Die richtige Körperfettmessung
Ernährung
BMI und Taillenmessung beschreiben Körperfett am besten
Nicht nur für die exakten wissenschaftlichen Studien, sondern auch „für zu Hause“ kursieren verschiedene Kennzahlen für die Messung des Körperfetts. Die Ergebnisse dienen der Risiko-Einschätzung für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung auf Grund falscher Ernährung.
BMI
Der Body-Mass-Index (BMI) ist einer der bekanntesten
Kennzahlen, die das Gewicht in ein Verhältnis zum Körper setzen. Je höher der
BMI, desto dicker ist der Mensch und desto risikoreicher der Lebensstil.
Der BMI geht auf den belgischen Astronom und
Statistiker Adolphe Quetelet (1796 bis 1874) zurück. Einen Teil seiner Arbeit
widmete Quetelet anthropometrischen Arbeiten. Mit Hilfe des BMI konnte Quetelet
die Körpermasse recht gut beschreiben.
Die Wissenschaft hat in der Vergangenheit den BMI auch
an heranwachsende Kinder angepasst. Dennoch gibt das Verhältnis Größe und
Gewicht nicht zwingend genug die Körperfettverteilung an. Gerade bei Männern
sammelt sich das Fett als Bauchfett um die Eingeweide herum an. Dieses
„viszerale Fett“, wie es die Ernährungswissenschaft bezeichnet, wirkt auch auf
den Stoffwechsel und gilt als besondere Gefahr für Darmkrebserkrankungen und
Altersdiabetes. Daher rückte die Taillenbestimmung in den Fokus, das Körpermaß
auch mit einer qualitativen Fettbestimmung zu erweitern.
BAI
Amerikanische Wissenschaftler haben diese Idee aufgenommen und mit dem Body-Adiposity-Index (BAI) vor über einem Jahr auf eine einfache Formel gebracht. Der BAI soll den prozentualen Körperfettanteil einfach, schnell und preiswert bestimmen können und hat daher viel Aufmerksam erregt. Er wird von Mitarbeitern im Gesundheitswesen als die aussagekräftigere Alternative zum BMI verwendet. Aber stimmt das?
BAI auf dem Prüfstand
Für exakte Studien in der Ernährungswissenschaften sind
Magnet-Resonanz-Tomographie-Messungen der „Goldstandard“. Sie sind aber auch
sehr teuer. Bei mehreren Hundert Probanden in einer Studie wäre die Tomographie
schlichtweg zu teuer, teilt eine Sprecherin des Deutsche Institut für Ernährungsforschung
(DIfE) in Potsdam-Rehbrücke gegenüber Herd-und-Hof.de mit.
Daher haben sich Matthias Schulze vom DIfE und Norbert
Stefan von der Medizinischen Klinik IV der Universität Tübingen den BAI im
Vergleich zu den gängigen Körperkennzahlen einmal genau angeschaut. Ergebnis:
Nach den aktuellen Ergebnissen ist eine Messung des Taillenumfangs besser
geeignet, den prozentualen Körperfettanteil abzuschätzen, als der neue
Body-Adiposity-Index (BAI), der in der Studie auch dem Body-Mass-Index (BMI)
nicht überlegen war. Auch das Diabetes-Risiko lässt sich laut Studie präziser
anhand des Taillenumfangs beurteilen.
Da bislang nur wenige wissenschaftliche Daten zum BAI
vorliegen, verglichen die Forscher um den Ernährungsepidemiologen Matthias
Schulze und den Mediziner Norbert Stefan die Aussagekraft des neuen Index mit der
Aussagekraft von Hüftumfangs- und Taillenumfangs-Messungen sowie der Aussagekraft
des BMI. Hierfür nutzten sie die Daten von 138 männlichen und 222 weiblichen
Studienteilnehmern des „Tübinger Lebensstil-Interventions-Programms“ (TULIP),
von 9.729 Männern und 15.438 Frauen, die an der Potsdamer European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie teilnehmen, sowie von
5.573 männlichen und 5.628 weiblichen Teilnehmern der „Kooperative Gesundheitsforschung
in der Region Augsburg“ (KORA)-Studie. „In der aktuellen Studie konnten wir
zeigen, dass der BAI dem altbekannten BMI bei der Einschätzung des prozentualen
Körperfettanteils nicht überlegen ist und der BMI sogar in einer engeren
Beziehung zur Körperfettverteilung steht als der BAI“, sagt Matthias Schulze. „Insbesondere
bei männlichen Studienteilnehmern war die Einschätzung des prozentualen
Körperfettanteils mit Hilfe des BAI ungenau.“ Auch bei der Bestimmung des
Diabetes-Risikos der Studienteilnehmer sei der BMI dem BAI überlegen.
Allerdings besaßen beide Indizes hinsichtlich der Diabetes-Risiko-Einschätzung
eine geringere Aussagekraft als der gemessene Taillenumfang.
BMI plus Taillenumfang
Es gibt also keinen Grund vom BMI als Körperkenngröße
abzuweichen. Die vor allem bei Männern durch die Bauchfettansammlung verteilte
Fettverteilung genau zu ermitteln, sollen Taillenmessungen ergänzend
hinzugenommen werden.
Bei den Taillenmessungen wird die Taille in Höhe des
Bauchnabels, der Hüftumfang an der dicksten Stelle des Po gemessen. Bei Männern
soll das Verhältnis zwischen Taille und Umfang bei eins oder weniger sein, bei
Frauen bei weniger als 0,85.
Lesestoff:
Der Fach-Artikel ist in der Fachzeitschrift Diabetologia erschienen: Body adiposity index, body fat content and incidence of type 2 diabetes; M. B. Schulze, B. Thorand, A. Fritsche, H. U. Häring, F. Schick, A. Zierer, W. Rathmann, J. Kröger, A. Peters, H. Boeing, N. Stefan, Diabetologia 2012 DOI 10.1007/s00125-012-2499-z
BAI: Hüftumfang in cm/(Körperlänge in m)1,5 – 18 = prozentualer Körperfettanteil
BMI: BMI = Körpergewicht in kg/(Körperlänge in m)2 = prozentualer Körperfettanteil
Tübinger Lebensstil-Interventionsprogramm TULIP: www.medizin.uni-tuebingen.de/Mitarbeiter/Kliniken/Medizinische+Klinik/Innere+Medizin+IV.html
Potsdamer EPIC-Studie: www.dife.de/de/index.php?request=/de/forschung/projekte/epic.php
Augsburger KORA-Studie: www.helmholtz-muenchen.de/kora/
Verlassen Sie sich nie auf „Pi mal Daumen“-Messungen und holen Sie vor einer Diät ärztlichen Ratschlag und Beratung ein. Nachhaltig beim Abnehmen sind Umstellungen der Diät und des Lebensstils.
Roland Krieg