EHEC: Wer kann es besser?
Ernährung
Keine Änderung des Risikomanagements
Nachdem EU-Gesundheitskommissar John Dalli im Europäischen
Parlament ausgewogenere Reaktionen der Länder beim Thema EHEC einforderte, stimmte
er heute in Berlin sanftere Töne an. Nach einer Sonderministerkonferenz der
Länder- und Bundesminister sowie mit Dalli als Vertreter der EU gab es keine
nachhaltige Kritik mehr an der deutschen Kommunikation in Richtung Verbraucher.
In den letzten Tagen begleiteten europäische Experten
die Arbeiten des Robert Koch-Instituts und waren, so Dalli, von der Arbeit
beeindruckt. Zwar werde man von der EHEC-Krise künftig noch etwas lernen, doch
jetzt sei nicht die Zeit für Kritik und Diskriminierung.
Letztlich bleibt natürlich ein Gegenmodell auch den
Beweis schuldig, dass die Verbraucher weniger verunsichert seien und weniger
ökonomischer Schaden entstanden wäre.
Gesundheitsminister Daniel Bahr sieht es ähnlich: „Jetzt ist nicht die Zeit für
Strukturdiskussionen.“
Dalli betont, dass im Auge des Krisensturms die
Informationen der Bundesregierung jeweils der Lage entsprechend angepasst
waren. Die Warnungen waren in allen Phasen der Krise aktuell und begründet.
Auch wenn sich der jeweilige Verdacht anschließend
nicht hat konkret bestätigen lassen, so müssen nach Bahr die Verzehrempfehlungen,
die immer noch gelten, vor dem Hintergrund der Schwere der Erkrankungen gesehen
werden. Die amtlichen Empfehlungen folgten den jeweiligen wissenschaftlichen Beratungen.
Allerdings werde man nach der Krise auch eine Evaluierung betreiben, was
künftig besser gemacht werden könnte, so Bahr.
Vier Forschungsschwerpunkte
Ingelore Rosenkötter, derzeit Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz,
fasste den aktuellen Stand zusammen. Rund 1.900 Infektionsfälle sind
registriert, davon 670 schwere HUS-Erkrankungen und 25 Tote. Auch wenn die Zahl
der Neuinfektionen eine erste Erleichterung anzeigt, so gibt es noch keinen
Grund zur Entwarnung, so Rosenkötter. Die Wissenschaftler konzentrieren sich
auf vier Schwerpunkte. Zum einen gibt es offenbar regionale
Infektionshäufigkeiten, so genannte Cluster, bei denen Restaurants und Kantinen
im Vordergrund stehen. Es werden derzeit
alle Betriebe genauer untersucht, die Gemüse als Vorprodukte einsetzen. Die
Untersuchungen schließen die Wasserressourcen mit ein. Die Sprossen sind immer
noch nicht aus dem Schneider. Nach Rosenkötter führen Spuren aus acht
verschiedenen Infektionsclustern zu dem niedersächsischen Sprossenbetrieb. Und
letztlich untersuchen die Forschungsteams im weiteren Umkreis die
Verzehrgewohnheiten von Patienten.
Insgesamt wurden seit dem 19. Mai 3.800 Beprobungen
durchgeführt.
Kommunikation funktioniert
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner sagte, es gebe zwar geteilte Zuständigkeiten, aber die Kommunikation zwischen Bund und Länder sowie zwischen den Ministerien funktioniere gut. Es habe keinen einzigen Hinweis gegeben, dass Bund und Länder sich widersprochen haben.
Entschädigungen verhandelbar
Nach Aigner habe EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos gestern noch nach seinem Entschädigungsvorschlag von 150 Millionen signalisiert, auch noch mehr zu bezahlen. Möglicherweise bessert er noch heute nach, so Aigner.
Nach Angaben der Agrarmarkt Informations GmbH (AMI) brach
schon in der 21. Kalenderwoche der Absatz an Salatgurken um 40 Prozent ein. Am
26. Mai kam der Handel dann komplett zum Erliegen. Salate haben 60 Prozent
ihrer Käufer verloren und Rispentomaten zwei Wochen lang die hälfte ihrer
Kunden.
Die Kunden haben aber auch auf Gemüse verzichtet, dass
in der Verzehrempfehlung nicht ausdrücklich genannt wurde. Radieschen wurden
ein Drittel weniger gekauft, Brokkoli und Möhren hangeln sich am unteren
Konsumrand entlang. Selbst bei Erdbeeren ging der Konsum um ein Drittel zurück.
Das Vorlegen von Eigenproben, die Gemüse frei von EHEC bescheinigen konnten die
Kaufzurückhaltung nicht umkehren, so die AMI.
Roland Krieg; Fotos: Ralf Flucke; Grafik: AMI