Mehr als nur ein Wassercheck

Ernährung

„Der große Wassercheck“ der Stiftung Warentest

Pünktlich zum Hochsommer und der Empfehlung, sich mit Tees, Schorlen und vor allem Wasser zu erfrischen, hat die Stiftung Warentest für seine August-Ausgabe der Zeitschrift „test“ einen großen Wassercheck durchgeführt.

Mineralwasser ist das beliebteste alkoholfreie Kaltgetränk, von dem die Bundesbürger im Schnitt 147 Liter pro Jahr trinken. Im Jahr 1970 lag der Verbrauch noch bei 12,5 Liter pro Kopf und Jahr. Der klassische Sprudel stellt mit 83,1 Prozent noch immer das größte Marktsegment. Mineralwässer ohne Kohlensäure haben aber auch schon 14,3 Prozent Marktanteil erobert und wird nach Angaben des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen (VDM) immer beliebter. Die Stiftung Warentest hat sich dabei zwei Fragen gestellt: Ist Mineralwasser mit Kohlensäure so viel wertvoller wegen seines Mineralstoffgehaltes und wenn stille Wässer immer beliebter werden – warum trinken die Deutschen dann kein Trinkwasser aus dem Hahn? „Das ist viel bequemer als Kistenschleppen und viel billiger“, sagte Warentest-Vorstand Hubertus Primus. „Misstrauen die Verbraucher der Qualität des Trinkwassers?“

Das wäre ja nicht verwunderlich, denn nach den Schlagzeilen finden sich im (Trink)wasser Arzneimittelrückstände, Schwermetalle, zuletzt Glyphosat und sein Abbauprodukt Ampa und Nitrat. Damit „verderben“ Privatpersonen, die Industrie und vor allem die Landwirtschaft den Genuss des einfachsten Lebensmittels Wasser. Doch was aus der Leitung kommt ist einwandfrei, wie die Tester ausführlich darlegten. Woran das liegt? Die Klärwerke säubern das Wasser aus dem Boden, Talsperren, Flüssen und Quellen chemisch, biologisch und physikalisch. Der Aufwand ist je nach untersuchter Region unterschiedlich hoch, sagte Projektleiterin Dr. Birgit Rehländer zu Herd-und-Hof.de. So gibt es eine Qualität vor und eine Qualität des Wassers hinter der Klärstufe. Das „Kranenberger“ aus dem Hahn ist von guter Qualität und braucht auch keine Filter. Hat das Wasser nach dem Regen Zeit zu versickern, übernimmt der Boden die erste Filterstufe. „Alle Proben entsprechen der Trinkwasserverordnung“, unterstreicht Primus.

Der Preis

Dennoch gibt s Unterschiede und Bemerkenswertes. Da ist zum einen der Preis. Umgerechnet kostet Trinkwasser aus dem Hahn 0,5 Cent je Liter und ist deutlich preiswerter als die getesteten Wässer mit einem Durchschnittspreis von 70 Cent. Wer Wasser in Flaschen kauft, muss zusätzlich schleppen und belastet die Ökonomie mit Verpackung und Transport. Auch beim Mehrweg.

Wasser mit Mineralien?

Die Mineralwässer tragen ihr Versprechen im Namen. Sie weisen durchschnittlich 789 mg Mineralien pro Liter auf, was rund doppelt so hoch ist wie beim Wasser aus dem Hahn mit 380 mg/l. Doch die Spannbreite bei den Mineralwässern ist mit 57 bis 2.606 mg/l wesentlich weiter als beim Trinkwasser mit 78 bis 786 mg/l. Den Spitzenwert beim Leitungswasser hält das Rathaus Rinteln, der lediglich von acht Mineralwässern übertroffen werden konnte. Die Tester haben auch auf die Qualität der Mineralmenge geschaut. Auffällig ist lediglich der Calcium-Wert, der bei sieben Mineralwässern bei zwei Liter Trinkwassermenge am Tag, den Tagesbedarf abdeckt. Diese Wässer helfen laktoseintoleranten Menschen und Milchmuffeln den Calciumbedarf zu decken. Ansonsten: Eine ausgewogene Ernährung führt dem Körper viel mehr Mineralstoffe zu als Mineralwässer. Da werden die Durstlöscher überschätzt.

