Hygiene in der Lebensmittelherstellung

Ernährung

Antibakterielle Technologie und Lebensmittelsicherheit

Deutschland hat mit den EHEC-Bakterien in diesem Jahr sein dramatisches Erlebnis mit lebensmittelbasierten Krankheiten erlebt. Die meisten anderen schaffen es nicht in die Schlagzeilen. In den USA erkranken rund 48 Millionen Menschen an lebensmittelbasierten Krankheiten, kommen rund 128.000 Menschen in das Krankenhaus und sterben jährlich 3.000 Erkrankte. Gerade erst im September dieses Jahres musste Tyson Fresh Meat etwa 148.000 Pfund Rindfleisch wegen Verkeimung zurückrufen, eine andere Firma seine ganze Produktion an Honigmelonen wegen Listeria-Bakterien wieder vom Markt nehmen.
Verbraucher sind verunsichert, üben sich in Kaufzurückhaltung oder weichen auf andere Produkte aus, erklärte Prof. Emily Hunt von der West Texas A&M University. Die Firmen selbst verlangen nach Lösungen, schon bei der Erfassung und Verarbeitung von Lebensmitteln die strengsten hygienischen Anforderungen zu erfüllen.

Antibakterielle Oberflächen

Prof. Hunt stellte auf der Anuga in Köln die neuste Forschung in diesem Bereich vor. Das spanische Silestone-Institut ist eine Plattform für Forschung und Entwicklung auf diesem Bereich und bietet Interessenten ein Netzwerk an. Ziel ist Hygiene für Küche und Bad – und damit auch für die Lebensmittelindustrie.
Prof. Hunt stellte eine neue Quarzarbeitsfläche vor, bei der Silberionen mit einer antibakteriellen Wirkung eingearbeitet werden.

Maschinenrichtlinie

Maschinenbauer Hans-Werner Bellin von der European Hygienic Engineering & Design Group (EHEDG) führte die europäische Maschinenbaurichtlinie 2006/42/EG an, ohne die keine Maschine in Europa gebaut werden und auf den Markt kommen darf. Das CE-Zeichen, nach dem sich auch die meisten anderen Länder richten, zeigt an, dass Extruder in der Lebensmittelindustrie oder die Kaffeemaschine zu Hause nach der Maschinenrichtlinie gebaut wurden.
Die Hygiene ist Teil der Maschinenrichtlinie. Das Gerät muss so gebaut sein, dass es gereinigt werden kann, um Infektionen, Krankheiten und Ansteckungen zu verhindern. Damit müssen alle Oberflächen glatt sein, es dürfen keine Kanten und Ecken vorhanden sein, die das Reinigen verhindern oder organisches Material ansammeln. Vertiefungen müssen demnach so gestaltet werden, dass sie ebenfalls gereinigt werden können.
Doch meist reicht schon ein Blick auf die Haushaltsgeräte aus, um Ecken und Vertiefungen zu sehen, an denen sich im Laufe der Zeit Lebensmittelreste ansammeln. An Ecken und Ritzen, die kaum gereinigt werden können. Aber, so die Erfahrung der EHEDG, es wird auch nur gereinigt, was gereinigt werden kann.
Der Mikrobenteufel steckt im Detail: Was den Menschen als eine glatte Oberfläche erscheint, ist den Keimen noch ein schützendes Versteck. In Rissen von vier Mikrometern hält sich leicht ein Bakterium von der Größe eines Mikrometers auf. Spülmittel streichen über den Erreger hinweg.
Allerdings tragen auch die negativen Beispiele ein CE-Zeichen. Das liege daran, dass auf die Möglichkeit, ein Gerät zu reinigen, nicht kontrolliert werde, erläutert Hans-Werner Bellin Herd-und-Hof.de. Die Maschinenrichtlinie schreibe zwar „Reinigbarkeit“ vor, definiere sie aber nicht. Schon beim Design werden Fehler gemacht, weil Maschinenbauer, Mikrobiologen und Reinigungsfachleute nicht zusammen arbeiten. Das will die EHEDG ändern und ist eine Plattform für „Hygienic Design“.

Nanotechnologie in den USA

In Deutschland ist die Nanotechnologie umstritten. Sowohl die Verbraucherzentrale als auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen wägen Chancen und Risiken ab. In den USA gehen die Konsumenten leichter mit der neuen Technik um, erläuterte Prof. Hunt gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Food Standard Agency habe die Technik bereits positiv bewertet. Zudem sind die behandelten Oberflächen vom Konsumenten weit entfernt. Die Nanoteilchen reagieren ausschließlich mit dem Bakterium und können nicht aus der Oberfläche in die Umwelt entweichen. Das könnte die Flächen auch für den deutschen Markt interessant machen.

Lesestoff:

www.silestoneinstitute.com

www.ehedg.org

Roland Krieg (Text und Fotos)

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