Majoran aus der Tube
Ernährung
Forscher arbeiten an den Gewürzen der Zukunft
Paprika, Petersilie, Knoblauch und Majoran: Gewürze, die Konsumenten bisher getrocknet oder in Pulverform kennen, genießen sie in Zukunft aus der Tube – so zumindest in der Vision der Hohenheimer Lebensmittelforscher.
Energiesparend und hoch aromatisch
1993 sorgten Salmonellen im Paprikapulver für großes Aufsehen. Prof. Dr. Reinhold Carle, Lebensmitteltechnologe an der Universität Hohenheim mit dem Lehrstuhl Lebensmittel pflanzlicher Herkunft betraut, weiß auch heute: „Gewürze sind hochsensible Lebensmittel, sie müssen gleichzeitig hygienisch einwandfrei sein, aber auch sehr schonend aufbereitet werden, damit das Aroma erhalten bleibt.“ Sein Team arbeitet an neuen Würzpasten, die bei näherer Betrachtung durchaus ihre Vorteile haben: Die Herstellung ist energiesparender und damit auch kostengünstiger. Die Paste enthält mehr Aroma und sie ist hygienischer. In der Zubereitung staubt und klumpt sie nicht.
Bislang werden Gewürze einfach zerkleinert und getrocknet. Das sind Jahrhunderte alte Techniken, die den Flair des Vertrauten transportieren. Bei den neuen Pasten ist „umfühlen“ angesagt.
Die meisten Gewürze stammen aus Entwicklungsländern, wo sie häufig auf dem Boden getrocknet werden, auf dem auch Tiere gehalten werden, so Prof. Carle. Die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern ist groß.
Für die Techniker: |
Keimfrei, kostengünstig und konsumentenfreundlich
Prof. Carle erhitzt die Gewürze sehr schnell in einem geschlossenen System. Neben der verbesserten Hygiene hat diese Methode weitere Vorteile: Heimische Gewürze werden aufwendig in Trocknern getrocknet, die mit fossiler Energie betrieben werden. Sein Verfahren spart bis zu 85 Prozent Energie. Das ist selbst noch dann günstiger, wenn anschließend die Transportkosten für die wasserhaltigen Produkte berücksichtigt werden.
Nach dem Trocknen müssen die Gewürze bislang „versprödet“ werden. Würden die Hersteller die getrockneten Gewürze sofort vermahlen, entsteht feiner Staub bei freigesetzter Wärme. Da besteht die Gefahr einer Staubexplosion. Daher werden Gewürze kaltvermahlen. Dem Mahlgut wird flüssiger Stickstoff zugesetzt und versprödet das Mahlgut: das heißt, es wird brüchig. Das brüchig gewordene Material kann bis auf 400 Mikrogramm und technisch sogar bis auf 100 Mikrogramm Größe vermahlen werden. Der Stickstoff mindert das Explosionsrisiko und durch die Luftfeuchte die Verklebung der feinen Partikel.
Die neue Technik aus Hohenheim kann auf die Kaltvermahlung und den damit verbundenen Energieaufwand verzichten.
Das schnelle Erhitzen hat noch weitere Vorteile:
Eiweißspaltende Enzyme, wie sie beispielsweise in Ingwer noch vorhanden sind, werden zerstört.
Zuletzt hat das kurze Erhitzen noch den Vorteil, dass die beim langsamen Trocknen verlorengehenden flüchtigen ätherischen Öle erhalten bleiben: Die Paste hat einfach mehr Geschmack.
Florian Klebs (Uni Hohenheim) / roRo