Lebensmittel als Vektor für H5N1?

Ernährung

Aktuelle Risikobewertungen durch BfR und EFSA

Die aviäre Influenza hat als hochansteckende Krankheit mittlerweile sieben Bundesländer erreicht und nach Geflügel mit Katzen und Marder auch andere Säugetiere, sowohl Greifvögel und Schwäne befallen. Die Anzahl der betroffenen Tierarten wird größer – damit auch die Gefahr der Übertragung auf den Menschen?

Trinkwasser und Muscheln
Nachdem besonders viele Wasservögel in Deutschland infiziert wurden, stellt sich die Frage, ob die Vogelgrippe auch über Trinkwasser und Muscheln auf den Menschen übertragen werden kann? Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat zusammen mit dem Friedrich-Loeffler-Institut und der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel im März dazu Stellung genommen.
Oberflächenwasser mit hohem Wildvogelbesatz kann grundsätzlich mit Vogelgrippeviren verunreinigt sein, so das BfR. Für Nutztiere sollte es daher vorsorglich nicht als Tränkewasser genommen werden.
Trinkwasser hingegen stammt in Deutschland überwiegend aus Tiefbrunnen, weswegen die mikrobiologischen und chemischen Risiken generell als gering eingeschätzt werden. Oberflächengewässer dienen zu 17 Prozent als Trinkwasserquelle. Dort werden in der Regel aufwändige Verfahren eingesetzt, um die geforderten Trinkwasserrichtlinien einzuhalten. „Ist dies der Fall, erscheint eine Infektion des Menschen mit Vogelgrippeviren nach derzeitigem Kenntnisstand sehr unwahrscheinlich.“
Die Viren werden im Verdauungstrakt der Wasservögel vermehrt und mit dem Kot ausgeschieden. So konnten Influenza-Viren auch aus Wasser von Seen isoliert werden. Während das Virus bei 0 °C kaltem Wasser mehr als 30 Tage überleben kann, sind es bei Wassertemperaturen von 22 °C nur rund vier Tage. Die Reduktion in warmen Wasser liegt je nach untersuchtem Influenza-Stamm zwischen 66 und 30 Prozent. Verschiedene Virenausbrüche werden mit einer Übertragung über Wasser auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Verbindung gebracht: Adeno-, Calici-, Entero-, Hepatitis oder Rotaviren. Dabei handelt es sich allerdings meist um Viren ohne Hülle, die hohe Resistenzen gegenüber Umwelteinflüssen haben. Influenzaviren hingegen sind behüllt und „eher sensibel gegenüber Umwelteinflüssen und auch Desinfektionsmitteln.“
Demzufolge liegt der Gedanke nahe, dass Fische und Muscheln Viren über infizierten Kot aufnehmen. Grundsätzlich sind Muscheln in der Lage, Viren aufzunehmen und anzureichern, weil sie ihre Nahrung aus dem Wasser herausfiltern. Calici- und Hepatitisviren können auf diese Weise übertragen werden. Auch Poliovirus1 sammelt sich in Miesmuscheln an, wie Studien belegen. Als Beutetiere könnten sie die Viren auch an Fische weiter geben. Untersuchungen gibt es nach Angaben des BfR dazu allerdings nicht. Es ist auch nicht dokumentiert, dass Muscheln und Fische Influenza-Viren übertragen können. Da sich allerdings das Infektionsrisiko trotzdem nicht gänzlich ausschließen lässt, sollten Muscheln und Fische mindestens 10 Minuten lang auf mindestens 70 °C erhitzt werden. Vom Verzehr roher Muscheln und Fische aus Regionen mit nachgewiesener Vogelgrippe rät das BfR deshalb derzeit ab. Mit zunehmendem Salzgehalt der Gewässer nimmt die Infektiosität aviärer Influenzaviren ab.

21. Sitzung der EFSA
Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beschäftigte sich auf ihrer 21. Plenarsitzung im März mit der Übertragung durch Lebensmittel: „Zurzeit, haben sich Menschen nur durch direkten Kontakt mit toten oder lebenden infizierten Tieren angesteckt. Es gibt keinen epidemiologischen Nachweis, dass aviäre Influenza durch den Konsum von Lebensmittel, insbesondere durch Geflügel und Eier übertragen wird. Zusammen mit anderen Organisationen und der WHO empfehlen, dass Geflügelfleisch und Eier ausreichend gekocht werden sollen, um Verbraucher vor möglichen Risiken zu schützen.“ (The EFSA Journal (2006) 74, 1 – 29).
Eine direkte Übertragung des H5N1-Virus auf den Menschen geschieht nur selten und durch engen direkten Kontakt mit den infizierten Tieren, so der Bericht. Die exakte Einrittspforte zum Menschen ist noch nicht bekannt. Allgemein werden die Gewebe der Atmungswege als Eintrittspforte angenommen. Die EFSA gibt zu bedenken, dass angesichts der sehr hohen Anzahl an Menschen, die infizierten Tieren ausgesetzt sind, nur eine kleine Zahl auch tatsächlich infiziert wurde. Für die EFSA gibt es daher keine allgemeine Eintrittspforte für das Virus. Im menschlichen Magen-Darm-Trakt gibt es derzeit keinen Nachweis für eine Replikation. Durchfall bei einigen Patienten, die Entdeckung der Virus RNA im Verdauungstrakt bei zwei Menschen und ein infektiöser Virusbefund im rektalen Abstrich eines Patienten, sind noch kein Beleg dafür, dass der Gastro-Intestinal-Trakt das Zielgebiet des Virus ist.
Zwei Forschergruppen haben in „Nature“ und „Science“ gerade darüber berichtet, dass H5N1 sich tief in der Lunge, in den Lungenbläschen, einnistet und nicht in den oberen Atemwegen bleibt. Daher verbreitet sich das Virus weniger durch Husten oder Niesen wie die menschlichen Influenza-Viren.

Die Risikobewertungen können jeweils auf den Seiten der Institute eingesehen werden:
www.bfr.bund.de
www.efsa.eu.int

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