Kritische Stoffe

Das Trinkwasser aus dem Hahn ist beim Nitrat unbedenklich. Der Grenzwert von 50 mg/l wird nirgends überschritten und weist im Rathaus von Bruchhausen-Vilsen, im Schweinegürtel Niedersachsens gelegen, mit 29,5 mg/l den höchsten Wert auf. Da besteht kein Grund zur Sorge, sagen die Tester. Die Wasserwerke sind verpflichtet, die Angaben zur Trinkwasserqualität herauszugeben. Im Zweifel können Mütter für die Zubereitung von Säuglingsnahrung auf entsprechend ausgelobte Mineralwässer zurückgreifen. Das die Werte unterhalb des Grenzwertes liegen, hat mit Schließung von Brunnen und Heranführung des Wassers aus entfernteren, unbelasteteren Quellen zu tun. Wie bei Glyphosat muss zwischen der Wasserqualität vor und nach der Klärstufe unterschieden werden.

Die Stiftung Warentest hat durch die Berichterstattung der letzten Monate das Trinkwasser auch auf diesen umstrittenen Stoff hin untersucht und wurde nirgends fündig. Zwar wurde das Abbauprodukt Ampa (Aminomethylphosphonsäure) gefunden – das aber kann auch aus Wasch- und Reinigungsmitteln stammen. Die genaue Herkunft des Ampa ist im Labor nicht mehr zu klären, sagt Dr. Rehländer.

In der Kritik stehen auch Arzneimittelrückstände. Diese, ihre Abbauprodukte und Röntgenkontrastmittel wurden nur im Leitungswasser, nicht im Mineralwasser gefunden. Aber auch hier gibt die Stiftung Entwarnung: Sie zählen entweder zu den nicht relevanten Metaboliten oder ihre Konzentration ist unkritisch.

Das gleiche gilt auch für Uran und Chrom sowie Süßstoffe. Zehn Trinkwasserproben wiesen Spuren von Trihalogenmethanen auf. Das sind Nebenprodukte der Trinkwasserdesinfektion. Die zuständigen Wasserwerke hatten bestätigt, dass sie die Chlorung als Aufbereitungsverfahren nutzen. Die Werte befinden sich innerhalb der Grenzwerte.

Keime sind in der Regel nicht im Trinkwasser vorhanden. Mineralwässer sind unbehandelt und dürfen ebenfalls keine enthalten. Mineralwasser müsse zwar nicht steril sein, dürfen aber keine Krankheitserreger enthalten, wobei lediglich die ersten 12 Stunden nach der Abfüllung getestet werde. Dr. Rehländer wünschte sich eine weitere Beprobung auch nach längerer Zeit. Bei den Marken Contrex ohne Kohlensäure, Evian natürliches Mineralwasser, Frische Brise ohne Kohlensäure, Gerolsteiner Naturell, Steigerwald Naturell und Märkisch Kristall Naturelle wurden die Tester mikrobiologisch fündig und empfehlen bei Immunschwäche das Wasser, wie bei Trinkwasser allgemein, vor dem Verzehr abzukochen.

Das Fazit

Wer Trinkwasser aus dem Hahn genießt, darf das unbeschwert und frei nach geschmacklicher Bewertung umsetzen. Die Sprudler setzen Kohlensäure hinzu, wobei die Gasperlen nicht so fein wie beim Mineralwasser sind. Der Kostenvorteil reduziert sich durch den regelmäßigen Austausch der Kunststoff- und Glasflaschen, der von den Herstellern empfohlen ist. Generell braucht kein Mensch einen Wasserfilter, der bei ungenügender Reinigung zu einer Keimschleuder werden kann, berichtet Rehländer.

Das Trinkwasser nach der Klärstufe ist in Ordnung, was sicher auch für die Arbeit der Wasserwerke spricht. Die Qualitäten vor der Klärstufe bleiben weniger erfreulich. Das Wasser ist ein „Spiegel unseres Lebensstils“, schreiben die Tester. Wer Arzneimittel die Toilette hinunterspült, speist wie allen anderen Einträgen Rückstände in einen Kreislauf, der früher oder später den Menschen erreicht.

Der Test in der heute erscheinenden Ausgabe gibt einen Blick auf das Wasser als eines der saubersten Lebensmittel frei.

Roland Krieg; Fotos: roRo

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