Gänsezeit
Ernährung
Gänse und Stutenkerle zu Sankt Martin
In vielen Haushalten kommt am 11. November zu Sankt Martins traditionell eine Gans auf den Tisch und Restaurants bieten festliche Gänseessen an. Wer eine Gans zu Hause zubereiten möchte, sollte einige Hinweise beachten. Angeboten werden im Handel sowohl frische oder tiefgefrorene Gänse.
Nicht über die Stapelgrenze
Beim Einkauf von tiefgefrorenen Gänsen sollten Sie darauf achten, dass die Verpackung nicht beschädigt ist. Gefrierbrand könnte die Folge sein, das Fleisch bleibt beim Zubereiten zäh und ledrig. Auch sollten Sie keine Gans kaufen, die über die Stapelgrenze in der Gefriertruhe hinausragt. Die Stapelgrenze ist an der Seite der Gefriertruhe mit einem Strich markiert. Nur bis zu dieser Grenze ist die optimale Lagertemperatur von -18 °C und darunter gewährleistet. Tiefgefrorene Gänse sind mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum gekennzeichnet. Bis zu diesem Datum behält das Produkt unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine typischen Eigenschaften.
Frische Gänse sind dagegen mit einem Verbrauchsdatum gekennzeichnet. Dieses Datum gibt den Tag an, bis zu dem das Fleisch spätestens verbraucht sein soll. Bei Überschreiten des Datums kann eine gesundheitliche Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Frische Gänse können im Kühlschrank einige Tage gelagert werden, tiefgefrorene im Gefriergerät etwa drei bis sechs Monate.
Eine junge Gans wiegt bratfertig etwa 4.000 bis 6.000 Gramm und reicht normalerweise für sechs bis acht Personen. Zur Zubereitung sollten Sie das Geflügel im Kühlschrank langsam auftauen. Hierzu wird die Verpackung entfernt und die Gans möglichst in ein Gefäß mit Siebeinsatz gelegt und abgedeckt in den Kühlschrank gestellt. Im Kühlschrank braucht eine Gans etwa 20 bis 24 Stunden bis sie vollständig aufgetaut ist.
Auf Hygiene achten
Rohes Geflügelfleisch sollte nicht mit anderen Lebensmitteln, die noch roh verzehrt werden, in Kontakt kommen. Außerdem sollten Sie Hände und Geräte, die mit der Gans in Kontakt kamen, möglichst direkt und gründlich reinigen. Um Salmonelleninfektionen zu vermeiden, ist es wichtig, dass die Gans vollständig durchgegart wird, das heißt, dass überall wenigstens 70 °C erreicht werden. Mit einem Bratenthermometer kann man die Temperatur im Inneren der Gans problemlos kontrollieren.
Machen Sie die Garprobe: Die Gans ist fertig, wenn sich das Fleisch von dem Beinknochen ablöst und der austretende Saft klar ist. Außerdem lässt sich ein Bein leicht aus dem Gelenk lösen.
„Stutenkerl“
Zum 11. November wird auch wieder das Martinsbrot gebacken: Als „Stutenkerl“ ist es in Westfalen bekannt. Eigentlich war seine Zeit das Weihnachtsfest und stellte einen Bischof mit Stab dar. Heute ist der gebackene Mann aus süßem Hefeteig und hat eine kleine Pfeife in der Hand. Sankt Martin teilt im Rheinland das süße Gebäck an seine Helfer aus. In Niedersachsen wird der „Stutenkerl“ zum „Stutenmännchen“ im westlichen Ruhrgebiet zum „Pumann“, in der Pfalz zum „Hefekerl“ und „Dambedei“, im Süddeutschen zum „Klausenmann“ und im friesischen zum „Klaaskerl“.
Mit einem Grundrezept für süßen Hefeteig lassen sich Gebildebrote für St. Martin oder Nikolaus im Handumdrehen selber machen. Mit einer Schablone aus Pappe können die Männchen aus dem ausgerollten Teig einfach ausgeschnitten werden. Zum Bepinseln der rohen Teiglinge eignet sich ein Eigelb, das mit zwei Esslöffeln Milch verquirlt wird. Anschließend Rosinen oder Nüsse für Gesicht und Mantelknöpfe in den Teig eindrücken. Nach circa 20 Minuten bei 200 Grad sind die Hefekerle goldbraun gebacken und nicht nur lecker anzuschauen.
