Herausforderung Nahrungsmittelhilfe

Ernährung

Food Aid Conference in Berlin

Nahrungsmittelhilfe – das ist ein Sack Reis für Flüchtlinge oder Menschen nach Naturkatastrophen. Nahrungsmittelhilfe – das ist subventionierter Überschuss, der funktionierende Märkte zerstört. Nahrungsmittelhilfe – das sind regionale Bauern, die ihr Getreide an Hilfsorganisationen verkaufen, weil diese mehr Geld bezahlen können, als die hungernde Bevölkerung.
Vom 02. bis zum 04. Mai trafen sich in Berlin auf Einladung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über 150 Experten aus Wissenschaft, Politik und von Nichtregierungsorganisationen, um die anstehenden Neuverhandlungen und die Reform der internationalen Nahrungsmittelkonvention zu diskutieren. Am Freitag wurden die Ergebnisse der Presse vorgestellt.

Tagung wurde erfolgreich bewertet
Seit der ersten Nahrungsmittelkonvention von 1967 haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert. Adolf Kloke-Lesch, zuständiger Unterabteilungsleiter des BMZ bekräftigte, dass in den letzten Jahrzehnten die Nahrungsmittelhilfe immer wieder den aktuellen Erfordernissen angepasst wurde. Die Überschusssituation in den USA und Europa hat sich gewandelt. Sie war der Grund für die erste Konvention.
Doch zum einen nehmen schnell wachsende Länder wie China und Indien Überschüsse auf, Biotreibstoffe konkurrieren mit den Landflächen für den Nahrungsmittelanbau und der größer werdenden Weltbevölkerung steht immer weniger Fläche zur Verfügung. Exportsubventionen werden überall reduziert.

Handelsbalancen
Nach dem Wegfall der EU-Exportsubventionen für Rinder sank die Zahl der Tiere an den Hauptabnehmer Libanon von 113.000 im Jahr 2004 auf 5.000 im vergangenen Jahr. Dagegen haben die Brasilianer ihren Rinderexport in den Libanon überproportional ausgebaut. 2006 wurden bereits 245.000 Tiere verschifft.
nach ZMP; Marktanalyse Nr. 15 / 14. April 2007

Die Tagung war keine Verhandlungsrunde, ordnete Kloke-Lesch, sondern eine Verständigung. Die Food Aid Convention und die laufende, zur Zeit aber ausgesetzte Doha-Runde bei der WTO, „stehen in einem spezifischen, noch nicht zu Ende stehenden Verhältnis“. Hier müssen „ordnungsgemäße Nahrungsmittelhilfe gegen handelsverzerrenden Wettbewerb im Rahmen der WTO“ austariert werden. John Powell, Stellvertretender Exekutivdirektor des World Food Programme (WFP) fokussierte: Erst müssen die WTO-Verhandlungen zu Ende gebracht werden, damit man weiß, was an Nahrungsmittelhilfe geleistet werden kann.

Transfer von Ware und Geld
Für Powell zeigte die Tagung, dass man wieder den Fokus auf die Menschen legen will, denn angesichts von 850 Millionen hungernden Menschen, haben „wir eine ernste Krise“. Dabei zählt Powell den „stillen Hunger“ der Mangelernährung zum Makel der Erdenmenschen hinzu. Die Konferenz weckte beim ihm Hoffnung, dass in den Zeiten der „post-food-surplus-world“ auch Vitamin- und Mikronährstoffmangel beseitigt werden können.
Michael Windfuhr von der Diakonie Katastrophenhilfe bezeichnete die Gespräche als „substanziell“. Die Nahrungsmittelhilfe solle jetzt in die Entwicklung der ländlichen Räume eingebettet werden und eine „Schnittstelle zwischen Katastrophenhilfe und Entwicklung“ bilden. Trotz aller Kritik müsse man mit der Nahrungsmittelhilfe weiter machen und die Chancen nutzen, denn sie ist die einzige verbindliche Konvention für das Recht auf Nahrung.
Im Vordergrund steht die Ernährungssicherheit, die individuell erreicht werden soll. Eine umfassende Bedarfserhebung soll die Basis sein, um beispielsweise auch eine direkte Einkommensübertragung anstelle einer Warenlieferung zu ermöglichen. Den Empfängerländern kommt dabei eine größere Verantwortung bei der Mitbestimmung zu, so Paulo Zucula, Direktor des National Disaster Management Institute, in Mosambik. Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Bundestag, sieht darin auch eine Aufforderung an die Empfängerländer, die selbst die Entwicklung ihrer ländlichen Räume „sträflich vernachlässigt haben“.
Hoffnung schöpften die Sprecher von Signalen aus den USA. Dort hat der Rechnungshof die Regierung bereits heftig kritisiert, die bisherige Nahrungsmittelhilfe fortführen zu wollen. Michael Windfuhr will mit den großen NGOs ins Gespräch kommen und den Haltungswechsel beschleunigen. Die Nahrungsmittelhilfe soll ein integraler Bestandteil der Entwicklung ländlicher Räume werden und Europa könne dabei eine Vorbildfunktion übernehmen – nach Abschluss der WTO-Verhandlungen.

Roland Krieg

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