Frisch gepresst an der Bar

Ernährung

Saftbars im Hygiene-Check

Beim Warten am Bahnhof, beim Shoppen im Einkaufscenter – in solchen Situationen verheißen frisch­gepresste Säfte von Saftbars den gestressten Menschen einen Frischeschub. Doch es gibt Berichte, dass die „Säfte to go“ gerade im Sommer mit Keimen belastet sein können. test hat Orangensäfte aus 14 Saftbars auf Keime und Pestizide untersucht – und wurde fündig.

Temperatur messen: Diese Probe war nach dem Kauf 13,4 Grad Celsius warm. Nach dem Pressen soll Saft kühl lagern

Zweifel an der mikrobiologischen Qualität

Am Bahnhof, auf dem Wochenmarkt, im Einkaufscenter und in der Fußgängerzone locken Saftbars. Dort tanken Menschen auf, die unterwegs sind. Sie trinken frisch­gepresste Säfte, vor allem aus Orangen, Karotten und exotischen Früchten. Ein 0,2-Liter-Becher kann 2,40 Euro kosten – ein stolzer Preis. Als Gegenleistung gibt es das gute Gefühl, etwas Gesundes und Wohlschmeckendes zu erhalten. Doch tun wir uns wirklich Gutes mit den Getränken? Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat da seine Zweifel. Es sorgt sich, dass es mit der mikrobiologischen Qualität von offen angebotenen, frisch­gepressten Frucht- und Gemüsesäften aus Saftbars nicht zum Besten steht. Daher soll sich die amtliche Lebensmittelüberwachung jetzt verstärkt um diese Getränke kümmern.

Frisch gepresst, aber fast verdorben

Der Hygiene-Check der Stiftung Warentest in 13 Berliner und einer Potsdamer Saftbar fällt besser aus als gedacht: Das Ergebnis spricht im Großen und Ganzen für die „Säfte to go“. Sieben sind in puncto Keime gut oder besser, fünf befriedigend, einer ausreichend und einer mangelhaft. Kein Orangensaft war frei von Pestizidrückständen. In keinem der 14 Orangensäfte fanden wir Krankheitserreger wie Listerien oder Salmonellen. Dennoch hatte das Getränk von Saft Schubser ein gravierendes Problem: Die Gesamtkeimzahl war viel zu hoch, auch die Anzahl an Essig- und Milchsäurebakterien sowie Hefen. Das sind Hinweise darauf, dass der Saft schon fast verdorben war – mikrobiologisch ist das mangelhaft.



Mechanik gegen Elektrik. Nicht auf die Presse kommt es an, sondern auf die Hygiene. Sie beginnt mit gesunden, sauberen Früchten und endet mit dem Reinigen der Geräte


Saft mit gäriger Note

Das machte sich auch sensorisch bemerkbar. Der Verderb ließ sich bereits riechen: Der Saft hatte eine gärige Note. Außerdem schmeckte er kräftig bitter und deutlich nach anderen Früchten. Der Testkäufer fragte nach, ob der Entsafter auch für andere Früchte genutzt werde, was das Personal von Saft Schubser bejahte. Egal ob vollautomatischer Entsafter oder Handpresse – die Betreiber müssen beides regelmäßig reinigen, vor allem wenn sie die Fruchtsorten wechseln. So lassen sich „geschmackliche Verschleppungen“, wie Prüfer das nennen, verhindern. Das bringt auch mikrobiologische Vorteile: In Saftresten und Pressrückständen gedeihen Keime bestens. Gerade im offenen Verkauf lassen sie sich nicht ausschließen. Umso mehr kommt es auf Sauberkeit im Laden an, auf hygienisch arbeitendes Personal und das Verarbeiten gesunder Früchte. Unser Test zeigt: Bei guter Betriebshygiene macht es keinen Unterschied, ob ein Saft vor den Augen des Kunden gepresst wird oder vorgepresst aus einem Krug fließt. Beim Lagern ist es aber wichtig, dass der Krug abgedeckt und gekühlt aufbewahrt wird, bei maximal 7 Grad.

Pestizide aus dem Fruchtfleisch

Die Industrie füllt die Handelsregale mit abgepacktem Orangensaft. Ihr Rohstoff sind meist Orangen direkt vom Baum, unbehandelt und im Ernteland gepresst. Unsere Tests von Orangensäften aus Flaschen und Kartons zeigen: Ihre Früchte weisen in der Regel keine Pestizidrückstände aus dem Anbau auf. Von den Orangensäften aus den Saftbars waren alle sehr gering oder gering mit einem Wirkstoff aus dem Orangenanbau belastet.

Pestizide von der Schale

Anders als Saftfabriken verwenden Saftbars hierzulande kein frischgepflücktes Obst, sondern Tafelobst. Im Fall von Orangen sind das Früchte, auf deren Schale nach der Ernte meist sogenannte Oberflächenbehandlungsmittel aufgebracht wurden. Sie zählen zu den Pestiziden, sollen die Früchte auf dem Transport zum Beispiel aus Spanien, Südafrika oder Italien vor allem vor Schimmel schützen. Die Behandlung muss kenntlich gemacht werden. Auf dem Etikett von Zitrusfrüchten steht dann etwa „behandelt mit Thiabendazol und Orthophenylphenol“ oder „konserviert mit Imazalil“. Beim Pressen können diese Pestizide von der Schale in den Saft gelangen. Im Test waren drei Säfte deutlich mit Orthophenylphenol belastet. Zudem fanden wir noch Thiabendazol und Imazalil. Imazalil wiesen wir mit einer Ausnahme in jedem Saft nach. Die Rückstandsgehalte stellten aber kein gesundheitliches Risiko dar. Trotzdem sollten Saftbars die Pestizide ernst nehmen und gegensteuern, etwa die Früchte vor dem Pressen mit warmem Wasser abwaschen oder aber zu unbehandelten Orangen oder Biofrüchten greifen.





Gut gekühlt. Bei McConell’s Obsttresen im Hauptbahnhof Berlin stehen die Säfte kühl in der Theke

Geschmack meist gut

Bis auf Vitabell und Froodster erfüllen alle Säfte im Test eine wichtige Erwartung: Sie schmecken wie frisch gepresst. Ihr Geheimnis: Enzyme und Mikroorganismen sind noch aktiv. Anders ist das in Industriesäften. Sie werden pasteurisiert, also kurz erhitzt. Das macht sie mikrobiologisch sicher und lange haltbar, kostet aber Aroma. Die Unterschiede zwischen den Safttypen lassen sich schmecken: In den bisherigen Tests schnitten frischgepresste stets besser als pasteurisierte ab.

Fazit: Genuss mit gutem Gewissen

Sie können frisch gepressten Orangensaft aus der Saftbar mit gutem Gewissen genießen. Für ihn sprechen die meist guten Noten in Geruch und Geschmack. Mit einer Ausnahme stellen Keime kein Problem dar, ebenso wenig die meist geringen Pestizidrückstände. Dazu kommt: Orangensaft enthält viel Vitamin C. Schon die Pasteurisierten aus unseren Tests decken mit im Schnitt 70 Milligramm pro 0,2 Liter den Tagesbedarf zu zwei Drittel. Frischgepresster hat laut Studien oft noch ein Drittel mehr. Ideal für Eilige unterwegs am Bahnhof und im Shopping-Center: Wer Stress hat, braucht extra viel Vitamin C.

Lesestoff:

Das August-Heft der Stiftung Warentest ist im Handel, die ausführlichen Testergebnisse sind als Download unter www.test.de vorhanden

Stiftung Warentest (Text und Bilder)

Zurück