Gänse werden teurer
Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen werden Gänse in diesem Jahr teurer. Zwischen 8,90 und 12,20 müssen Verbraucher wohl auf den Ladentisch legen. Rund 10 Cent mehr als im vergangenen Jahr.
Auch die Gänse aus Osteuropa werden wegen eines kleineren Angebotes teurer. Immer mehr Verbraucher greifen aber zur heimischen Gans. Durch die Freilandhaltung haben die Gänse den größten Teil ihres Lebens im Freien verbracht. Die Gössel kommen schon nach vier Wochen auf die Weide und grasen dort bis zu sieben Monate lang. Die Weidehaltung fördert die Gesundheit und Robustheit der Tiere und trägt zur Entwicklung eines großen Körpers bei. Das vergrößert das Muskelwachstum und sorgt nach Auskunft der Landwirtschaftskammer für ein reifes und aromatisches Fleisch. Und reich an ungesättigten Fettsäuren ist Gänsefett sowieso.
Keine Industriegänse
Heimische Gänse sind für den Deutschen Tierschutzbund auch die Gans der Wahl. Bis Weihnachten stehen die großen Wasservögel auf den Speiseplänen. Doch 80 Prozent der tiefgefrorenen Gänse stammen aus dem Ausland. Dort werden sie in industrieller Intensivhaltung gemästet. Für Verbraucher sei das schwer zu durchschauen, weil die Ware oft mit irreführenden Bezeichnungen wie „vom Bauernhof“ oder „Landkorngans“ angeboten werden. Der Tierschutzbund hält folgende Tipps bereit: Wer für sein Festtagsmenü noch nicht ganz auf Fleisch verzichten möchte, sollte auf die gesetzlich geschützten Kennzeichnungen „Auslaufhaltung“, „bäuerliche Auslaufhaltung“, „bäuerliche Freilandhaltung“, „Bio-“ ‚ oder „Ökogans“ achten. Diese stehen für eine artgerechte Haltung der Tiere mit Auslauf. Doch auch hier gilt: Hände weg von Fleisch mit dem Zusatz „aus Fettleberproduktion“.
Nur 300 Gramm
Zwischen Sankt Martin und Weihnachten werden alleine in Niedersachsen rund 145.000 Gänse gemästet. Nach Angaben des Landvolk Pressedienstes bemühen sich 4.200 Halter um das Wohl der Gänse, die auch zwischen Weser und Ems meistens auf Weiden gemästet werden. Nach Dieter Oltmann, Geschäftsführer des Landesverbandes der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft drückt derzeit noch das Angebot aus Polen auf den Markt. Die Gänse aus Niedersachsen sollen etwas preiswerter als im Jahr 2008 sein und zwischen sieben und neun Euro kosten.
Die frischesten Gänse bekommt der, der mit offenen Augen durch die Lande fährt. Den Weg zur Gans direkt vom Bauern finden Verbraucher über ein Inserat der Tageszeitung, aber auch durch eine Hofbeschilderung. Deutlich Luft nach oben hat der Konsum. Mehr als 300 Gramm im Jahr verspeist der Durchschnittsdeutsche nicht. Das ist lediglich eine kleine Gänsekeule.
Nischenproduktion
An den 300 Gramm wird sich aber auch nicht viel ändern, schätzt der MEG (Marktinfo Eier & Geflügel). Im letzten Jahr hat sich die deutsche Bruttoerzeugung auf 4.200 Tonnen beziffert. Mit einem Blick auf das Schlupfergebnis zwischen Januar und September 2010 sind 971.000 Küken geschlüpft – rund vier Prozent weniger als im letzten Jahr. Die Gänsemast bleibt eine Nische. Die heimischen Gänse reichen nur zu einem Selbstversorgungsgrad von 20 Prozent. Die meisten Gänse kommen aus Polen und Ungarn.
VLE (mit www.aid.de); Foto: aid infodienst