenstoffen und Vitaminen. Die jüdische Mythologie stellt eine Verbindung von 613 Kernen im Granatapfel zur Anzahl der Gesetze in der Thora her, die europäischen Königshäuser sollen den kronenartig ausgestülpten Blütenkelch als Vorbild für ihre Kronen genommen haben und in verschiedenen Suren des Islam steht der Granatapfel neben Datteln und Trauben für Wohlstand und Leben.

Gabsi aus Gabés

Daher ist der Granatapfel in Tunesien ebenfalls weit verbreitet und wächst bis auf die Höhenlage in allen Teilen des Landes. Meist sind es Kleinbauern, die auf weniger als einem Hektar den Granatapfel für sich und den lokalen Markt anbauen. Erst seit den 1980er Jahren wird der tunesische Grantapfel auch exportiert. Im vergangenen Jahr wurden in Tunesien rund 75.000 Tonnen erzeugt, wobei die Königin unter den Granatäpfeln aus der Küstenregion Gabés stammt. Am Küstensaum gegenüber der Ferieninsel Djerba wächst der Granatapfel in mehrstufigen Plantagen. Datteln sind die Leitfrucht und schützen den kleineren Granatapfelbaum vor direkter Sonneneinstrahlung. Zur Bodenbedeckung und Minderung der Wasserverdunstung sowie Nahrungsversorgung bauen die Tunesier zwischen den Bäumen noch Gemüse an.
Eine intensivere und Ressourcen schonendere Anbauweise gibt es nicht, sagt Tarek Tira, Geschäftsführer der Exportabteilung bei GIFruit. In diesem Verband sind 15 Exporteure organisiert, die von Zwischenhändlern aufgekaufte Granatäpfel in die Nachbarländer, nach Italien und vor allem nach Frankreich verkaufen.
Die Region Gabés produziert mehr als jeden dritten Granatapfel und weist mit der Sorte Gabsi eine Besonderheit auf. GIFruits präsentierte sich auf der Fruit Logistica und konnte bereits am ersten Tag einen niederländischen Großhändler auf die tunesische Delikatesse aufmerksam machen.
Gabsi steht unter besonderem Sortenschutz und nur die aus der Region Gabés dürfen das Herkunftssiegel I.P Grenade de Gabés tragen. Europäische Importeure halten noch an ihren traditionellen Beziehungen im Nahen und Mittleren Osten fest. Doch Gabsi ist nicht nur eine frühe Sorte, die bereits ab Mitte September auf dem Markt zu haben ist, sondern mit 500 Gramm auch eine sehr große Sorte. Das spielt den Importeuren in die Hände, die veränderten Kundenwünschen entsprechen wollen. Mit diesen Vorzügen will sich der tunesische Granatapfel demnächst auch in den deutschen Regalen präsentieren. Bis zum Berliner Funkturm hat er es schon geschafft.

Mehr als Frischegenuss

Die Tunesier haben auch bereits den Granatapfel in der Weiterverarbeitung veredelt. So werden die Kerne gepresst und stellen ein natürliches Öl für den Kosmetikbereich dar. Das übrig gebliebene Fruchtfleisch kann wie Rosinen getrocknet und in Frühstückscerealien gemischt werden. Sie haben auch die gleiche Textur im Mund, schmecken aber süß-säuerlich besonders.

Roland Krieg und Ralf Flucke (Text und Fotos)

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