Gott erhalt´s

Ernährung

Hopfen: Arzneipflanze 2007

Wer durch die Hallertau fährt, der sieht im Winter Anlagen mit so genannten Aufleitdrähte, die große hölzerne Gerüstanlagen landschaftsprägend überspannen. Hier wächst Hopfen, die Seele des Bieres, wie es in Bayern heißt. Mit 15.000 Hektar ist die Hallertau weltweit das größte Anbaugebiet des Humulus lupulus, des Wildhopfens, der wohl aus den feuchten Bergtälern Vorderasiens stammt und von den Wenden während der Völkerwanderung nach Westeuropa gelangte. 860 wird Hopfen erstmals in Nandlstadt urkundlich erwähnt.

Brauerei und Arzneiwesen
Botanisch gehört der Hopfen zur Familie der Hanfgewächse (Cannabinaceae) und der Ordnung der Nesselgewächse (Urticaceae). Nur die weiblichen Pflanzen bilden aus den Blüten die Dolden, die für Brauer den höchsten Brauwert haben, sind sie nicht befruchtet. Ausdauernd ist nur der Wurzelstock, der 50 Jahre lang beerntet werden kann. In der Regel wird er aber nur bis zu 20 Jahre genutzt.

Kulturhopfen
Das markante Gerüst für den Hopfen ragt bis zu sieben Meter in den Himmel und muss bei allen Wetterunbilden die gesamte Last tragen. Nach Angaben des Bayrischen Landwirtschaftsamtes hat der Hopfenbestand kurz vor der Ernte ein gewicht von 40 Tonnen je Hektar. Nimmt die Pflanze bei Regen Wasser auf, erhöht sich das Gewicht auf bis zu 100 Tonnen. Ein Gerüst kostet rund 11.000 Euro je Hektar und muss 30 Jahre lang den Hopfen tragen. Die Aufleitdrähte, die sich über das ganze Feld spannen müssen jedes Jahr erneuert werden, weswegen für die Hopfenkultur sehr viel Handarbeit anfällt.
roRo

Die Sprossen des Frühjahrshopfens können allein aus den im Herbst in den Wurzelstock gewanderten Nährstoffen bis zu einem Meter in die Höhe sprießen.
Extrakte aus den grünlich-gelben Hopfenzapfen, die bis zu vier Zentimeter lang werden können bilden heute aber auch in Kombination mit Baldrianwurzel die häufigste Darreichungsform pflanzlicher Schlaf- und Beruhigungsmittel. Das ist für den Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg im Dezember Grund genug gewesen, den Hopfen als Arzneipflanze 2007 zu bestimmen.
Allerdings hat die antike Medizin die Pflanze nicht als Arznei verwendet. Der Hopfen hat erst in jüngerer Zeit diesen Karriereweg eingeschlagen. Selbst Hildegard von Bingen und Albertus Magnus haben im 12. und 13. Jahrhundert nur von der konservierenden Wirkung des Rankegewächses berichtet.

Die Araber wussten es früher
Während des Goldenen Zeitalters des Islam schrieb der in Spanien lebende Botaniker und Pharmazeut Abdullah Ibn al-Baytar (1197 bis 1248) von der schlaffördernden Wirkung des Hopfens. Der Renaissance ging das wissen wieder verloren und wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts wieder entdeckt. König Georg III aus England (1738 bis 1820), der auch Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg und ab 1815 König von Hannover war, litt zeitlebens unter schweren gesundheitlichen Problemen. Zumindest seit 1787 konnte seine Schlafstörung durch ein Hopfenkissen gemildert werden, fanden die Würzburger Arzneikundler heraus.

Hopfenzahlen
Eine durchschnittliche Hopfenpflanze bringt 450 g Trockenhopfen. Das reicht für 650 Liter Bier. Von einem Hektar wird die Hopfenmenge geerntet, die für rund 25.000 hl Bier ausreicht. Der durchschnittliche Hopfenbaubetrieb bewirtschaftet rund 10 Hektar: Dessen Erntemenge reicht für das Bier einer bayrischen Stadt mit 190.000 Einwohnern.
2006 hat der Deutsche Bauernverband ausgerechnet, dass witterungsbedingt die Hopfenmenge um 20 Prozent zurückgegangen ist. Bundesweit lag die Erntemenge bei 27.500 Tonnen. In der Hallertau bei 24.000 Tonnen.
roRo

Für den bedeutenden Arzt Christof Wilhelm Hufeland (1762 – 1836) ist der Hopfen auch ein Bittermittel für die Verdauung gewesen. Dem schloss sich der berühmte Arzt Clarus an, der 1864 in seinem „Handbuch der speziellen Arzneimittel“ den Hopfen bei Magenkatarrhen, für die Magenschleimhaut und bei Schlaflosigkeit empfiehlt.
In Verbindung mit Baldrian zeigen klinische Prüfungen im 20. Jahrhundert, „dass diese Kombination in der Behandlung von Unruhezuständen und Einschlafstörungen sinnvoll ist“, so der Würzburger Studienkreis. Grund genug den Hopfen in die Arzneipflanzen des Jahres einzureihen, die seit 1999 gekürt werden.
Hopfen hat in der Vergangenheit auch Einzug in die Kunst- und Kulturgeschichte gefunden. In dem Gedicht Jahreskreis symbolisiert der Hopfen das rhythmische Werden und Vergehen im biologischen System.

Details unter: www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/meldungen/single/artikel/hopfen-ist/

VLE

Zurück