Es kann nur ein Nutella geben
Ernährung
EU will gegen Doppelstandards vorgehen
Der EU-Agrarrat hat sich vor Monaten mit den Vorwürfen aus Osteuropa auseinandergesetzt, dass Westlebensmittel im Osten mit niedrigerem Standard auf den Markt kommen [1].
Der Kekshersteller Bahlsen hat im Juni darauf reagiert und streicht billiges Palmöl aus der Rezeptur für Ostware und verwendet seitdem genauso viel „gute Butter“ wie für den westlichen Gaumen. Es gibt aber noch weitere Beispiele: Fischstäbchen enthalten weniger Fisch, Kaffeeprodukte weniger Koffein aber mehr Zucker und in Eistee wird Zucker durch künstliche Süßstoffe ersetzt. Die Slowakei erwägte bereits einen Boykott gegen solche Praktiken und EU-Präsident Jean-Claude Juncker versprach in seiner Rede zur Lage der Union am 13. September eine Stärkung der nationalen Befugnisse „gegen diese illegalen Praktiken vorzugehen“. Damit das gelingt wird die Kommission eine bessere Methodik für Vergleichsprüfungen entwickeln und einen Verhaltenskodex formulieren. Sie hat auch bereits Kontakt zur Lebensmittelindustrie aufgenommen und wird am 13. Oktober am Verbrauchergipfel teilnehmen, der das Thema auf Ministerebene hebt.
Die EU-Verbraucherkommissarin Vera Jourová sagte am Dienstag: „Zwei verschiedene Produkte in derselben Markenverpackung anzubieten, ist irreführend und unfair gegenüber den Verbrauchern. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir grenzübergreifende Probleme nur lösen können, wenn wir auf EU-Ebene zusammenarbeiten. Allzu lange ist es den Mitgliedstaaten alleine nicht gelungen, den richtigen Weg zu finden, um dies in Angriff zu nehmen. Ich bin entschlossen, dieser Praxis, die nach EU-Recht verboten ist, ein Ende zu setzen und dafür zu sorgen, dass alle Verbraucher gleichbehandelt werden.“
Mit der Formulierung von Leitlinien hat die Kommission am Dienstag den ersten Schritt gemacht. In der Orientierungshilfe werden die einschlägigen Anforderungen der EU-Lebensmittel- und der EU-Verbraucherschutzrechtsvorschriften aufgeführt und erläutert, die von den Behörden herangezogen werden können müssen, wenn sie ein mögliches Problem mit einem Produkt von zweierlei Qualität prüfen:
- die Lebensmittelinformationsverordnung (EU 1169/2011) , die verlangt, dass die Verbraucher wahrheitsgemäße, ausreichende Informationen über ein bestimmtes Lebensmittelprodukt erhalten; zum Beispiel müssen auf Lebensmitteletiketten alle in einem Produkt enthaltenen Zutaten angegeben werden;
- die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (EG 2005/29), die unfaire Geschäftspraktiken verbietet, etwa die Vermarktung von Produkten unter derselben Marke in einer Weise, die den Verbraucher irreführen könnte.
Der Leitfaden erläutert auf der Basis der beiden Verordnungen Schritt für Schritt, einem Verstoß nachzugehen, festzustellen und über den gemeinsamen Verbraucherschutz zu korrigieren.
Bis Herbst will die Lebensmittelindustrie mit einem Verhaltenskodex nachziehen.
Lesestoff:
[1] Doppelstandards: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/eu-agrarrat-in-bruessel-9980.html
Roland Krieg