Große Aufgabe Schulernährung

Ernährung

Verbraucherpolitisches Forum Schulernährung

Heute Nachmittag fand das verbraucherpolitische Forum des Bundesverbands der Verbraucherzentralen statt. Vorsitzende Prof. Dr. Edda Müller sieht bei dem Thema Schulernährung noch Nachholbedarf in Deutschland.

Trend zur Ganztagsschule
2004 gingen rund 12,4 Millionen Schüler in 36.800 Schulen. Darunter waren lediglich 6.100 Ganztagsschulen. Mit dem finanziellen Aufwand von etwa vier Milliarden Euro soll deren Bestand bis Ende des Schuljahres 2008/2009 auf 10.000 erhöht werden. „Der Trend zur Ganztagsschule ist eine Chance“, sagte Prof. Müller, denn die Kinder und Jugendlichen müssen dort ernährt werden. In diesem Bereich liegt einiges im Argen, denn jedes sechste Kind ist zu dick. Seit Mitte der 1980er Jahre hat sich die Zahl übergewichtiger und fettsüchtiger Kinder verdoppelt. Wen die Kinder eine gesunde Ernährung erhalten und eine ausgereifte Ernährungserziehung, dann kann einer weiteren Entwicklung vorgebeugt werden. Prof. Müller will die Bemühungen einer guten Schulernährung als „Kontrapunkt zum Werbegag von gesunden Süßigkeiten“ verstanden wissen.
Zur Schulverpflegung gehört neben einer warmen Mahlzeit auch der Schulkiosk und die Automatenstation dazu. Die Verbraucherzentralen haben deswegen alle Kultusministerien befragt, wie sie es mit diesen drei Elementen halten und in einem Dossier veröffentlicht, dass unter www.vzbv.de kostenfrei herunterladen können.
Die gute Nachricht zu diesem Dossier ist, dass es eine Vielzahl an guten Beispielen gibt, die jedoch, und das ist die schlechte Nachricht, wie ein Flickenteppich verstreut sind. Oft seien die Beispiel allerdings auch mit öffentlichen Gelder finanziert und laufen als Projekt nach Ende der Finanzierung wieder aus. „Das sind Steuermittel ohne längerfristige Wirkung, die am Ende verpuffen“, klagt Müller.
Die Lebensmittelindustrie hat eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben, zuckerhaltige Softdrinks aus den Automaten zu verbannen. Das könnte auch auf Süßigkeiten ausgeweitet werden, gab Martin Köhler, Leiter der Unterabteilung Ernährung im Landwirtschaftsministerium an.

Ein Blick über die Grenzen
Ob die Situation in Deutschland gut oder schlecht ist, kann am besten beurteilt werden, wenn man sich bei den Nachbarn umschaut. Das tat Prof. Dr. Ulrike Arens-Azevedo, Vizepräsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg. Schwierig sind solche Vergleiche deshalb, weil die meisten Nachbarn andere politische Strukturen habe. Da wird zentral für die Schulen geplant – in Deutschland ist es die Hoheit der Bundesländer.
Großbritannien hat beispielsweise 2001 Standards eingeführt. Mahlzeiten kosten etwa 1,75 Pfund und für die Teilnahme am Essen wird auch bei den Eltern geworben. Eine Studie, die in diesem Jahr abgeschlossen werden soll, versucht zu beurteilen, ob sich die Qualität der Verpflegung in den Schulen verbessert hat.
In Frankreich schaut man stärker auf den Proteingehalt und verfügt, dass während des Wachstums täglich Fleisch oder Fisch auf dem Speiseplan steht.
In der Schweiz und Österreich gibt es ähnlich wenig Ganztagsschulen wie in Deutschland. In Österreich ist der jeweilige Schulträger verantwortlich. Ambitionierte Kommunen beginnen aber, sich bei der Speiseplangestaltung einzumischen.
Schweden und Finnland sind seit jeher die Musterländer. In Schweden wird allerdings zur Zeit diskutiert, ob ab der 11. Klasse die Kostenfreiheit für die Schulverpflegung aufgehoben werden soll. Ernährungsstandard in beiden Ländern sind die Nordic Nutrition Recommendations. In Schweden gibt es ein tägliches Salatbuffett und es wird überwiegend frisch gekocht. Warme Speisen dürfen nicht länger als eine Stunde transportiert werden. So kocht oft eine Schule für andere, die in der Nähe liegen mit.
In Portugal und Spanien steigt das Problem mit dem Übergewicht. Ausgerechnet in den Ländern, die für die mediterrane Ernährung Pate stehen. In Portugal wurde im letzten Jahr eine Kampagne gestartet, bei der Gesundheitsassistenten in die Schulen gehen. Das Gesundheitsministerium hat eine Richtlinie erlassen, dass eine Zwischenmahlzeit nur 250 Kilokalorie enthalten darf, maximal 15 Gramm Zucker, sieben Gramm Fett und salzarm sein muss. In Spanien wird eine flächendeckende Verpflegung angeboten, aber nur 45 Prozent der Kinder nutzen sie. „Man hofft auf das Korrektiv der häuslichen Verpflegung“, so Prof. Arens-Azevedo.

Eine der zahlreichen Internetseiten, wo Sie sich über das Thema Schulverpflegung informieren können ist www.schuleplusessen.de. Dort gibt es weiterführende Links und Projektbeispiele nach Bundesländern geordnet.
Andere Links erhalten Sie im letzten Bericht von Herd-und-Hof.de über den Kongress „Lebensmittel und Ernährung“.

roRo

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