Ernährung: Schulprojekte
Ernährung
Vernetzung angesichts knapper Kassen
Das Schulessen füllt den Magen, doch die Verhaltensänderung und das Wissen über eine gesunde Ernährung muss in den Kopf. Eigentlich hat Mecklenburg-Vorpommern gute Voraussetzungen für eine flächendeckende Ansprache der Kinder und Jugendlichen, denn bei einem Versorgungsgrad von 90 Prozent könnten fast alle Kinder, die wollten, in die Kita. Zudem bildet Mecklenburg-Vorpommern genug qualifiziertes Personal aus, das allerdings im Zuge der demographischen Entwicklung und der Konkurrenz anderer Bundesländern fortzieht, so Heinz Wagner aus dem Ministerium für Soziales und Gesundheit in MV. Deshalb will das Land mit einen parteiübergreifenden Aktionsplan von Einzelaktionen die gesunde Ernährung auf eine kontinuierliche Basis stellen, sagte Staatssekretär Dr. Karl Otto Kreer auf der Tagung „Gesundheitsland – Kinderland – armes Land!?“ der DGE-Sektion MV in Schwerin. „Die Schule muss kindfähig gemacht werden“, forderte Kreer – trotz leerer Kassen.
Sechs Modellschulen ausgesucht
Das nördliche Bundesland hatte sich im November 2007 für die Übernahme der Qualitätsstandards für eine bessere Schulverpflegung entschieden und will jetzt mit dem bescheidenem Haushalt von jährlich 50.000 Euro von 2008 bis 2009 an sechs Schulen mit den unterschiedlichsten Ausstattungen und Ausgangssituationen „abrechenbar positive Veränderungen“ erzielen, dann die Ergebnisse evaluieren und als Vorbild für das ganze Land herausstellen. Beteiligt sind Landwirtschafts- und Bildungsministerium.
Red Cat und Aloha Caribic Saziahi |
An den Schulen rennen Marlies Müller aus dem Landwirtschaftsministerium und Petra Keil aus dem Bildungsministerium „offene Türen“ ein, sagt Müller. Obwohl Mecklenburg-Vorpommern sich gerne als Gesundheitsland bezeichnet, trägt noch kein einziger Caterer das DGE-Zeichen, klagte Müller.
Bei den Schulen wird generell der Ernährungsführerschein eingeführt. An der Schweriner Albert-Schweitzer-Schule wird es zusätzlich noch ein Unterrichtsfach „Frühstück“ geben, bei dem die Lehrer gemeinsam mit den Kindern einkaufen gehen. An einer anderen Schule soll eine „Wasserzapfstelle“ für ständig verfügbares Trinkwasser eingerichtet werden und die Regionale Schule Zingst gibt einer Schülerfirma die Chance, eine Software für gesunde Ernährung zu entwickeln, die in der Cafeteria praktisch eingesetzt werden kann.
Müller hofft, dass sich die privaten und gesellschaftlichen Ressourcen des Landes zu einer Vernetzungsstelle für Gemeinschaftsverpflegung zusammenschließen. Immerhin hat das Land, so Petra Keil, bereits 18 Gesundheitsberatungslehrer, die für die Gesundheitserziehung, die Sucht- und Gewaltprävention zuständig sind. Hinzu kommen noch Kreisgesundheitsbeauftragte, die letztlich die Qualitätsstandards in die Schulen tragen und umsetzen sollen. Gefördert wird das Projekt auch mit Bundesmitteln, wobei allerdings derzeit die Gegenfinanzierung aus dem Landesbudget noch nicht sicher ist. Bis Herbst 2008 soll sie es sein.
Selbstwirksamkeit
Jutta Kamensky aus Ulm nennt das Zauberwort, um das es vor allem bei der Unterrichtung und Erziehung geht: Selbstwirksamkeit. Schutzfaktoren für Gesundheit sind beispielsweise eine gute Eltern-Kind-Beziehung, soziale Kontakte und Kompetenzen, sowie Handlungspläne anhand konkreter Ziele. In dem Ulmer Projekt „Richtig essen – rundum fit“ zur Prävention und Therapie von Übergewicht wird den Kindern der „Glaube an die eigene Kraft vermittelt“. Über Erfolgserlebnisse und Beobachtungslernen (Von wem schaue ich mir was ab) und der symbolischen Erfahrung „Glauben andere an mich?“ hat das Projekt zwischen 2006 und 2007 Kinder zwischen 5 und 14 und Jugendliche zwischen 16 und 19 Küchenchecks und Einkäufe organisiert. Das ging bis zu den Teller- und Tischregeln und gemeinsamen Kochen mit den Eltern. Hier übernehmen die Kinder auch die wichtige Rolle des Vorbildes nach Hause, denn oft haben sie dort keine Chance, das in der Schule Erlernte anzuwenden, so Kamensky. Baden-Württemberg hat bereits 25 Jahre lang Erfahrung mit Fachfrauen für Kinderernährung.
Aufbau Vernetzungsstelle
Der Zeitraum zwischen dem ersten Strategiepapier im November 2006 und der Bewerberauswahl im September 2007 ist kurz für den Aufbau einer Vernetzungsstelle. Sachsen hat es geschafft und mit der SIGV (Sächsische Informationsstelle für Gemeinschaftsverpflegung) eine unabhängige Institution zur Vernetzung, Beratung und Weiterbildung im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung aufgebaut. 97 Prozent der Kinder in Sachsen besuchen eine Kita. Dort werden mehr als sieben Millionen Mittagessen ausgegeben. Allerdings sind nur 31 Prozent der Speisepläne nach Zusammenstellungen und Bewertungen der so genannten Bremer Checkliste ausgerichtet. Deshalb will die SIGV den Austausch zwischen Eltern, Caterern und Entscheidungsträgern verbessern.
Die DGE in MV hat den Titel der Tagung bewusst mit Bindestrichen versehen, so Prof. Meier. Die Bindestriche sollen als Platzhalter für Bindewörter (wie und, oder, statt, weil...) stehen. So könne jeder sein Umfeld überprüfen, in welchen Verhältnis die Begriffe stehen.
Lesestoff:
www.kiggs.de
www.dge.de
www.schuleplusessen.de
www.evb-online.de
www.fke-do.de
Roland Krieg