Kinderernährung entpolitisieren

Ernährung

Verfehlt Ernährungspolitik ihr Ziel?

Jedes Jahr zur Weltstillwoche im Oktober ziehen Ernährungswissenschaftler und Politiker Daten zum Stillverhalten heran und propagieren diese Ernährungsform als die Beste. Am Montag hat Dr. Ellie Lee von der Universität Kent die politischen Sinnhaftigkeit hinterfragt. Auch in England wird das Stillen von der Regierung gezielt beworben und hat eine Reihe an Studien hervorgebracht, die sich mit den Werbekampagnen auseinandersetzten. Alle Modelle gehen davon aus, dass das Stillen die beste Ernährung sei – nicht nur ernährungsphysiologisch für das Kind, sondern auch für die Mutter und das soziale Umfeld. Eine Analyse verschiedener Studien zeigt allerdings Differenzen zwischen dem politischen Willen und der mütterlichen Praxis auf, die nach Dr. Ellie Lee das Thema nüchterner betrachten lassen. Am Montag hat sie eine 14seitige Zusammenfassung dazu veröffentlicht.

Stillgründe gründlich überarbeiten

Wenn die Kampagnen Erfolg haben wollen, dass müssten sie gründlich überdacht werden, so das Fazit der Wissenschaftlerin.

Entpolitisierung: Die Kinderernährung müsse mehr auf die individuellen Lebensumstände der Mütter angepasst werden. Empfehlungen müssen für die Mutter und ihre Familie Sinn machen. Das Stillen solle nicht mehr in ein Lösungskonzept sozialer und gesundheitlicher Problemfelder eingebunden werden. Vergleichbare Strategien hätten in der Vergangenheit keinen Erfolg gezeigt und die Mütter eher unter zusätzlichen Druck gesetzt.

Eigenständiges Thema: Vor allem müsse die Verbindung zu Begriffen wie „Mütterlichkeit“ und Moral unterbunden werden. Die Moralisierung empfinden Mütter eher kontraproduktiv, wie auch immer sie ihre Kinder ernähren.

Eine echte Wahl anbieten: Insgesamt gibt es eine ganze Bandbreite, wie Mütter ihre Kinder ernähren. Meist werden die Varianten jenseits des Stillens als minderwertig hingestellt. Das resultiere in Spannungen wischen Müttern und Gesundheitsberatern. Die Politik sollte alle möglichen Wege der Kinderernährung aufzeigen und den Müttern eine echte Wahl zwischen den Varianten überlassen. Gesundheitsberater sollten sich der individuellen Situation anpassen und einen individuellen Lösungsansatz erarbeiten.

Hintergrund für den Essay ist die seit nunmehr 15 Jahren unverändert bestehende Ernährungsempfehlung, die jüngst von der britischen Regierung erneuert wurde. Doch zeigen die Studien, dass der Ansatz nicht zu den gewünschten erfolgen geführt habe und deshalb überdacht werden sollte.

Lesestoff:
Das Diskussionspapier finden Sie unter: https://blogs.kent.ac.uk/parentingculturestudies/resources/cpcs-briefings/

roRo

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