Forscher fordern Vitamin E-Industrie heraus

Ernährung

Vitamin E-Metaboliten sind hochreaktiv

Vitamin E ist eine Gruppe von acht fettlöslichen Vitaminen, die eine antioxidative Wirkung haben. Natürlicherweise kommt Vitamin E in Weizenkeim-, Sonnenblumen- und Olivenöl vor, sowie in Hasel- und Walnuss, Mandeln, Avocado, Schwarzwurzel, Fenchel und Mais. Vitamin E ist Bestandteil tierischer Biomembranen, kann aber nur von Pflanzen gebildet werden.

„Anti-Aging-Reagens”
Das Interesse an Vitamin E gilt seiner Wirkung als lipidlösliches Antioxidans, da es in der Lage ist mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Membranlipiden, Lipoproteinen und Depotfett vor einer Oxidation, also Zerstörung, zu bewahren. Die so genannten freien Radikale würden sonst die Doppelbindungen der Fettsäuren angreifen und die Membranschicht in den Zellen zerstören.
Vier der acht Substanzen mit Vitamin E-Aktivität werden Tocopherol genannt, die vier andern Tocotrienole. Das für die Menschen bedeutsamste Molekül ist alpha-Tocopherol. Die Wirkung als Antioxidans beruht auf der Reaktion eines Molekülteils mit gebildeten Lipid-Peroxyl-Radikalen, womit die Zerstörungskette der Oxidation unterbrochen wird. Genau das macht Vitamin E als Anti-Aging-Reagens berühmt – es fängt die freien Radikale und „stoppt die Alterung“. Und es ist lukrativ für die Wellness-Industrie, die maßgeschneiderte Produktentwicklungen auf den Markt bringt.

Biologische Prozesse sind komplex
Unter dem Mikroskop zeigen sich bei höherer Vergrößerung mehr Details. Um ein biologisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, muss Thomas Rosenaudas Tocopherol-Radikal wieder zum Ausgangsmolekül „zurück“ reduziert werden. Das ist nur mit anderen Antioxidantien möglich und weist darauf hin, dass der Prozess sehr komplex ist.
Bislang wurde Vitamin E jedoch nur auf seine antioxidative Wirkung reduziert betrachtet, sagt Prof. Thomas Rosenau vom Institut für Chemie an der Universität für Natürliche Ressourcen und Angewandte Lebenswissenschaft in Wien. Vernachlässigt wurde bislang die chemische Basis. Im Umwandlungsprozess des Vitamins zum Fängermolekül für freie Radikale entstehen Strukturen, die auf kohlenstoffzentriertem Chinonmethid basieren.
„Grundsätzlich sind solche Strukturen nur wenig stabil und weisen eine kurze Lebensspanne auf. Das macht es äußerst schwierig, deren Existenz zu belegen und sie zu untersuchen.“ Das Team um Prof. Rosenau hat jedoch die Lebensdauer dieser Umwandlungsmoleküle auf zwanzig Minuten erhöht und die Strukturen genauer analysiert.

Radikalenfänger kann selber Schaden anrichten
In der aktuellen Ausgabe von „The Journal of Organic Chemistry and Chemistry“ hat er seine Ergebnisse formuliert. Dabei ist die Existenz dieser kohlenstoffzentrierten Radikale nicht nur von akademischem Interesse. Diese Radikale sind selbst äußerst reaktiv und können daher selbst Schäden an den Zellen hervorrufen. Gerade angesichts der weiten Anwendung von fettlöslichen Antioxidantien in der Medizin, im Gesundheitswesen, Lebensmitteln und Kosmetika sei es daher dringend notwendig, alle gefährlichen Seiten auch der Zwischenprodukte zu erforschen, die auf Patienten und Konsumenten einwirken können.

Lesestoff:
Die Forschungsarbeit ist erschienen: T. Rosenau, E. Kloser, L. Gille et al. : Vitamin E Chemistry. Studies into initial Oxidation Intermediates of alpha-Tocopherol: Disproving the Involvement of 5a-C-centred “Chromanol Methid” Radicals. J. Org. Chem. 2007, 71, 3268 – 3281. DOI: 10,1021/jo062533j
Diplom-Lebensmittelchemikerin Dagmar Pollok legte 2004 ihre Doktorarbeit „Bestimmung von Tocopheroloxidationsprodukten in Humanserum“ vor, in der gute Übersichten der Metaboliten vorhanden sind: http://edocs.tu-berlin.de/diss/2004/pollok_dagmar.pdf

roRo; Bild: Thomas Rosenau

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