Mit Mineralstoffen meist gut versorgt

Ernährung

Oft zu gut versorgt durch Nahrungsergänzungsmittel

Nahrungsergänzungsmittel sind ein Verkaufsschlager für Drogerien und Apotheken. Geworben wird dafür mit einer angeblichen Unterversorgung. Doch die Nationale Verzehrsstudie II zeigt, dass gerade die Personen, die eine gute Zufuhr an Nährstoffen aufweisen, besonders häufig nach Vitaminen und Mineralstoffen in Tablettenform greifen. Dabei kann es auch zu einer Überversorgung kommen.

Nährstoffe jenseits von Lebensmitteln

Auf Basis der repräsentativen Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) haben Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts ausgewertet, welche Vitamine und Mineralstoffe von der Bevölkerung in Deutschland als Nahrungsergänzungsmittel oder sogenannte Supplemente verwendet und welche Nährstoffmengen dadurch zugeführt werden. Unter Supplementen versteht man dabei alle nicht über Lebensmittel zugeführten Nährstoffe, also Nahrungsergänzungsmittel, aber auch Medikamente mit Vitamin- oder Mineralstoffzusatz, etwa Schmerzmittel mit Vitamin C. Es wurde zudem die Gesamtnährstoffzufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen betrachtet, die aus der Nährstoffzufuhr über Lebensmittel und Supplemente resultiert.
In der NVS II mussten die Teilnehmer unter anderem an zwei Tagen – ohne vorherige Ankündigung der Termine – detaillierte Auskunft über den gesamten Verzehr der letzten 24 Stunden geben (die 24-Stunden-Recall- Methode). Dabei wurde auch abgefragt, ob und welche Supplemente die Teilnehmer am Befragungstag genommen hatten. Von den 15-80-jährigen NVS II-Teilnehmern gilt als Supplement-Nehmer, wer an mindestens einem der beiden Befragungstage Nährstoffe supplementiert hatte.
Es zeigte sich, dass obwohl in Deutschland im Allgemeinen ausreichend Nährstoffe über Lebensmittel aufgenommen werden, ein mit einem Viertel der Bevölkerung ein erheblicher Teil zu Supplementen greift. Dabei nehmen gerade die Personen Supplemente, die bereits durch eine günstige Lebensmittelauswahl eine gute Nährstoffzufuhr haben. Dadurch steigt die jeweilige Nährstoffzufuhr erheblich, bis hin zu einer Überschreitung der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) angegebenen tolerierbaren Tageshöchstmenge. Ohne Berücksichtigung der zugeführten Nährstoffmengen über Supplemente ergab die Auswertung für die Gruppe der Supplement-Nehmer bei vielen über Lebensmittel zugeführten Nährstoffen eine höhere Zufuhr wie Folat und Magnesium als bei Personen, die keine Supplemente verwenden.

Frauen greifen häufiger zum Supplement

Die Auswertung zeigte, dass mehr Frauen als Männer Supplemente einnehmen. 30 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer. Der Anteil der Supplementnehmer in der Bevölkerung liegt möglicherweise jedoch noch höher, da die unregelmäßige oder periodisch erfolgende Einnahme methodisch bedingt nicht erfasst werden konnte. Den geringsten Anteil an Supplement-Nehmern fanden die Wissenschaftler in der Gruppe der 15 bis 18-jährigen Frauen (10 Prozent) und den 19-24-jährigen Männern (12 Prozent), wohingegen der Anteil in der Gruppe der 65-80-jährigen bei beiden Geschlechtern am höchsten ist (Frauen: 46 Prozent; Männer: 30 Prozent). Sowohl von Männern als auch von Frauen werden am häufigsten die Vitamine C und E sowie die Mineralstoffe Magnesium und Calcium supplementiert.

Viel hilft nicht viel

Beurteilt wird die Versorgung auf Basis der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammen mit den entsprechenden Fachverbänden in der Schweiz und in Österreich herausgegebenen D-A-CH-Referenzwerte. Für Vitamin C, E, Niacin und Folsäure erreichen die Befragten allein durch Supplemente im Mittel zwischen 50 und 100 Prozent des Referenzwertes, für die Vitamine B1, B2 und B6 liegen sie sogar oberhalb des entsprechenden Wertes. Über Lebensmittel und Supplemente zusammen erreichen Supplement- Nehmer im Mittel bei allen untersuchten Nährstoffen die jeweiligen Referenzwerte beziehungsweise überschreiten diese teilweise erheblich. Ausnahme von dieser Regel gibt es nur bei Jod. Hier wurden methodisch aber die Zufuhren über jodierte Lebensmittel nicht berücksichtigt. Bei den Vitaminen B1, B2, B6 und C sowie Vitamin B12 beträgt die mittlere Gesamtnährstoffzufuhr bei Männern etwa das Doppelte des D-A-CH Referenzwerts und bei Niacin das Dreifache. Die von der EFSA angegebene tolerierbare Tageshöchstmenge wird insbesondere bei Magnesium und Vitamin A mit 16 und 13 Prozent überschritten.

Dr. Iris Lehmann (MRI) / roRo

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