Gesundheit: Ganz die Mama

Ernährung

Frühe Prägung des kindlichen Stoffwechsels

Für Frauen ist die Schwangerschaft mit der Vorfreude auf das Kind eine ganz besondere Zeit in ihrem Leben. Vielen werdenden Eltern ist jedoch kaum bewusst, dass bereits während der Schwangerschaft die Weichen für ein gesundes Leben gestellt werden. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass unterschiedliche Einflüsse vor und nach der Geburt das lebenslange Risiko für die Entwicklung von Übergewicht, Adipositas und andere Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ2 sowie Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen können. Die Auswirkungen des Lebensstils der werdenden Mutter auf die Gesundheit des Kindes werden unter dem Begriff der perinatalen Programmierung zusammengefasst. In der Phase des raschen Wachstums, also im Zeitraum während der Schwangerschaft sowie in den ersten Lebensmonaten des Kindes, wird die Entwicklung und Funktionsweise von Organen bzw. Organsystemen bestimmt. Nicht nur genetische Faktoren, sondern auch äußere Einflüsse wie Ernährung und Bewegung können langfristige Auswirkungen auf die Funktion des Organismus im späteren Leben ausüben. Dem Lebensstil während der Schwangerschaft und der ersten Lebensmonate des Kindes kommt daher eine entscheidende Bedeutung für die gesundheitliche Entwicklung des Kindes zu. Daher haben präventive Maßnahmen wie eine frühzeitige Aufklärung und Beratung zu den Themen Ernährung und Bewegung langfristige Wirkungen. Da Gynäkologen, Hebammen sowie Kinder- und Jugendärzte wichtige und oft konsultierte Vertrauenspersonen junger Eltern sind, nutzte das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte Modellprojekt „9+12 Gemeinsam gesund in Schwangerschaft und erstem Lebensjahr“ die gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen für die präventiven Beratungen. Im Landkreis Ludwigsburg konnten so über 1.000 junge Familien mit großem Erfolg zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil motiviert werden. „Wir sind sehr stolz, mit „9+12“ ein Projekt angestoßen zu haben, das auf den Erkenntnissen zur perinatalen Programmierung aufbaut und die bestehenden Strukturen der gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen um präventive Elemente erweitert“, so die peb-Geschäftsführerin Dr. Andrea Lambeck.

Für zwei denken – aber nicht für zwei essen

Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ist für die Gesundheit von Mutter und Kind von großer Bedeutung. Entgegen weit verbreiteter Meinung müssen Schwangere nicht „für zwei“ essen. Die zusätzliche Energieaufnahme normalgewichtiger Frauen sollte durchschnittlich im Bereich zwischen 200 und 300 kcal/Tag liegen, was in etwa einem kleinen Käsebrot und einem Apfel entspricht. Denn Ärzte wissen heute: Ein ständiger Nahrungsüberfluss programmiert das Ungeborene auf Überernährung, denn der Überfluss wird als normal angenommen, was sich auf das Hungerempfinden des Babys auswirkt. „Diese kleinen Nimmersatts entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit später selbst Übergewicht“, erklärt Professor Berthold Koletzko von der Dr. von Haunerschen Kinderklinik der Universität München. „Und damit tragen die Kinder das Risiko für Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Erhöhung der Blutfette, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ In den ersten Lebensmonaten gilt: Stillen ist aus vielen Gründen die erste Wahl für die Säuglingsernährung. Muttermilch deckt den Bedarf an Flüssigkeit und Nährstoffen des Kindes optimal, ist gut verdaulich, hygienisch einwandfrei und enthält schützende Abwehrstoffe. Zudem ist Stillen mit einem verminderten Risiko für Übergewicht im späteren Leben verbunden und fördert darüber hinaus die Bindung zwischen Mutter und Kind. Weitere Informationen zu Ernährung und Bewegung in der Schwangerschaft und den ersten Lebensmonaten bieten acht Kurzfilme, die im Rahmen des Projekts „9+12 Gemeinsam gesund“ entstanden sind und werdende und junge Eltern durch die Schwangerschaft und das erste Lebensjahr mit relevanten und abgesicherten Informationen führen [1]. Experten wie Kinderärzte und Hebammen geben verständliche Ratschläge und Beispiele aus der Praxis zeigen, wie Mütter und Väter den Alltag entsprechend gestalten können. Auch die Handlungsempfehlungen des aid-Netzwerks „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“ bieten werdenden und jungen Eltern einheitliche und wissenschaftlich abgesicherte Auskünfte rund um die Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und im Kleinkindalter [2].

