Foodtropolis
Ernährung
Essen aus Stadt und Land
Die Richtung, in die Menschen ihren Konsum korrigieren müssen, ist klar: Vom Kleid über die Mobilität bis zur Ernährung müssen die Konsummuster wieder in die planetaren Grenzen gebracht werden. Die steigende Zahl an Menschen mit ihrem steigenden Konsum hat die Balance aus dem Gleichgewicht gebracht. Der virtuelle Global Food Summit von Stephan Becker-Sonnenschein hat vergangene Woche mit dem Begriff „Foodtropolis“ das Kernthemen benannt, das in den meisten Diskussionen untergeht: Die Stadt. Bis 2050 werden 80 Prozent der produzierten Nahrung in Städten verzehrt. Dort fallen dann auch ein Drittel der globalen Lebensmittelabfälle im Wert von 680 Milliarden US-Dollar pro Jahr an. Das Land, die Landwirtschaft, wird zehn Milliarden Menschen bei aktuellem Verzehrmuster nicht mehr ernähren können. Oriana Romano von der Organisation für Wirtschaft und Entwicklung (OECD) sagte am Freitag im Abschlusspanel, die Stadt wird in der Betrachtung in Richtung Bio-Ökonomie unterschätzt.
Den Wandel kennen
Die Not für einen dringenden Handlungsbedarf betonte Máximo Torero, Chefökonom von der Welternährungsorganisation FAO. Asymmetrische Konflikte und die Pandemie verstärken den Druck noch. Die Erfolge im Kampf gegen den Hunger haben Waffen und Virus um mehr als zehn Jahre zurückgeworfen, erklärte Torero. Das Ziel der Agenda 2030, allen Menschen eine gesunde Nahrung zur Verfügung zu stellen, kann erreicht werden. Der Wandel der Ernährungsmuster hin zu einer nachhaltigen Form allerdings genauso wenig, wie den Ausbau nachhaltiger natürlicher Produktion, Verteilungsgleichheit oder dem Aufbau von resilienten Sicherungssysteme.
Kreislaufwirtschaft und Bio-Ökonomie sind die Schlüsselbegriffe der Transformation. Für die Landwirtschaft bedeute das eine Verbesserung der Produktion und der Anbausysteme. Die Kohlenstoffketten, die heute aus Öl und Erdgas synthetisiert werden, müssen demnächst aus der Biomasse von Pflanzen stammen und Gebrauchsgüter, wie Grundstoffe für Chemikalien, Kunststoff Pharmazie und Energie müssen erneuerbar sein. Innovation und Wissenschaft sind die Schlüsselworte für Toreros Instrumente der Schlüsselziele. Dazu gehören auch die neuen Züchtungstechniken, wie er betonte.
Kreislaufwirtschaft richtig verstehen
Die Kreise sind oftmals nicht richtig geschlossen, erklärte Romano. Die Städte arbeiten aber daran und setzen derzeit den Fokus auf die Ernährung. In 65 Prozent der städtischen Strategien für die Kreislaufwirtschaft steht die Ernährung auf der Agenda. Die Italienerin weist der Politik eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft zu. Es gehe weniger um die Frage, ob die richtige Landnutzung oder Verringerung der Lebensmittelverluste wichtiger sind, in der Politik herrsche noch immer das Silodenken vor, das ausgewogenen sozial-ökonomischen Kreisläufen entgegenstehe.
Volker Heinz vom Deutschen Institut für Lebensmitteltechnologie (DIL) in Quakenbrück ergänzt, es gebe zu viele Lücken im Forschungs- und Entwicklungsansatz der Nahrungsmittelindustrie. Änderungen finden zu oft auf der Angebotsseite, aber nicht bei Verarbeitern oder gar dem Handel statt. Auf der Nachfrageseite überwiegen die marketingorientierten Verbesserungen und folgen weniger den wissenschaftlichen Ansätzen.
Die Gesellschaft zeige sich nach Dirk Voeste von BASF, als zu wissenschaftsskeptisch. China, Südkorea und die USA liefen in Siebenmeilenstiefeln vorne weg. Dabei spiele die Landwirtschaft eine zentrale Rolle in der Transformation.
Voeste befürchtet, dass der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ zu eng auf Recycling fokussiert wird. Grundsätzlich müssen Produkte eine längere Lebens- und Nutzungsdauer erfahren. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum es nach Romano zwar viele erfolgreiche Nischensysteme gebe, die aber von der Marktreife noch ganz weit weg sind.
Vertikaler Pflanzenbau
Etwas anders sieht es beim Vertical Farming oder Gardening aus. Aktuell bringt Nordic Harvest drei Tonnen Salate und Kräuter pro Woche in den dänischen Lebensmittelhandel. Das Gemüse und die Gewürzpflanzen werden in vertikalen Systemen angebaut und machen sich von der Landwirtschaft unabhängig. Der amerikanische Professor Joel Cuello ist Vizevorsitzender der Vereinigung für Vertical Farming (AVF) und sieht diese Ressourcen schonende Anbauweise als eines der wichtigsten Elemente für die Ernährung der Städte. Als Baustein wird sie unterschiedlich schon genutzt und die Kontinente bauen die Vertikalpflanzen in ihre Kultur individuell ein. Die Japaner haben das gesamte Konzept schon in die Architektur integriert.
Roland Krieg
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