Die unerwünschte Migration

Ernährung

Mineralölfunde in Lebensmitteln fördern neue Technologien

Die Wissenschaftler des Kantonalen Labors in Zürich staunten letztes Jahr nicht schlecht. Sie beobachteten Übergänge von Mineralölbestandteilen aus Recyclingkartonverpackungen in Lebensmittel wie Müsli, Reis und Mehl. Die Recherche ergab: Die Mineralölbestandteile in Recyclingkartons stammten aus dem Altpapier, genauer aus recyceltem Zeitungspapier. Die Zeitungsdruckfarben enthalten mineralölhaltige Bindemittel, die durch Ausgasen in die Lebensmittel geraten waren.

Dank moderner Verpackungen sind Lebensmittel heute hervorragend gegen äußere Einflüsse wie Licht, Sauerstoff oder Feuchtigkeit geschützt. Doch vor unerwünschten Stoffübergängen aus der Verpackung selbst ist der Inhalt meist nicht hundertprozentig sicher. Kleinste Stoffe aus dem Verpackungsmaterial, aus Klebern oder dem Aufdruck können in das Lebensmittel gelangen. Fachleute sprechen von Migration.

Die Wissenschaftler informierten sofort die Behörden, denn die gefundenen Mineralölanteile gelten gesundheitlich als bedenklich, da sie sich langfristig im Körper anreichern können.

Industrie und Forschung suchen schon länger nach Lösungen, um diese unerwünschten Risiken auszuschließen. So diskutiert zurzeit die gesamte Druckbranche, wie der Offsetdruck langfristig auf mineralölfreie Druckfarben umgestellt werden kann, die Kartonhersteller arbeiten an verbesserten Recyclingpapier-Reinigungsverfahren und die Papierverarbeiter verzichten freiwillig auf mineralölhaltige Farben für den Verpackungsdruck.

Das Problem Mineralölmigration scheint der österreichische Kartonhersteller Mayr-Melnhof grundsätzlich gelöst zu haben. Er hat eine innovative Barriereschicht entwickelt, die verpackte Lebensmittel vor Mineralölen schützen soll: das „Foodboard“. Diese auf der Innenseite von Kartonverpackungen aufgebrachte Schicht verhindert laut Untersuchungen des Münchener Forschungszentrums FABES zu über 99 Prozent den Übergang von Mineralölbestandteilen, Bisphenol A und anderen unerwünschten Kohlenwasserstoffverbindungen in das Lebensmittel. Foodboard kann laut Hersteller recycelt und kompostiert werden. Die Gespräche mit Lebensmittelherstellern und Einzelhandel laufen, so dass dieser Karton bald im Supermarkt zu finden sein wird.

Nicht nur die Industrie sucht Lösungen, auch die Bundesregierung. So soll demnächst eine Druckfarbenverordnung für die Lebensmittelindustrie die Verwendung von gesundheitlich bedenklichen Druckfarben regeln. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat einen Vorschlag veröffentlicht, der zurzeit diskutiert wird.

Carmen Menn, www.aid.de

Zurück