E. coli Nissle hilft dem Darm
Ernährung
Forscher klären Wirkungsmechanismen heilender Bakterien
„Pro bios“ kommt aus dem griechischen und bedeutet „für das Leben“. Probiotische Bakterien sind in deutschen Handelsregalen gefragt, weil sie die „Darmflora ins Gleichgewicht bringen“ und „die verdauungsbewusste Ernährung“ unterstützen. Verbraucher greifen gerne nach solchen Produkten, doch die Verbraucherzentralen sind skeptisch. Viele Aussagen sind nicht eindeutig belegt und auch die probiotischen Bakterien verlassen wieder den Darm. Wenn es helfen soll, dann nur, wenn sie täglich neu aufgenommen werden.
Große Kommunikationsoberfläche
Der Darm ist einer der größten Oberflächen, mit der Menschen mit ihrer Umwelt kommunizieren. Die Epithelschicht des Verdauungstraktes befindet sich im ständigen Austausch mit Mikroben und deren Metaboliten. Die Barriere wird durch Epithelzellen und deren Verbindungen aufgebaut und verhindert, dass die Mehrheit der Bakterien die tieferen Zellen erreichen. Ist diese Abwehr geschwächt, dann leiden die Menschen an Entzündungen oder Morbus Crohn. Auch die Epithelschicht von HIV-Patienten zeigt sich durchlässiger als der Normalstandard. Einen Zusammenhang zwischen durchlässigerer Darmzellenschicht und Erkrankungen zeichnen Wissenschaftler in letzter Zeit immer öfters her, bemerken die Projektleiterinnen Dr. Astrid Westendorf und Dr. Sya Ukena vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in ihrer aktuellsten Veröffentlichung zur Wirkung von Probiotika.
Mehr Barrieren durch Probiotika
Das komplexe Zellgebilde im Verdauungstrakt verzahnt sich über Querverbindungen, die durch Proteine „versiegelt“ sind. Als eines der ersten an der Spitze der Epithelzellen sitzenden Proteine wurde „zonula occludens 1 (ZO-1) identifiziert. Bei Entzündungen entstehen Stoffe, die solche Proteine in ihrer Abdichtfunktion beeinträchtigen. Jüngere Studien haben gezeigt, dass Probiotika die zu versiegelnden Stellen besser abdichten helfen, indem ihre Anwesenheit anregt, mehr Occludin und ZO-1 zu bilden.
Mäuse mit defekter Darmoberfläche und damit höherer Durchlässigkeit der Barrieren, bekamen Kulturen des Bakterienstammes Escherichia coli Nissle verabreicht und zeigten danach verminderte Krankheitssymptome. Dr. Westendorf: „Probiotika wirken tatsächlich – nicht nur der Glaube daran.“ Bei einer Vergleichsgruppe ohne E.coli Nissle im Futter wurden weniger Siegelproteine gebildet.
Die Wissenschaftlerinnen überprüften ihre Ergebnisse an Mäusen, die unter chronischer Darmentzündung, Kolitis, litten und wegen starken Durchfalls Flüssigkeit und Gewichts verloren. Sya Ukena: „Nachdem diese Mäuse die Probiotika bekamen, verbesserte sich ihr Zustand dramatisch – der Durchfall ließ nach.“ Die Analyse hatte gezeigt, dass das Probiotikum die Proteine verstärkt haben, die den Zusammenhalt und damit die Barriere des Darmepithels ausmachen.
Die Ergebnisse sollen helfen wirksame Therapien bei chronischen Darmerkrankungen zu finden.
Lesestoff:
Die Arbeit des HZI wurde gestern im Wissenschaftsjournal PloS online veröffentlicht: www.plosone.org/doi/pone.0001308
roRo