Gegen die Lebensmittelverschwendung
Ernährung
Europäer verschwenden 100 kg Lebensmittel im Jahr
Nach einer Studie der FAO verschwenden die Europäer
zwischen 95 und 115 Kilogramm Lebensmittel im Jahr. In Afrika südlich der
Sahara sind es nur sechs bis 11 Kilogramm. Angesichts von rund einer Milliarde
hungernder Menschen, knapper werdender Ressourcen und einem Bevölkerungszuwachs
auf neun Milliarden Menschen im Jahr 2050 ein unhaltbarer Zustand. Die Europäer
entsorgen 89 Millionen Tonnen Lebensmittel, die produziert und verarbeitet
wurde. Das entspricht einem CO2-Äquivalent von jährlich 170
Millionen Tonnen.
Im EU-Agrarausschuss hat der Sozialdemokrat Salvatore
Caronna am Dienstag den Initiativbericht gegen die Lebensmittelverschwendung
vorgestellt.
Verluste und Verschwendung
Entlang der Wertschöpfungskette treten Verluste und
Verschwendungen in der landwirtschaftlichen Erzeugung, in Management und Lagerung,
bei der Verarbeitung und bei Vertrieb und Verbrauch auf. Der Bericht „fordert
den Rat, die Kommission und die Mitgliedssaaten auf, Strategien zur Steigerung
der Effizienz der Lebensmittelversorgungskette sowie zur dringlichen Bekämpfung
der Verschwendung von Nahrungsmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette
zu fördern“.
Das Thema wurde nach Caronna lange unterschätzt und ist
mehr als nur ein ethisches und moralisches Problem. Die Verschwendung habe
mittlerweile wirtschaftliche und umweltbezogene Dimensionen erreicht. Weltweit
gehen rund 300 Millionen Tonnen Lebensmittel verloren, etwa die Hälfte der Weltgetreideernte.
Nach Caronna ist der Verlust an Lebensmitteln zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern unterschiedlich. Die reichen Länder summieren ihre Verluste
mehr am Ende der Vertriebskette, bei den Entwicklungsländern geht bei der Ernte
und der ersten Lagerung viel verloren. Das Thema müsse auf die politische
Agenda, um bis 2025 die Verluste in Europa halbieren zu können. 2013 sollte das
Jahr gegen die Lebensmittelverschwendung sein, forderte Caronna.
Allerdings müsse erst noch definiert werden, was eine
Nahrungsmittelverschwendung ist und was Speiseabfälle sind. Hier gebe noch
keine einheitliche Definition.
Maßnahmen
Als erste konkrete Maßnahmen nennt der Bericht den
Verkauf von Lebensmitteln bei Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums zum
halben Preis. Kleinere, portionsgerechte Verpackungen und industrielles
Ökodesign sollen ebenfalls helfen, die Verluste zu minimieren.
Die Aussprache brachte am Vormittag zahlreiche Ansätze.
Vielfach wüssten die Verbraucher nicht, wie viel sie tatsächlich wegwerfen. Billige
Lebensmittel würden auch nicht zum sparsamen Umgang mit den Ressourcen
anreizen. Der Umgang mit Lebensmitteln müsse so effizient sein, wie der Umgang
mit Energie. Man brauche eine Versorgungseffizienz mit Nahrungsmitteln. Dieser
Punkt solle noch Vorrang vor der Ertragssteigerung haben, neun Milliarden
Menschen weltweit sicher zu ernähren. Möglicherweise ist das Thema
Lebensmittelverschwendung auch ein Ausdruck des Wohlstands, wenn von Tieren nur
noch die edleren Teile gegessen werden und die „Resteküche“ ganz aus der
Gedankenwelt verschwunden ist. Aufrechnen könne man auch den Wert der
durchschnittlich 100 Kilogramm weggeworfenen Lebensmitteln mit der oftmals
bemängelten Höhe des Agrarhaushalts.
Lesestoff:
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat für den Herbst eine Strategie angekündet, weniger Lebensmittel zu verschwenden. Die Verbraucherzentrale Bundesverband hat einen Ratgeber „Resteküche“ herausgegeben.
roRo