Fleischgenuss eine Gesundheitsfrage?
Ernährung
Gesünder? Fleischesser haben sich zu früh gefreut
In der letzten Woche haben sich vor allem die Medien der Fleischnahen Presse zu früh gefreut: Vegetarier seien ungesünder und Fleisch hilft der Gesundheit. Die Meldung basiert auf einer Studie der Universität Graz, die jetzt von Dr. Markus Keller und Hans-Helmut Martin vom Verband der Unabhängigen Gesundheitsberatung (UGB) kritisiert wurde.
Von den 15.000 Studienteilnehmern waren nur 2,2 Prozent „Vegetarier“, die zum größten auch noch Teil Fisch verzehrten und mit 0,2 Prozent Veganer waren. Der überwiegende Rest waren Fleischesser mit geringem und hohem Konsum an Fleisch. Der UGB kritisiert das merkwürdige Verständnis von „Vegetariern“, da sie ja eben auch Fisch verzehren. Es wurde also keine repräsentative Gruppe von Vegetariern mit einer repräsentativen Gruppe von Fleischessern verglichen.
Einen hochsignifikanten Zusammenhang zwischen
Krankheiten und Ernährungsweisen haben die Ernährungswissenschaftler des UGB
nur bei Allergien festgestellt. 30 Prozent der „Vegetarier“ und 16 Prozent der
Viel-Fleischesser gaben Allergien an. Tatsächlich überschätzen die Menschen
diese aber. 19,4 % der Erwachsenen in Deutschland von einer allergischen
Erkrankung betroffen. Zieht man Asthma bronchiale ab, sind es noch 14,4%. Die
Teilnehmer der österreichischen Studie wären somit deutlich
überdurchschnittlich von einer Allergie betroffen. Das könnte bedeuten, dass
viele sich fälschlicherweise als erkrankt bezeichnet haben und/oder dass bei
den Vegetariern viele die Ernährungsform aufgenommen haben, weil sie eine
Allergie haben (oder zu haben glauben).
Pikanterweise verschwiegen wird, dass Inkontinenz bei den Fleischessern gemäß
der Studie deutlich öfter vorkommt als bei den Vegetariern (6,4 % vs. 2,1 %).
Völlig unhaltbar ist die Behauptung in populistischen Pressemeldungen, dass Vegetarier „150 % mehr Herzinfarkte“ verzeichnen als Fleischesser. Der p-Wert liegt bei .610, der Zusammenhang ist damit nicht signifikant (sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit zufällig). Beim Schlaganfall sieht es übrigens umgekehrt aus (auch nicht signifikant) - aber das war in den Pressemeldungen keine Erwähnung wert.
Lesestoff:
Originalstudie: Burkert N, Muckenhuber J, Großschädl F, Rásky E, Freidl W: Nutrition and Health – The Association between Eating Behavior and Various Health Parameters: A Matched Sample Study. PLoS ONE 9(2): e88278. doi:10.1371/journal.pone.008827 www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0088278
Der Weg zur UGB-Stellungnahme: www.ugb.de/forschung-studien/fleischesser-nicht-gesuender-als-vegetarier/
roRo