Die Sterneköche aus der Warburgzeile

Ernährung

"5 am Tag": Ohne Engagement geht nichts

In der letzten Woche gab es den hochprominent besetzten Auftakt zur Aktionswoche „5 am Tag“. Bis zum 20. Oktober geht es bundesweit weiter. Gestern zum Beispiel in der Integrationskindertagesstätte in der Warburgzeile in Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf.

Neumitglied mit viel Schwung
Das Bezirksamt ist die erste öffentliche Verwaltung, die dem Verein „5 am Tag“ beigetreten ist und legt mit der Fruchtverteilaktion gleich richtig los. Zusammen mit dem Berliner Fruchthof wurden bunte Obstkörbe verteilt und den Eltern ein eigenes Kochbuch überreicht. Mit weiteren Aktivitäten auf Wochenmärkten und einer bereits im September durchgeführten „Gesundheitswoche“ bei den eigenen Mitarbeitern will Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte „die Menschen in unserem Bezirk … für eine gesunde Ernährung begeistern“. Elisabeth Schuldt vom Wirtschaftsamt ist dabei, die Asia-Läden im Bezirk zu beteiligen.

Einkaufen, schmecken, kochen und schreiben
Zwei Monate lang begleitete eine Oecotrophologin eine Gruppe der Warburger Kita. In einem Supermarkt konnten die Kleinen sich alles Obst und Gemüse anschauen und stellten schließlich ein eigenes Kochbuch her. Jetzt ist der eigene Müsliriegel kein Geheimnis mehr.
Die Kita gehört zu dem am 01. Januar 2006 gegründeten Eigenbetrieb „Kindertagesstätten Nordwest“, der rund 7.600 Kitaplätze in Charlottenburg, Reinickendorf und Spandau betreut.
Harald Bohn, pädagogischer Leiter des Eigenbetriebes will an der Eigenversorgung seiner Kitas festhalten. „So lange es geht“, sagte er zu Herd-und-Hof.de. Die Küche sei für die Kinder dann erlebbar und die Köche treffen sich zum Erfahrungsaustausch vier mal im Jahr. Der Eigenbetrieb bietet auch eine Verbundausbildung für Köche an, die zwei Jahre ihrer Gastronomieausbildung in der Kita absolvieren können. So profitieren beide: Die Kinder und die Köche.

Gestern hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die Ernährungsstudie im Kiggs Modul (EsKiMo) vorgestellt. Danach ernährt sich die junge Generation zu süß. Kinder und Jugendliche verzehren Süßwaren, Knabberartikel, süßes Frühstück und Limonaden in zu großen Mengen. Viele Kinder und Jugendliche essen der Studie nach zu wenig Obst und Gemüse. Von den 6- bis 11jährigen Jungen essen nur sechs, von den Mädchen im gleichen Alter nur sieben Prozent die empfohlenen 650 Gramm Obst und Gemüse.
Die Versorgung mit den meisten Vitaminen und Mineralstoffen ist der Studie nach zwar ausreichend. Aber die Zufuhr an Vitamin D ist unzufrieden und kann bei Kindern, die sich kaum im Freien aufhalten, schnell zu einer echten Mangelsituation entwickeln. Das Ministerium weiß auch, was den Kindern erschwert, eine dauerhaft ausgeglichene Energiebilanz zu erreichen: „Das überall verfügbare Angebot an energiereichen und noch dazu sehr schmackhaften Lebensmitteln“.
Die Studie kann unter www.bmelv.de heruntergeladen werden.
roRo

Kita-Leiterin Frau Rogoszynski hebt hervor, dass die Kinder der Warburgzeile fast alle Obst und Gemüsesorten kennen. Das mag auch daher kommen, dass die Schützlinge sogar am Speiseplan mitarbeiten dürfen. Sie erkennen sogar Fenchel und Kohlrabi, eher weniger beliebte Gemüse. Kinder essen sehr gerne Obst und lassen mit dieser Wertschätzung erst bei der Einschulung nach, sagte sie. So entstand das Kochbuch nicht nur für die Kita. Die gesamte Aktion soll auf die Eltern ausstrahlen.

Die Sterneköche aus der Wartburgzeile
v.l.n.r: R. Wildenhayn; Marc Schulte; Elisabeth Schuldt;
Frau Rogoszynski; D. Krauß (Fruchthof)

Die Kinder bekommen ein Frühstück, das an das Mittagessen angepasst ist. Gibt es mittags Fleisch, dann gibt es morgens keine Wurst. So ist die ganze Kita umfangreich mit Essen und Ernährung beschäftigt.
Die Eigenversorgung ist zwar teurer als ein Catering durch eine Fremdfirma, aber so können alle Wünsche berücksichtigt werden. Indische Kinder wollen kein Rindfleisch, Moslems kein Schweinefleisch, für Diabetiker muss anders gekocht werden, wie für Allergiker. Derzeit bereitet die Kita zehn verschieden Essen zu, sagte Rogoszynski. Das funktioniere und wird durch Sammeleinkäufe kostengünstig gehalten.

Netze brauchen Engagement
Bundesweit gibt es derzeit viele Tagungen über Bewegungsprojekte oder Fortbildungsangebote aus der Wissenschaft. Reichen die bis in die Praxis wirklich durch? Leiterin Rogoszynski fand die Kontakte besser, als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung noch ein paar Straßen weiter ihr Büro hatte. Einen Erfahrungsaustausch, wie andere Kitas das Thema behandeln, findet offenbar nur auf regionaler Ebene statt. Die großen Tagungen können diese Nähe nicht herstellen. Dafür punktet die regionale Ebene mit persönlichem Engagement. Elisabeth Schuldt hatte aus ihrem alten Stadtbezirk Kontakte und Ideen einfach mitgebracht.

Roland Krieg; Foto: R. Wildenhayn

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