Die Kunst, den Magen zu meiden

Ernährung

Verkapselte Probiotik

„Pro bios“ – Für das Leben. Der Name leitet sich aus dem griechischen ab und ist zumindest für die Werbebranche ein Merkmal der Profilierung für beworbene Produkte: Probiotische Bakterienkulturen „bringen die Darmflora in ein natürliches Gleichgewicht“, „stärken die Abwehrkräfte“ und sind ein „täglicher Beitrag für die gesunde Ernährung“. Es sind allerdings nur wenige Einflüsse gegen Durchfallerkrankungen und auf das Immunsystem wirklich nachweisbar. Ob dadurch Infektionskrankheiten vorgebeugt werden kann, ist wissenschaftlich noch offen, wie die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in einer Broschüre darlegt. Ob Probiotika vor Krebs schützen und zur Behandlung von Verstopfung eingesetzt werden können, ist auch noch nicht gesichert.

Pro- und Prebiotika
Zu den Probiotika gehören Milchsäurebakterien, die auch in der normalen Darmflora des Menschen vorkommen und nur wirken, wenn sie dort auch ankommen. Gegenüber den Verdauungssäften im Magen zeigen sie sich allerdings recht widerstandsfähig. Verschiedene Stämme von Laktobazillen und Bifidobakterien werden gerne in die Joghurts gemischt. Manchmal sind es auch Prebiotika. Zu diesen Substanzen zählen Ballaststoffe, wie Inulin oder Oligofruktose aus der Zichorie, die das Wachstum oder die Aktivität bestimmter Darmkeime fördern.
Damit probiotische Substanzen ihre Eigenschaften entfalten können, müssen sie im Dickdarm an bestimmte Stellen andocken, wie das Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität Bonn beschreibt. Damit verhindern sie, dass sich dort krankmachende Bakterien oder Pilze breit machen. „Im Darm gibt es mehr als 400 verschiedene Arten von Mikroorganismen, die in einer ausgewogenen Balance vorliegen müssen, da es sonst zu Verdauungsproblemen oder gar Erkrankungen kommen kann“, erklärt Prof. Dr. Benno Kurz aus Bonn.

In einer Kapsel durch den Magen
Damit Laktobazillen das „Bad in der Magensäure“ überstehen und sich im Dickdarm durchsetzen können, haben die Bonner schon vor über einem Jahr begonnen, die kleinen Helfer in Hüllen aus Polysacchariden und Proteinen zu verpacken. Die Hülle ist so gewählt, dass sie den Geschmack des Lebensmittels nicht verändert. Die Bonner lassen ihre preisgekrönte Idee im baden-württembergischen Ellwangen bereits produzieren.
Auch das Technologie-Transfer-Zentrum in Bremerhaven (ttz) arbeitet mit insgesamt neun europäischen Projektpartnern an schützenden Hüllen für Probiotika. Ende des letzten Jahres trafen sie sich zum Erfahrungsaustausch. Mit dem Zweijahresprojekt FLOCAP, dass von der EU gettz Erste verkapselte Mikroorganismenfördert wird, sollen die lebenden Kulturen so stabilisiert werden, dass sie bis zu ihrem Wirkungsort gelangen können. In Bremerhaven erhalten die Mikroorganismen Hüllen aus Polymeren und bilden eine grüne Mikrogalaxie wie auf dem Bild des ttz zu sehen ist: „In diesem Schutzmantel überleben die Probiotika im optimalen Fall verschiedenste Belastungen, die bei der Produktion und auf dem Weg durch den Magen-Darm-Trakt entstehen,“ beschreibt ttz-Projektleiterin Marta Macias. Die entsprechende Technologie wird als Flow Focusing Technology bezeichnet und ist bereits patentiert. Sie stammt vom spanischen Technologieunternehmen Ingeniatrics Tecnologías durch die Unterstützung der Universität Sevilla.

VLE; Photo: ttz Bremerhaven

Zurück