Ist „Bio“ gesünder als konventionell?

Ernährung

Stanford-Universität wirbelt Bio-Image durcheinander

Die Universität im kalifornischen Stanford hat diesseits des Atlantik Unruhe in der Biobranche ausgelöst. Der Reihe nach.

Sind Ökoprodukte gesünder?

Ausgangslage ist ein alltäglicher Einkauf. Im Supermarkt möchte der Kunde ein paar Birnen kaufen. Sein Blick fällt auf die Nachbarkiste. Dort liegen Birnen mit dem Biosiegel. Oft sind Kunden bereit, mehr Geld für die Bioqualität zu bezahlen – doch die Wissenschaftler der Stanford-Universität sind einmal der Frage nachgegangen, ob der höhere Preis auch wirklich mit höherer Qualität und gesünderer Nahrung gerechtfertigt ist? Was also ist genau der Unterschied zwischen einer Öko- und konventionellen Birne? Das Ergebnis fasst Dena Brevata kurz und knapp zusammen: „Es gibt keinen großen Unterschied zwischen ökologischen und konventionellen Produkten, wenn der Kunde sich ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen für die Bio-Ware entscheidet.“

Die Reaktionen

Cornelia Behm, Berichterstatterin für den Ökolandbau bei Bündnis 90/Die Grünen: „Doch die Ergebnisse dieser Studie stellen keinen Widerspruch zu einer klaren Präferenz für Öko-Produkte dar.“ Auch wenn die Pestizidwerte bei konventionellen Produkten unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze liegen, sei das Belastungsrisiko immer noch um 30 Prozent höher als bei Öko-Produkten.
Das wesentliche Merkmal der Bioproduktion bleibe die unterschiedliche Produktionsweise, die Boden, Tiere, Grundwasser und das Klima schütze.
Für Felix von Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ist die Aussage, dass Bioprodukte nicht gesünder als konventionelle Ware sind „verkürzt wie falsch“. Die Schonung der natürlichen Ressourcen sind der Vorteil der Ökoproduktion und. „Gesündere Lebensmittel sind der kostenlose Zusatznutzen dieser Leistungen“. Kunden haben neben ihrer eigenen Gesundheit auch den Zustand der Erde im Blick.

Die Studie

Die Studie aus Amerika ist keine Einzelstudie, die sich in Kürze gegen eine Gegenstudie behaupten werden muss. Die Amerikaner haben ein so genannte Meta-Studie durchgeführt, die auf der Auswertung hunderter bereits durchgeführter Einzelstudien beruht. Die Meta-Studie wägt Studien mit positiven und gegenteiligen Funden ab und kommt so zu einem fundierteren Ergebnis als eine Einzelstudie.
Aus tausenden Papieren haben die Medizinerin Dena Brevata und ihr Team 237 herausgefiltert, die am bedeutendsten gewesen sind. Darin sind 17 medizinische Studien enthalten, die Menschen mit biologischer und konventioneller Diät überprüften und 223 Studien, die zwischen beiden Produkten die Unterschiede in den Inhaltsstoffen analysierten. Es wurden Keime, Pilze, Pflanzenschutzmittelrückstände von Früchten, Getreide, Fleisch, Milch, Geflügel und Eier untersucht. Die jeweilige Studiendauer lag zwischen zwei Tagen und zwei Jahren. Dauerhafte Auswirkungen liegen demnach nicht vor.
Das Ergebnis aus Stanford zeigt nur wenige Unterschiede für einen Gesundheitsnutzen zwischen biologischen und konventionellen Produkten. Bei den Vitaminen gab es überhaupt keine Unterschiede, lediglich bei Phosphor zeigten die Bioprodukte höhere Werte an. Das habe jedoch kaum medizinische Auswirkungen, sagen die Amerikaner. Einige Studien zeigen, dass Biomilch deutlich höhere Omega-3-Fettsäurengehalte aufweisen kann. Bioprodukte können auch die Exposition zu Pflanzenschutzmittelrückständen und Antibiotika-resistenten Bakterien verringern.

Ein alter Hut

Das Ergebnis ist nicht überraschend. Die London School of Hygiene & Tropical Medicine kam im Jahr 2009 zu dem gleichen Ergebnis und erklärt den höheren Phosphorgehalt mit der organischen Düngung im Biobereich. Alle natürlichen Produkte, so heißt es in der englischen Studie, variieren in ihrer Zusammensetzung. Der Anbau spiele eine Rolle, aber auch die Saisonalität, der Züchtungsstatus des Tieres, die Lagerung und die Zubereitung.

Zu diesem Schluss kommt jetzt auch die amerikanische Co-Autorin Crystal Smith-Spangler: „Ich habe gelernt, dass es viele Unterschiede zwischen den Produktionsweisen der einzelnen Betriebe gibt. Und es gibt eine Menge Ursachen, die Unterschiede in den Nährstoffgehalten hervorbringen können.“

Lesestoff:

Smith-Spangler C., Bravata D. et al.: Are Organic Foods Safer or Healthier Than Conventional Alternatives?: A Systematic Review; Ann Intern Med. 4 September 2012;157(5):348-366

Herd-und-Hof.de über die Studie der London School

Roland Krieg

Zurück