Essalltag berufstätiger Mütter

Ernährung

Wer plädiert für die Schulverpflegung?

Im Berufsalltag sind Frauen immer mehr gefragt. Hinzu kommt, dass der demografische Wandel ab 2014 auch kaum noch Alternativen bereit hält. Damit verändern sich nach Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe vom Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaften der Justus-Liebig-Universität in Giessen auch der Alltag für Kinder und stellt neue Anforderungen an die Schulverpflegung. Auf den Düsseldorfer Intermessen stellte sie anhand einer Studie heraus, dass berufstätige Mütter mit zwei Kindern Netzwerkerinnen sind. Wann und wer mit wen isst und wo gegessen wird, ist abhängig von ihren Einstellungen. Verpflegen sie die Kinder selbst, sind es die Großmütter oder soll es die Schulverpflegung sein?

Logistisches Problem
In Deutschland steht die Erwerbsarbeit in den Schlagzeilen, die jedoch lediglich rund 52 Milliarden Stunden im Jahr geleistet wird. Die unbezahlte Arbeit, von der 76 Prozent auf den Haushalt entfallen, nimmt nach Dr. Meier-Gräwe etwa 109 Milliarden Stunden im Jahr ein. Spätestens wenn die Kinder in die Schule gehen, stehen berufstätige Mütter oft vor dem „Super-Gau“. Trotzdem versuchen sie mehrheitlich Familienmahlzeiten zu organisieren. Die Studie der Giessener Wissenschaftlerin konnte die kulturkritische These von der Auflösung gemeinsamer Mahlzeiten nicht bestätigen. Gerade Mütter legen Wert auf eine gesunde Ernährung.
Wer dabei Vollzeit arbeitet verbringt lediglich 17 Minuten täglich mit einer Außer-Haus-Verpflegung. Fast ein Drittel isst zu Hause.
Das ist möglich, wie viel Frauen nur vier Stunden oder auch Selbstständig von zu Hause aus arbeiten.
Die Studie hat auch herausgebracht, dass das Geschlechterverhältnis von den Beteiligten aktiv hergestellt wird. Männer beginnen erst mit familiärer Hausarbeit, wenn die Frau eine Vollzeitstelle angenommen hat. 72,1 Prozent aller Männer zwischen 20 und 25 überlassen die Ernährungsversorgung der Frau, der Mutter oder der Oma.

Typisierung
Die Studie hat verschiedene Typen herausgebildet.
Die familienorientierte Traditionalisten sind die typische Gymnasiallehrerinnen, die Mittags wieder zu Hause sind. „Sie organisieren auch das Ballettprogramm der Kinder“, so Meier-Gräwe. Sie wissen ihre Kinder gesund zu ernähren und investieren darin auch Zeit.
Die pragmatischen selbstständigen Mütter hingegen setzen auf die Schulverpflegung und verzichten auf den Lieferservice. Sie können sich die Beiträge der Gemeinschaftsverpflegung auch leisten.
Die aufopferungsvollen Umsorgerinnen haben in der Regel einen 400-Euro-Job und verwöhnen ihre Kinder. Sie definieren ihre Identität nicht über die Arbeit. Sie haben kaum Urlaub, der Haushalt wenig Regeln und der Geschmack des Essens richtet sich an dem der Männer aus. Essen hat in solchen Haushalten einen kompensatorischen Charakter, es gibt viel Fleisch und „gegessen wird wie im Industriezeitalter“, wo es auf jede Kalorie ankam.
Die berufsorientierten Netzwerkerinnen sind die Mütter, die für die Schulverpflegung „total offen“ sind und sich in dem Bereich auch engagieren. Wenn es die Möglichkeit nicht gibt, gibt es pragmatisch auch schon mal Dosenravioli auf dem Mittagstisch. Hier helfen die Männer zwar im Haushalt – aber ohne Eigeninitiative. Sie kaufen nach Einkaufszettel, schreiben ihn aber nicht.
Sorgen machen der Haushaltsexpertin die Armutshaushalte in Deutschland, bei denen der Themenkreis Ernährung und Gesundheit nicht zur Tagesordnung gehört. Sie beschäftigen sich mit anderen Alltagsproblemen. Sie haben auch keine finanzielle Basis, um sich an der Schulverpflegung zu beteiligen. Kenntnisse und Fähigkeiten für eine ordentliche Haushaltsführung sind gering ausgeprägt. Dr. Meier-Gräwe sieht für diesen Kreis einen hochgradigen Unterstützungsbedarf, der von der Gesellschaft getragen werden muss.

roRo

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