EU regelt „Schlachtverordnung“ neu
Ernährung
Tierschutzverbände sehen Verbesserung im Schlachthaus
Am Donnerstag hat die Europäische Kommission einen Vorschlag angenommen, der den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung verbessert und ihre tiergerechte Behandlung gewährleistet. Die bestehende Verordnung 93/119/EC galt in der letzten Zeit als überaltert und wurde mit den Vorschlägen angepasst.
„Gesellschaftliche Pflicht“
EU-Kommissarin Androulla Vassiliou: „Es ist unsere gesellschaftliche Pflicht, für den Schutz der Tiere zu sorgen. Dies umfasst die Minimierung von Leid und Vermeidung von Schmerzen im Verlauf des gesamten Schlachtvorgangs. Die geltenden EU-Bestimmungen sind veraltet und müssen überarbeitet werden. Mit diesem Vorschlag werden die Behandlungen der Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung grundlegend verbessert, die Innovation gefördert und gleiche Ausgangsbedingungen für die Schlachthofbetreiber geschaffen.“
Schlachthöfe müssen zukünftig Personal beschäftigen, das für den Tierschutz verantwortlich ist und für die Ausbildung und deren Nachweise für das gesamte Personal Sorge trägt. Hersteller von Betäubungsgeräten müssen Anleitungen zur Einhaltung von Tierschutzbestimmungen bereit halten und einige Normen an die aktuelle wissenschaftliche Datenbasis anpassen. Im Falle von Massentötungen im Seuchenfall müssen die Behörden künftig eine höhere Rechenschaft ablegen.
Tragbare Kosten
Bezogen auf die Lebensmittelsicherheit wird in den Schlachthöfen ein HACCP-System eingeführt. Der Hazard Analysis Critical Control Point (HACCP). Es sollen in Bezug auf den Tierschutz standardisierte Arbeitsanweisungen geschaffen und verbindlich festgelegt werden. So soll beispielsweise die Wirksamkeit von Betäubungen anhand von tierorientierten Indikatoren geprüft werden inwieweit die Wirkung auch bis zur Schlachtung anhält.
Die Kosten sollen für die Schlachthöfe erträglich sein. Kleine Schlachtbetriebe sind von der Anstellung zusätzlichen Personals für den Tierschutz ausgenommen und die großen Betriebe hätten auf freiwilliger Basis bereits vergleichbares Personal in der Vergangenheit eingestellt.
Tierschützer sehen Fortschritte
Grundsätzlich begrüßt der Deutsche Tierschutzbund die neuen Regelungen. „Die Zustände in den Schlachthöfen in der gesamten EU sind teils unerträglich“, so Wolfgang Apel, Präsident des Tierschutzbundes. Weil aber der Tierschutzbeauftragte im Schlachthof Angestellter des Betriebs ist, fürchtet Apel um die Unabhängigkeit der Beurteilungen. Über die Verordnung hinausgehend, will Apel auch die privaten Schlachtungen und Tötungen von Fischen in der Aquakultur geregelt wissen.
Auch Peter Stevenson von der britischen Tierschutzorganisation Compassion in World Farming ist grundsätzlich mit den Verbesserungen einverstanden. Die neue Regelungen werden einiges in den Schlachthöfen verbessern. Stevenson bemängelt, dass die EU sich um das Thema Kohlendioxid zu Betäubungszwecken herumdrückt und nicht verbietet. Mit CO2 werden Schweine vor dem Schlachten betäubt. Die Tiere zeigen vor ihrem Tod jedoch, so Stevenson, immer noch Hyperventilationen und Schnappatmung. In der britischen Kritik steht auch trotz betonter Religionsfreiheit das Schächten von Tieren. Hierbei wird den Tieren nach religiösem Brauch bei vollem Bewusstsein die Kehle durchschnitten. Von dieser Tötungsart solle die EU Abstand nehmen und verbieten, so Stevenson.
Sanftes Töten
Der in dieser Woche in Köln mit einem silbernen Selly des Bio-Handelswettbewerbs geehrte Preisträger Herrmannsdorfer Hofmarkt im bayrischen Glonn beschrieb wie die Tiere dort geschlachtet werden. Die Tiere kommen einen Tag vorher auf den Hof und verbringen eine Nacht in einem richtigen Stall. Am nächsten Morgen gegen fünf Uhr holt der Metzger die Tiere ab. Er ist wie ein Bauer gekleidet und die Tiere erleben vor ihrem Tod eine Stallatmosphäre, so dass sie keinerlei Anzeichen von Stress aufweisen, sagte Ladenbesitzer Schweisfurth.
Dass diese Methode des „sanften Tötens“ beim derzeitigen Fleischkonsum nur gering skalierbar ist, zeigen Zahlen einer Großschlachterei: Dort werden in einer Stunde 300 Schweine oder 8.000 Hühner getötet.
Schlachtungen EU
In europäischen Schlachthöfen werden jährlich rund 360 Millionen Schweine, Schafe, Ziegen und Rinder sowie mehrere Milliarden Stück Geflügel zur Fleischgewinnung getötet. Hinzu kommen rund 25 Millionen Pelztiere. Im Rahmen einer Seuchenkontrolle kann es erforderlich sein, dass Tausende bis Millionen Tiere zusätzlich gekeult werden. Die Tötungen von männlichen Eintagsküken beziffert die EU auf rund 330 Millionen.
roRo