Kennzeichnung von Fleisch als Zutat

Ernährung

EU-Agrarrat uneins über Kennzeichnung von Fleisch als Zutat

90 Prozent der Verbraucher wollen die Kennzeichnung von Fleisch in verarbeiteten Produkten. Wenn sie dafür aber mehr bezahlen wollen, sinkt die Zustimmungsquote auf 60 bis 80 Prozent. Auch eine Mehrheit, aber sie reicht nicht, um im EU-Agrarrat ein klares Bild zu zeichnen. Es gibt Länder, die für eine weitergehende Kennzeichnung sind, und es gibt Länder, die eine weitergehende Kennzeichnung ablehnen. So auch diesen Montag.

Tonio Borg, EU-Kommissar für Gesundheit, verwies auf den bereits langen Prozess zu dieser Frage, der bislang zwar zu einem Bericht, aber noch nicht einmal zu einem Verordnungsentwurf geführt hat – weil es kein einheitliches Bild gibt

Lange musste nach BSE nur Rindfleisch gekennzeichnet werden. Jüngst wurde die Herkunftskennzeichnung auch für Geflügel- und Schweinefleisch ausgeweitet, sofern es sich um Rohware handelt. Schwieriger wird es, wenn Fleisch nur als Zutat in verarbeiteten Produkten auftaucht. Die Lebensmittelindustrie lehnt diese Kennzeichnung ab, weil sie zu teuer und kaum praktikabel umzusetzen sei. Vor allem kleiner Betriebe stünden vor nicht zu bewältigenden Aufgaben. Tonio Borg unterstrich, dass eine detaillierte Herkunftskennzeichnung auch einen Betrugsfall wie beim zurückliegenden Pferdefleischskandal nicht verhindert hätte.

Schmidt sucht eine Balance

Auf seiner ersten Agrarratssitzung in Brüssel bezeichnete Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt das Kennzeichnungsansinnen zunächst einmal als positiv. Verbraucher wollen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen und was in den Produkten enthalten ist. Aber da sie ebenfalls nicht bereit seien, höhere Kosten zu tragen, müsse eine Balance zwischen Informationswunsch und Zahlungsbereitschaft gefunden werden. Daher sollte sich die Kommission auch nach kostengünstigen und praxisnahen Lösungen umschauen. Ablehnen wollte Schmidt die Kennzeichnung nicht, aber auf eine freiwillige Basis setzen.

Christian Schmidt zwischen seinen Berufskollegen Andrä Rupprechter aus Österreich (li.) und Fernand Etgen aus Luxemburg; Foto: EU-Rat

Ähnlich äußerte sich Großbritannien: Das Prinzip sei richtig, freiwillig sei in Ordnung, aber es muss kostenneutral für die Unternehmen sein.

Schweden und die Niederlande hingegen sehen in dem Instrument einen echten Gewinn für die Verbraucher. Es gehe vor allem um das Zurückgewinnen von Vertrauen, dass die Lebensmittelindustrie durch zu viele Skandale eingebüßt habe.

Sachverständigengruppe

Kosten für die Unternehmen gelten zwar als das wichtigste Gegenargument, aber welche Kosten genau auf die Unternehmen und Kunden zukommen ist nicht bekannt. Die Kennzeichnung kann freiwillig erfolgen, sie kann zwischen EU- und Nicht-EU-Ländern unterscheiden oder wirklich jedes Land namhaft benennen. Entlang dieser Optionen steigen die Kosten an, weil sie sich am Ende an der Rückverfolgbarkeit orientieren. Je länger die Wertschöpfungskette, je mehr Beteiligte, desto komplexer die Erfassung und die Kosten. Daher rechnet der Kommissionsbericht mit Kosten für die zweite Option von „vernachlässigbar“ bis 25 Prozent. Selbst für die dritte Option liegt der untere Wert nur bei 15 Prozent. Zehn Prozent der Kosten würden wohl die Unternehmen tragen, der Rest wirke sich auf den Preis aus. Wie viel am Ende wirklich „Mehr“ bedeutet ist schwer zu erfassen.

Frankreich hat daher eine Sachverständigengruppe vorgeschlagen, die sich diesen technischen Teil näher anschauen soll. Auf dieser Basis könne leichter entschieden werden. Denn: Die Bürger erwarteten eine solche Kennzeichnung von der EU.

Roland Krieg

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