Ein Logo - viele Meinungen
Ernährung
Aigner präsentiert neues Logo „Ohne Gentechnik“
Am Montag hat Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner in München das neue Logo „Ohne Gentechnik“ vorgestellt. "Das neue Logo macht es Verbraucherinnen und Verbrauchern leichter, sich bewusst für Lebensmittel ohne Gentechnik zu entscheiden“, betonte sie. Die Einführung des Logo soll dem dringenden Wunsch der Verbraucherverbände und der interessierten Lebensmittelwirtschaft entsprechen.
Die Möglichkeit der Kennzeichnung gibt es seit 2008, doch wurde sie von der Industrie bislang nur zögerlich umgesetzt.
Gegenüber dem alten Logo wird nun auch das „o“ groß geschrieben und zeigt sich mit dem Substantiv eng verbunden. Letztlich soll das Logo die Lücke schließen, die seitens der EU aus gar nicht geschlossen werden kann. Eine verbindliche Kennzeichnung für tierische Produkte hält die EU-Kommission nicht für möglich, weil Milch, Eier und Fleisch auch von Tieren stammen können, die mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurden. Das deutsche Zeichen hingegen will das ausschließen. „Durch die Einführung eines einheitlichen Logos wird die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt und ich wünsche mir, dass von der Kennzeichnungsmöglichkeit rege Gebrauch gemacht wird“, unterstrich Ilse Aigner.
„Glaubwürdigkeitsdefizite“
Schon im Vorfeld des Neuen bemängelte der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) „Glaubwürdigkeitsdefizite“ auch schon beim alten Logo, die auch die neue Form nicht beseitigen kann: „Aufgrund des klaren und uneingeschränkten Werbehinweises „ohne Gentechnik“ muss der Verbraucher annehmen, dass Gentechnik bei der Herstellung des Lebensmittels keine Rolle gespielt hat“, sagte Marcus Girnau, Geschäftsführer des BLL. Tatsächlich dürfen aber die Lebensmittel „mit ein bisschen Gentechnik“ hergestellt werden. Das zöge eine Irreführung der Verbraucher nach sich und untergrabe die Glaubwürdigkeit des Logos.
Umstritten sind tierischen Produkte, bei denen sich das Logo zwar auf die Freiheit von gentechnischer Veränderungen beim Futters bezieht, nicht aber auf die verwendete Zusätze. Vitamine, Aminosäuren und Enzyme, die dem Futter beigesetzt werden, dürfen gentechnisch hergestellt werden. Die Stoffe werden zugesetzt, um die Futterverwertung zu verbessern oder Vitamindefizite auszugleichen. Deren Verwendung bleibt bei der Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ genauso erlaubt wie die Fütterung der Tiere mit gentechnisch verändertem Futter selber, wenn eine Wartezeit absolviert wurde. Produkte von Schweinen gelten als „gentechnikfrei“, wenn mit der Fütterung gentechnisch veränderten Soja oder Mais vier Monate vor der Schlachtung aufgehört wurde. Bei Milch produzierenden Tieren reichen drei Monate, bei Legehennen sechs Wochen Wartezeit.
Logo entschärft die Koexistenzproblematik
Thomas Dosch, Präsident des Anbauverbandes Bioland, begrüßt aber das neue Logo als wichtigen Beitrag für die Wahlfreiheit. Hersteller und Handel könnten sich jetzt besser am Markt profilieren. Die Bio-Branche braucht per se kein Zeichen, erinnert Dosch, trotzdem hat die Bio-Branche ein Interesse an dem Logo: „Jeder konventionell wirtschaftende Bauer, der auf dem Acker aber auch beim Zukauffutter ohne Gentechnik wirtschaftet, verringert das Risiko der Kontamination. Das entschärft die Koexistenzproblematik auf unseren Feldern und erleichtert die Kooperation der Betriebe in den Dörfern – egal ob sie bio oder konventionell wirtschaften.“
Aufklärungskampagne gefordert
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte angesichts der Vorstellung des neuen Siegels nicht nur den Handel zum regen Gebrauch auf, sondern auch eine Aufklärungskampagne des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Damit soll die Akzeptanz des Siegels bei Handel und Hersteller gefördert werden. „Das Ministerium sollte hier schnell aktiv werden“, forderte Dr. Stefan Etgeton, Fachbereichsleiter Ernährung beim vzbv. Für die Umsetzung des Logos habe eine Verbraucherumfrage von Slow Food gesprochen: 90 Prozent der Befragten hätten ein einheitliches Siegel gewollt. 78 Prozent lehnten generell gentechnisch veränderte Bestandteile in der Nahrung ab und 85 Prozent wollten keine Gentechnik im Futter.
Logo erst der Anfang
Thilo Bode, Geschäftsführer von foodwatch nimmt das Glaubwürdigkeitskriterium auf: „Das Ohne-Gentechnik-Siegel ist ei großer Schritt für Frau Aigner, aber ein kleiner Schritt für den Verbraucher.“ Es klaffe weiterhin eine Kennzeichnungslücke für die Produkte, deren tierische Herkünfte einmal gentechnisch verändertes Futter in ihrem Trog hatte. „Wenn Verbraucher diese Produkte kaufen, werden sie gegen ihren Willen zu Unterstützern von Gentechnik auf dem Acker.“
Auf Fertigprodukte mit vielen verschiedenen Bestandteilen wird das Logo so schnell auch nicht zu finden sein. Viele Bestandteile – viele Nachweise. Hier hat Bio die Nase deutlich vorn.
VLE