Mehr als Schnitzel
Ernährung
Fleischprodukte in voller Gänze genießen
Es gibt Menschen, die schnalzen beim Anblick einer Rinderzunge im Kühlschrank mit der ihrigen. Andere hingegen drehen sich mit Grausen ab. Der Blick auf die deutschen Speisekarten ist eindeutig: Die Gäste bevorzugen Schnitzel, Koteletts, T-Bone und Brust. Die üblichen „chen“-Produkte werden containerweise nach China verschifft: Pfötchen, Öhrchen und Schwänzchen sind eher im Reich der Mitte eine Delikatesse. Normalerweise schwimmt auch kein Hühnerfuss mehr in einer deutschen Hühnerbrühe. Dafür darf man schon bis nach Thailand reisen.
Nutztiere werden in der deutschen Küche selektiv verwendet. Innereien, Schnauze oder Sehnen landen kaum mehr im Kochtopf. Früher war das anderes. Der Pfälzer Saumagen hat es sogar bis in das Bundeskanzleramt geschafft – aber nicht mehr in die Breite. Dabei hat der Brite Fergus Henderson bereits 1999 das Kochbuch „From Nose to tail“ – „Vom Kopf bis zum Schwanz“ geschrieben und die restlichen 50 Prozent der verwertbaren Teile eines geschlachteten Tieres in den Fokus gerückt.
Heute profilieren sich Spitzenköche mit der Zubereitung verschmähter Delikatessen, wie das Portal Oekolandbau.de beschreibt. „Für das Restaurant ist das ein Aushängeschild, ein super Qualitätsmerkmal“, sagt Christopher Hinze. Der Koch zeigt sich erfreut über die Rückmeldung der Gäste, die oft erstmals Innereien auf dem Teller nicht mehr liegen lassen. Es geht dabei nicht nur um den Geschmack, sondern vor allem um die Wertschätzung der als „unedel“ diskriminierten Teile.
Die „komplette Fleischküche“ setzt neue Köche voraus. Die Verwertung aller Teilstücke sei zwar anspruchsvoll und erfordert hohes handwerkliches Können – aber es lohnt sich auch im Preis. Wer gleich ein halbes Biorind bestellt, der bekommt es bereits zu einem Kilopreis von fünf Euro.
Die traditionelle Küche steckt noch voller Überraschungen. Der Pot-au-feu, der Topf auf dem Feuer aus Nordfrankreich, bietet vordergründig Rindfleisch und Gemüse. Dahinter locken aber Markknochen, Beinscheiben, Rinderzunge und Rinderherz für Brühe und Eintopf den neugierigen Entdecker.
Auch die Ganztierverwertung muss den Kindern von Beginn an nahe gebracht werden. Sonst glauben sie, den goldgelb gebratenen „Geflügel-Klumpen“, fehlen seit der Entnahme aus dem Stall nur die Beine.
Lesestoff:
www.oekolandbau.de -> Großverbraucher -> Betriebsmanagement -> Betriebskonzepte –> Bio in der Gastronomie -> Ganztierverwertung in der Restaurantküche
Roland Krieg