Innovative Produkte durch „Porsche“-Extruder

Ernährung

Konsumorientierte Produkte aus dem Extruder

Wenige Maschinen in der Lebensmittelindustrie sind so umstritten wie der Extruder. Der Extruder ist im Wesentlichen ein Gerät mit einer oder zwei Förderschnecken, die eine vorne eingegebene Mischung auf der anderen Seite durch eine Öffnung wieder herauspresst. Mehl, Stärke, Salz und Wasser verlassen die Förderschnecke als Knabbersnack – in Form von Sternchen, Kugeln oder Stäbchen.
Eine besondere Extrusion ist die „Kochextrusion expandierter, also poröser, stärkebasierter Produkte“. Dabei werden die Eingangsprodukte auf dem Weg entlang der Förderschnecke auf Temperaturen zwischen 120 und 160 Grad Celsius erhitzt. Es können Drücke von bis zu 700 Bar erzeugt werden. Und was auf den ersten Blick wenig interessant erscheint, weckt auf molekularer Ebene das Interesse des Lebensmitteltechnikers.

Molekulare Wirkung
Wärme, Druck und Scherkräfte modifizieren die Masse. Stärke wird verkleistert, Proteine denaturiert, Enzyme inaktiviert, Mikroorganismen werden abgetötet und insgesamt wirkt die Kochextrusion auf die Textur des Produkts, seine Knackigkeit oder sein Rehydratationsvermögen. Damit ist die Extrusion praktisch eine Behandlung des Lebensmittels mit Wärme und mechanischer Energie.
Bislang werden die gewünschten Eigenschaften überwiegend experimentell bestimmt und kommen bei Erfolg als „Convenience-Produkt“ in das Regal. Doch in einem neuen und noch bis 2012 laufendem Forschungsprojekt gehen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Universität Erlangen-Nürnberg der „Gestaltung der Eigenschaften expandierter stärkebasierter Produkte mittels Hochgeschwindigkeitsextrusion auf der Grundlage einer neuronumerischen Prozessführungsstrategie“ auf den Grund.
Dahinter verbirgt sich der Wunsch Prozesskosten zu reduzieren, höhere Hygienestandards umzusetzen und den Geschmack des Kunden besser zu treffen. So verlangen Konsumenten thermisch labile sekundäre Pflanzenstoffe in ihren Produkten, die bestimmte Krankheiten vorbeugen helfen.
Die Wissenschaftler wollen mit einer intelligenten Prozessführung die Wechselwirkungen während der Kochextrusion herausfinden, um Produktergebnisse gezielt anzusteuern.
Sie greifen dabei auf die Hochgeschwindigkeitsextruder der chemischen Industrie zurück. In der Lebensmittelindustrie rotieren die Schnecken bis maximal 650 Umdrehungen in der Minute. Höhere Rotationen sollen die Produktqualität negativ beeinflussen, fürchtet die Lebensmittelindustrie, doch gibt es dazu keine belastbaren Daten. Diese wollen KIT und die Universität Erlangen-Nürnberg jetzt liefern. Ihre Extruder drehen sich mit 1.800 Umdrehungen in der Minute.

Kalte Extrusion
Skeptikern sei noch hinzugefügt, dass das Prinzip der Extrusion alt bekannt ist: Spaghetti und Nudeln wurden lange Zeit von Hand geknetet und in der Sonne getrocknet. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Teigmasse zum ersten Mal durch ein Gerät gedreht, dass einem Fleischwolf ähnelte. Der drehte sich aber nicht so schnell.

Lesestoff:
Das beschriebene Projekt ist Projekt des Monats beim Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI). www.fei-bonn.de

Roland Krieg; Foto: Coperion, Stuttgart: Schneckenwelle eines Doppelschnecken-Hochgeschwindigkeitsextruders

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