GB: Kein Moratorium über Nanotechnologie

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Englische Nanotechnologiestudie in Berlin vorgestellt

>Im letzten Jahr betrug das Marktvolumen für die Nanotechnologie noch zwei Milliarden Euro. 2010 werden es bereits 100 Mrd. € sein und am Ende der Entwicklung möglicherweise eine Billion Euro, schätzte Mittwoch Abend Prof. Dr. Christion Calliess vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in Berlin. Auf Einladung des SRU stellte Dr. Ian Graham-Bryce, Präsident der schottischen Meeresbiologie und Mitglied der Royal Commission on Environmental Pollution (RCEP) den Ende 2008 fertig gestellten Bericht über Nantechnologie vor. Die RCEP wurde 1970 von der englischen Königin als regierungsunabhängiges Komitee von Wissenschaftlern gegründet, eine Schwesterorganisation der SRU.
Dr. Graham-Bryce unterstützt die These des schnell wachsenden Marktes für Nanomaterialien. Wurden für die Querschnittswissenschaft Nanatechnologie 1994 nur wenige Patente erteilt, waren es 2001 bereits 200 und im Jahr 2007 bereits mehr als 1.700. Wachsen damit auch die Sorgen über den „Attack of the Tiny Particles – be very afraid“? So titelte der Guardian bei der Vorstellung der Studie in England.

Forschung intensivieren
Die britischen Wissenschaftler geben zunächst Entwarnung: Die Untersuchung ergab keine aktuelle Gefährdung für Mensch und Umwelt. Dennoch: Gerade weil die Wirkung der kleinen Teilchen so wenig vorhersagbar ist, müsse die Risikoforschung intensiviert werden.
Marineuniformen haben deshalb goldene Knöpfe, weil das Edelmetall dem Salzwasser widersteht. Doch in die Nanowelt verkleinert, ist Gold ein überaus reaktionsfreudiger Molekülpartner, so Dr. Graham-Bryce.
Im Bereich der Lebensmittel gibt es in Deutschland derzeit kein Produkt, das mit Nanoteilchen versehen ist, doch Kieselsäure als Rieselhilfe und Titanoxid sind bereits seit langem zugelassen und könnten auch nanoskalig Verwendung finden. So ein Positionspapier des Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) zur Tagung des Verbraucherzentrale Bundesverband zur Nanotechnologie im Mai 2008.
Vorsichtig ist auch Dr. Graham-Bryce. Gerade bei neuen Nanomaterialien sind die Eigenschaften nicht absehbar, der Weg durch den menschlichen Körper nicht nachvollziehbar und ein Umweltmonitoring kaum realisierbar.
Es gibt keine einheitlichen Daten über die Giftigkeit der Stoffe, keine Langzeitanalyse über die Wirkung auf Menschen und nur wenig Übereinstimmung, wie eine risikoorientierte Forschung aufgebaut sein sollte.
Dennoch: „Derzeit gibt es keinen vernünftigen Grund für ein totales Verbot oder ein Moratorium“, stellte der Experte klar. Derzeit sind die möglichen Substanzen noch weitgehend durch die Verordnung REACh (Registration, Evaluation, Authorization, Restriction of Chemical substances) abgedeckt. Eine mögliche dritte Generation von Nanopartikeln könnte das nicht mehr sein. Eine spezielle Ausweitung müsse das REACh allerdings bekommen: Die Mindestmenge von einer Tonne hergestellter Substanz für die Registrierung sei angesichts der chemischen Winzlinge viel zu hoch angesetzt.

Empfehlungen
Die RCEP gibt als Empfehlung aus, dass eine Prüfliste für ein Frühwarnsystem erstellt werden soll, wie sie derzeit Kanada in Vorbereitung hat. Die Unternehmen sind in den gesetzlichen Rahmen eingebunden, entdeckte Risiken anzugeben.
Vor allem soll die Öffentlichkeit in den Diskussionprozess mit einbezogen werden. So sollen die Unternehmen offenlegen, „warum sie die Teilchen verwenden wollen“. So kann, Wissen und Erkenntnis vorausgesetzt, der Verbraucher entscheiden, ob er ein Produkt mit oder ohne Nanoteilchen verwenden kann.
Am 12. Januar stellte das RCEP seine Studie in Brüssel der EU vor und die britische Regierung will im Frühjahr 2009 über das DEFRA (Department for Environment, Food and Rural Affairs) eine Antwort auf die Studie fomulieren.

Lesestoff:
Den Bericht über die vzbv-Tagung mit weiterführenden Links finden Sie hier.
Einen Artikel über REACh auf Herd-und-Hof.de finden Sie hier.
Die vollständige Studie des RCEP und eine Kurzfassung finden Sie unter www.rcep-org-uk
Das SRU besuchen Sie online unter www.umweltrat.de

Roland Krieg

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