Hygiene-Siegel: Nur der Name stimmt noch nicht

Ernährung

Bundesweiter Farbbalken zeigt Hygienezustand an

Am Donnerstag haben sich die Verbraucherschutzminister nicht überraschend auf ein Kontrollfarbensystem geeinigt, das für Kunden in der Gastronomie den Hygienezustand aus den drei letzten Kontrollen anzeigen soll. Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel hatte schon begonnen, den farblichen Kontrollbalken zu verteilen. Die Farbübergänge sollen in dem neuen Modell ineinander übergehen:


Die Verfechter der verschiedenen Kennzeichnungsmodelle halten namentlich noch an ihren persönlichen Favoriten fest. Für die einen gibt es ab dem 01.01.2012 einen „Bundes-Smiley“, für einige den Kontrollbalken, auch das Wort „Ampel“ mit verschiedenen Zusätzen ist noch im Umlauf. Sie meinen aber ein Modell, dass dem Vorbild in NRW ziemlich nahe kommt. Fertig ausgestaltet ist es noch nicht.

Meilenstein

Ingelore Rosenkötter, Gesundheitssenatorin aus Bremen und vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz hält die Entscheidung für einen „Meilenstein für den Verbraucherschutz“. Die Kontrollbalken werden stufenweise eingeführt. Zunächst sind die Gaststätten dran, dann soll das System auf Bäcker, Fleischer, Lebensmittelhändler, Großküchen und sogar Wochenmärkte ausgedehnt werden. Offen ist auch noch, ab welchem „Rot“ der Betrieb geschlossen werden muss.
Johannes Remmel: „Es ist eine historische Zäsur: Wenn alle Stufen des neune Systems umgesetzt sind, sind Verbraucherinnen und Verbraucher erstmals auf Augenhöhe mit Gastronomen und Lebensmittelbetrieben.“ Wer im grünen Bereich serviert ist nach Remmel ein Gewinner, denn der Hygiene-Balken zeige, dass es sich um einen guten und ehrlichen Betrieb handelt.
Das Wesentlichste an der Kennzeichnung, ist die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse und damit die Transparenz der Lebensmittelkontrollen für die Verbraucher. Remmel will nun in NRW mit allen Beteiligten die genaue Ausgestaltung formulieren.
Was auf die Kontrolleure zukommt verdeutlichen die folgenden Zahlen: Bislang wurde risikoorientiert kontrolliert, also dort häufiger, wo es an Hygiene eher mangelt und woanders weniger. Für die neue Kennzeichnung müssen nun alle Betriebe kontrolliert werden. Im Jahr 2009 gab es in NRW 160.000 Kontrollbesuche bei 100.000 Betrieben. Der Aufwand für das Jahr 2012 steht noch nicht fest.
Auch die Kosten sind nicht zu beziffern. Remmel geht davon aus, dass zunächst durch den Mehraufwand die Kosten steigen, durch den Erfolg allerdings mittelfristig die Kosten sinken. Die Rechnung: Weniger Kundenbeanstandung, mehr Entlastung bei den Behörden. Remmel unterscheidet auch zwischen den Kritikern. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure kritisiere nicht das System, nur, dass die personelle Ausstattung nicht reichen würde. Hingegen kritisiere der Gaststättenverband, das Transparenz-System, weil sie immer wieder die schwarzen Schafe in Schutz nähmen, so Remmel.
Nach Dr. Juliane Rumpf, Verbraucherschutzministerin aus Schleswig-Holstein, lässt sich der Kontrollaufwand durch eine risikoorientierte, standardisierte Überwachung und durch Eigenkontrollen der Betriebe für das Bundesland senken.

Hausaufgaben für Aigner

Brandenburgs Verbraucherschutzministerin Anita Tack sieht nun Bundesministerin Ilse Aigner in der Pflicht: „Es gab eine Mehrheit für die Einführung des bundeseinheitlichen Systems. Jetzt muss der Bund seine Hausaufgaben machen und die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung schaffen.“

Gegen Etikettenschwindel

Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen begrüßt die Entscheidung: „Dann endlich wird der föderale Flickenteppich im umgang mit den Kontrollergebnissen der Lebensmitteüberwachung durch eine bundeseinheitliche Kennzeichnung abgelöst.“ Außerdem setze die Hygiene-Ampel ein Zeichen gegen Etikettenschwindel, denn die Kontrolleure schauen auch auf die Auszeichnung der Ware. Eine Pizzeria mit grüner Kennzeichnung verwendet keine Käseimitate, „ohne dass dies auf der Speisekarte angegeben ist.“
Karin Binder, Verbraucherpolitikerin der Linken
forderte die Einführung der Hygiene-Ampel noch vor der Sommerpause, weil alle Voraussetzungen vorhanden seien.

Rahmenbedingungen unzureichend

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) hingegen hält die Rahmenbedingungen für ein bundesweites System für unzureichend. Es könne nur funktionieren, wenn die Bundesländer ihre personellen und finanziellen Mittel deutlich aufstockten. BLL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Matthias Horst: „Es ist Wunschdenken zu glauben, dass solche Modelle ohne große Zusatzkosten oder Aufwand eingeführt werden können.“ Nach Prof. Horst seien nicht alle Bundesländer bereit, Geld dafür in die Hand zu nehmen.
Aus Wettbewerbsgründen müsse das System alle Betriebe gleich stellen. Das aber gehe nur, so Prof. Horst weiter, wenn die Kontrollen regelmäßig und zeitlich eng getaktet durchgeführt werden. Bei einem Negativbefund müsse zudem zeitnah nachkontrolliert werden.

Roland Krieg

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