Bewegung in der Schwangerschaft

Hartnäckig hält sich der Irrglaube, Ruhe und Schonung seien das oberste Gebot während einer Schwangerschaft. Doch heute wissen wir: Körperliche Aktivität in der Schwangerschaft wirkt sich sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit von Mutter und Kind aus. Ausreichende Bewegung beeinflusst den Fettstoffwechsel positiv, senkt das Risiko für Gestationsdiabetes, wirkt einer starken Gewichtszunahme in der Schwangerschaft entgegen und erleichtert auch die Gewichtsnormalisierung nach der Geburt. Als Sportarten mit günstiger Auswirkung für Mutter und Kind sind zu empfehlen:

- Radfahren in der Ebene

- Schwimmen, Wassergymnastik

- Moderates Wandern, Jogging, Walking, Nordic Walking.

Bewegung während und nach der Schwangerschaft sind förderlich für die Gesundheit von Mutter und Kind. „Die noch immer bestehenden Vorbehalte und Unsicherheiten sind unbegründet, wenn keine Sportarten mit erhöhtem Sturz- und Verletzungsrisiko gewählt werden. Gerade für Frauen, die mit einem eher geringen Fitnessgrad in die Schwangerschaft gehen, ist ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung besonders wichtig“ rät die Sportmedizinerin Prof. Ulrike Korsten-Reck von der Uniklinik Freiburg. Grundsätzlich gilt es, die Bewegung an die eigene Fitness und individuelle Situation anzupassen. Das richtige Maß für die Bewegung kann immer mit dem „Talk-Test“ herausgefunden werden: Wenn man sich bei der körperlichen Betätigung noch unterhalten kann, ist die Anstrengung genau richtig. Nach der Geburt sollte man in etwa vier Wochen warten bevor wieder mit leichten körperlichen Aktivitäten gestartet wird. Besonders empfehlenswert ist Beckenbodengymnastik, die bis zu mindestens einem halben Jahr nach der Entbindung fortgesetzt werden sollte [3].

Die Welt entdecken durch Bewegung!

Kinder lernen durch Bewegung, dies gilt besonders für die ersten Lebensmonate. Sich auszuprobieren und den natürlichen Bewegungsdrang auszuleben, ist für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung unverzichtbar. Daher sollten Eltern den Bewegungsdrang ihrer Kinder von früh an fördern und ihnen zeigen wie lohnend und schön Bewegung ist. Bereits die mütterlichen Bewegungsgewohnheiten während der Schwangerschaft haben prägende Wirkung auf die Entwicklung des Kindes. Für die positive Entwicklung sind vielfältige und Bewegungs- und Sinneserfahrungen entscheidend. Wichtig ist es daher, Anregungen und Gelegenheiten zu schaffen, damit Babys entsprechend ihrem Entwicklungsstand motorische Fähigkeiten anwenden und weiterentwickeln können. Wann welche Fähigkeiten erlernt werden, ist individuell jedoch sehr unterschiedlich. In den ersten Lebensmonaten brauchen Kinder vor allem Platz! Sichere Räume und freie Flächen zum Strampeln, Krabbeln und Hochziehen – und später auch zum Laufen. Organisierte Bewegungsangebote wie Krabbelgruppen bieten neben den Bewegungsangeboten auch die Chance zur Kontaktaufnahme mit anderen Eltern [4].

Fazit

Prävention sollte nicht erst im Kindesalter beginnen. Entscheidende Weichenstellungen für das gesamte Leben erfolgen bereits im Mutterleib und in den ersten Lebensmonaten. Ein gesunder Lebensstil während der Schwangerschaft mit Bewegung und ausgewogener Ernährung ist der beste Weg, seinem Kind einen gesunden Start in ein gesundes Leben zu ermöglichen!

Lesestoff:

[1] Die Filme stehen auf www.pebonline.de

[2] Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Netzwerks: www.gesund-ins-leben.de/fuer-fachkraefte/handlungsempfehlungen/

[3] Weitere Informationen finden Sie in der Borschüre „Bewegung & Sport in der Schwangerschaft“ auf www.pebonline.de/9plus12_projektmaterialien.html

[4] Weitere Informationen finden Sie in der Broschüre „Bewegt im ersten Lebensjahr“: www.pebonline.de/9plus12_projektmaterialien.html

Wiebke Kottenkamp (peb)

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