Ist Rotweinverzicht schädlich für meine Gesundheit?
Ernährung
Von allem etwas auf den Teller
Wie wir uns ernähren, beeinflusst in hohem Maße unsere Gesundheit. Doch können ausgewählte Nahrungsmittel tatsächlich Krankheiten beeinflussen?
Regelmäßig geistern Meldungen durch die Medienwelt,
wonach uns der regelmäßige Verzehr bestimmter Lebensmittel vor Krankheiten
schützen soll. Würden wir alle Erkenntnisse aus den wild zitierten Studien
umsetzen, wäre unser täglicher Speiseplan voll, aber auch recht eintönig.
Darauf stände wohl unter anderem ein Glas Rotwein für das Herz, Olivenöl für
die Blutgefäße, ein paar Tassen Kaffee zur Vorbeugung von Diabetes, Alzheimer
und diversen Krebserkrankungen sowie der Apfel für die Gesundheit im
Allgemeinen. Welchen Nutzen bringen uns solche Medienberichte also?
Die Wissenschaft fördert regelmäßig Zusammenhänge zwischen ausgewählten
Nahrungsmitteln und dem Krankheitsrisiko zu Tage. Grundlage hierfür sind oft
epidemiologische Studien. Diese beobachten große Menschengruppen über viele
Jahre hinweg und dokumentieren, wie häufig bestimmte Erkrankungen auftreten.
Fällt dabei auf, dass Menschen die selten oder gar nicht erkranken, bestimmte
Nahrungsmittel besonders häufig aßen, stellen Wissenschaftler diesen gerne das
Prädikat „krankheitsvorbeugend“ aus. Einen wirklichen Beweis für die
Schutzwirkung liefern solche Studien allerdings nicht.
Das manche Nahrungsmittelgruppen mit besseren Inhaltsstoffen aufwarten als
andere, ist nachvollziehbar. Doch geht es uns schlechter, wenn wir statt
täglich einem Apfel, heute eine Birne, morgen ein paar Erdbeeren und übermorgen
Orangen essen? Sich allein auf die vermeintliche Schutzwirkung einiger
regelmäßig angepriesener Lebensmittel zu beschränken ist sicherlich kein
alleiniger Garant für Gesundheit bis ins hohe Alter. Auf der anderen Seite
stellt sich natürlich die Frage: Ist jemand, der keinen Kaffee oder Rotwein
trinkt, automatisch gefährdet? Schließlich wird die risikosenkende Wirkung in
der Regel nur bei kontinuierlichem Konsum beobachtet.
Auch wenn sich einige ausgewählte Lebensmittel immer wieder als besonders
wertvoll für die Gesundheit erweisen, gilt trotzdem an vielen Stellen: weniger
ist mehr. Denn die Bewertung eines Nahrungsmittels darf sich nicht nur auf die
positiven Inhaltsstoffe beschränken. Olivenöl beispielsweise ist überaus
empfehlenswert. Im Hinblick auf die 100 Kilokalorien pro Esslöffel sollten es
dennoch nicht mehr als ein bis drei Löffel am Tag sein. Ein Glas Orangensaft am
Morgen liefert Vitamine, eine komplette Flasche auf den Tag verteilt allerdings
auch reichlich Zucker und Kalorien.
Obwohl epidemiologische Beobachtungen auch in Zukunft allerlei Zusammenhänge
zwischen bestimmten Nahrungsmitteln und dem Krankheitsrisiko aufspüren werden,
bleibt dennoch das Fazit: Wie gesund wir letztlich sind und bleiben entscheiden
nicht einzelne Speisen sondern die gesamte Ernährungsweise. Wer viel Wert auf
Frische, Abwechslung und einen geringen industriellen Verarbeitungsgrad legt,
lebt auch ohne Kaffee, Rotwein und Co risikoarm. Wer diese des Geschmackes
wegen mag, dem sei ein maßvoller Genuss selbstverständlich gegönnt.
Dipl. troph. Christine Langer (Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V.)