Käsereifung mit Senner, Software und FTF

Ernährung

Der Käsemeister bleibt trotz Automatisierung erhalten

Das ist das beliebte Bild: Der Käsemeister klopft auf den Laib und prüft mit dem Käsebohrer, ob er den hohen Qualitätsanforderungen entspricht und in den Verkauf kann. Das Bild stimmt in der kleinen Hofkäserei, aber auch bei den großen Molkereien, die tausende von Käselaiben in modernen Reife-Centern zur Geschmacksvollendung bringen. Dort wuseln FTF-Geräte nach strengem Zeitplan durch die Gänge und nehmen dem Käsemeister die lästige Handarbeit ab. Zum seinem Wohl und ohne Qualitätseinbußen.

Wenn der Käse reift

Die Käsereifung ist traditionelles Handwerk und hohe Kunst der Käsemeister, die je nach Käsetyp verschiedene Arbeitsgänge beansprucht. Zeit und Pflege sind das Geheimnis von Geschmack und Qualität.

Junge Käse reifen bis zu drei Monate, die älteren vier bis fünf und schmecken mit zunehmendem Alter würzig. Den Unterschied machen Bakterien- und Schimmelpilzkulturen aus. Im Käse-Lager bauen sie Eiweiße und Milchzucker ab und bilden neue, käsetypische Aromen. Dabei entstehen Gase, die winzige oder auch große Löcher im Käselaib hinterlassen. Durch Klopfen hört der Käsemeister, wie weit sich die Löcher im Käse bereits gebildet haben.

Hart- und Schnittkäse wird zudem mit Salzwasser und Reifungskulturen eingerieben und abgebürstet. Das Salz entzieht dem Käse Wasser und fördert die Rindenbildung.

Wischen, Schmieren, Wenden und Klopfen sind das Handwerkszeug des bärtigen Senners, das viel Zeit in Anspruch nimmt und den Erfolg des Reifeprozesses bestimmt. Die Käsemeister müssen bis zur Reife den Käselaib bis zu 100 Mal wenden. Die wiegen bis zu 30 Kilogramm, was die Arbeit auch körperlich anspruchsvoll macht.

Moderne Lager mit IT und Technik

Die Nachfrage nach Käse wird durch Hofkäsereien nicht mehr gedeckt. Heute sind größere Reifezentren gefragt, bei denen die aufwendige Handarbeit automatisiert ist. Große Käsereien bringen täglich bis zu 60 Tonnen Käse auf den Weg in die Vermarktung. Moderne Technik bietet heute „Fahrerlose Transportfahrzeuge“ (FTF, s. Beispielbild) an, die geisterhaft und unfallfrei zwischen den Käseregalen herum wuseln.

Pinzgau Milch im österreichischen Maishofen reift in seinem Käse-Reife-Center insgesamt 800 Tonnen Käse, die nicht nur gewendet, sondern zwischen verschiedenen klimaoptimierten Reifelagerräumen transportiert werden müssen. Zwischendurch fahren sie die Laibe zu den Behandlungsmaschinen und am Ende auch zum Warenausgang.

Die FTF sind mit spezieller Software richtig intelligent geworden. Da die Pinzgau Milch nicht nur eine Käsesorte herstellt, gibt es verschiedene „Käserezepte“, bei denen die Laibe unterschiedlich gebürstet, gewendet (auch das antibakteriell wirkende Holzbrett wird zwischendurch gewendet), geschmiert, gesalzen oder geölt werden. Die Rezepte sind seit diesem Sommer in der Steuerungssoftware der belgischen „Egemin Automation“ digitalisiert.

Damit sind das gesamte Käsemanagement und die Reifeprozessüberwachung 365 Tage im Jahr automatisiert. Müssen zeitgleich eigelagerte Käselaibe behandelt oder umgesetzt werden, erteilt das Steuerungssystem nach Rezept dem FTF einen Transportauftrag. Die Käselaibe werden zur entsprechenden Maschine gefahren und kommen in einen neuen Reiferaum oder zum Warenausgang.

Meisterhand bleibt gefragt

Trotz aller modernen Technik bleibt der handwerkliche orientierte Verstand der Meisterhand erhalten. Pro Schicht ist ein Mitarbeiter vor Ort, der nicht nur bei technischen Störungen eingreifen kann, sondern auch mit Käsebohrer und Messer einen Käselaib pro Charge optisch wie auch sensorisch beurteilt, teilt Pinzgau Milch Herd-und-Hof.de mit. So bleibt das Erfolgsgeheimnis für jeden Käse trotz Automation in der Hand der Molkerei. Der Käsebohrer bleibt ein unverzichtbares Gerät. Genau zweimal dreht der Meister den Bohrer im Käselaib herum und verkostet das gute Stück.

Roland Krieg

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