Es geht um die Bio-Wurst

Ernährung

Gemüsesaft ist ein nicht zugelassener Zusatzstoff

Seit März 2013 geht es bei Bioland gerichtlich um die Wurst. Der Anbauverband verbietet die Verwendung von Nitritpökelsalz in der Wurst. Die rund 120 Metzger verwenden deshalb konzentrierten Gemüsesaft wie Rote Beete-Saft für das Pökelaroma in Kochschinken und Fleischwurst. Außerdem färbt der Saft die Wurst rötlich. Sonst bliebe sie grau, was den Verkauf deutlich erschwert.

2013 jedoch gab es einen Kläger, der bemerkte, dass konzentrierter Gemüsesaft kein zugelassener Zusatzstoff in Lebensmittel sei. Was ein Lebensmittelzusatzstoff ist, regelt die EU-Verordnung 1333/2008 (EG). Darin heißt es: Es „ist ein Stoff, mit oder ohne Nährwert, der in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung … zugesetzt wird, wodurch er selbst oder seine Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können.“

Juristensprache ist schwer. Für Juristen aber wohl eindeutig. Denn sowohl das Verwaltungsgericht Hannover 2013 als auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg 2014 folgten buchstabengetreu dem Text und verboten die Verwendung des Gemüsesaftes. Um konzentrierten Gemüsesaft als Lebensmittelzusatzstoff registrieren zu lassen, müssten Zeit und Geld aufgewandt werden. Bioland geht zudem von einer anderen Sichtweise aus: Der Rote-Beete-Saft selbst sei ein Lebensmittel und daher kein Zusatzstoff. „Das übliche Verfahren mit dem Konservierungsmittel Nitritpökelsalz hinterlässt einen hohen Restnitritgehalt in der Wurst und damit das Risiko der Entstehung gesundheitsgefährdender Nitrosamine“.

Der Streit ging in dritter Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht Leipzig, das am Donnerstag erneut die Verwendung untersagte. Wie in den Vorinstanzen steht der Herstellungsprozess im Fokus. Die Metzger verwenden keinen Saft, sondern ein pulverförmiges Konzentrat, dem das Wasser entzogen wurde und mit Hilfe einer Starterkultur aus nitratreichen Gemüsen und Gewürzen gewonnen wird. Der technologische Zweck ergebe sich aus der Vermeidung von Fettranzigkeit im Produkt. Der Herstellungsprozess verwende dazu Stoffe, die üblicherweise nicht als Lebensmittel verwendet werden „Dagegen spreche der stark erhöhte Nitratgehalt der Konzentration und die gesundheitliche Erwägung, die Nitrataufnahme über Gemüse so gering wie möglich zu halten“, heißt es beim BVerwG. Das Gericht konnte zudem keine prägende Wirkung der Konzentrate als Lebensmittel feststellen. Auch handhaben Hersteller von Bio-Fleischwaren die Verwendung von Nitritpökelsalz unterschiedlich. Zuletzt hat das Gericht auch die Umfärbung beurteilt. Lebensmittel, die eine färbende Nebenwirkung haben, gelten zwar nicht als Lebensmittelzusatzstoff – im vorliegenden Fall jedoch sei das Umröten der Produkte der Hauptzweck. Demzufolge brauche das Konzentrat eine Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff.

Bioland argumentiert wie der Metzger aus Hildesheim: Der Gemüsesaft ist ein unbedenkliches Lebensmittel. Bioland fürchtet, dass einige Würste nicht mehr angeboten werden könnten.

Da der Hintergrund der Verordnung eine europäischer ist, bliebe jetzt noch der Gang zum Europäischen Gerichtshof. Aber auch das kostet Zeit und Geld. Am Donnerstagabend war Bioland für diese Information nicht mehr erreichbar.

Lesestoff:

VG Hannover 9A 52/12

OVG Lüneburg 13LC 110/13

BVerwG 3 C 7.14

Roland Krieg

Zurück